Segeln: Cammas gewinnt Ocean Race
Von Jürgen Preusser
Stürme mit bis zu 10 Beaufort, Segeln an der Seenot-Grenze gebrochene Masten, zersplitterte Rümpfe, gebrochene Knochen, ausgerenkte Gelenke. Am 29. Oktober wurde das Volvo Ocean Race gestartet – nach 248 Tagen und 40.000 Seemeilen (78.000 km) ging es zu Ende. Ein außergewöhnlicher Typ durfte die Trophäe für die prestigereichste Weltumseglung stemmen.
Vor zwölf Jahren begab sich das französische Versicherungsunternehmen Groupama auf die Suche nach einem Testimonial – und fand einen damals 28-jährigen Segler. Die Werbe-Rechnung ging überraschend gut auf: Franck Cammas wurde zu einem Rockstar seiner Branche und erlangte in seiner Heimat enorme Popularität. Jung, fesch, hoch intelligent, extrem vielseitig, sportlich und bald darauf auch reich.
Den Durchbruch schaffte er mit extrem aufwendig gebauten Trimaranen, mit denen er alle Langstreckenrekorde brach. Cammas gewann die Jules-Verne-Trophäe für die schnellste Weltumseglung in weniger als 50 Tagen und jagte den 24-Stunden-Weltrekord auf sagenhafte 794 Seemeilen. (1475 km – Schnitt 61 km/h) Ja, mit einem Segelboot! Cammas ist nebenbei Schwimmer, Bergsteiger, Radfahrer und Skifahrer – alles rennmäßig.
Doch er ist kein Berufssohn: Der heute 40-Jährige ist in Aix-en-Provence weit weg vom Meer in einem Haushalt ohne Fließwasser aufgewachsen. Seine Eltern waren Lehrer.
Inzwischen hat er 34 Siege in Offshore-Rennen auf dem Konto. Den wichtigsten vollendete er Am Montag: Franck Cammas hat als Rookie das Volvo Ocean Race gewonnen. Und das, obwohl auf der Königsetappe von Neuseeland nach Brasilien der Carbonmast gebrochen war.
Ein Rick aus Splittern
Die Crew baute aus den Splittern ein notdürftiges Rick und segelte weiter. Der Triumph wird ihn vielleicht zum Weltsegler des Jahres 2012 machen. Den Titelträger von 2011 hat er jedenfalls besiegt: Der spanische 49er-Olympiasieger Iker Martinez hat als Skipper der Telefonica lange klar geführt, wurde dann nur Vierter. Groupama siegte vor Camper (Neuseeland) und Puma (USA).
Die Crew der Groupama besteht aus zehn Franzosen, zwei Schweden, zwei Australiern und einem Iren.
Kurz nach Mitternacht erreichten die ersten Hi-Tech-Yachten die irische Hafenstadt Galway. Trotzdem saßen hunderte Menschen auf den Felsen und auf der Kaimauer. Vor allem um den Iren Damian Foxall willkommen zu heißen, der unter dem strengen Kommando von Franck Cammas als Steuermann und Trimmer zum Triumph gesegelt war.