Sport

Schuring/Schwarz: Durstig nach Erfolg

Vorbei am Flughafen Heathrow. Es wird ländlich. Eine Bus-Stunde von London entfernt, erblickt der Freund der gepflegten Paddlerei eine Schafherde und Pferde, die auf einer Koppel mit dem Wind um die Wette laufen. Das Gras ist lindgrün, sieben Wildgänse steigen in den grau-blauen Mittagshimmel auf. Inmitten dieser Idylle, in Eton Dorney, liegt die olympische Regattabahn. So nennt man im Fachjargon die Wettkampfstätte, auf der die Ruder- und Kanu-Bewerbe ausgetragen werden. Der Wind wird stärker.

Unersetzlich

"Wir mussten bei diesem Wind aufpassen, dass wir nicht ins Wasser fallen", sagte Viktoria Schwarz, die mit Yvonne Schuring in einem Boot sitzt und weltmeisterlich gut im Kanu-Sprint über 500 Meter ist. Dabei hielt sie das Paddel fest umklammert. Ähnlich wie bei Tennis- oder Golfspielern wird das Arbeitsgerät ungern aus der Hand gegeben. "Es ist ein Wettkampfpaddel. Unersetzlich", sagte Schuring. Schwarz/Schuring werden ihre Paddel am Donnerstag ein drittes und letztes Mal brauchen. Im Finale. Wenn es um die Medaillen geht. "Natürlich ist das unser Ziel", sagte Schuring. Es wäre die erste für Österreich bei diesen Olympischen Spielen. Die beiden sind die einzige verbleibende Hoffnung. Realistisch gesehen. "Das müssen wir ausblenden", sagt Schwarz. "Wir müssen unser Rennen fahren, dann ergibt sich der Rest."

Praktisch

Den Vorlauf überstanden die Damen, die sich daheim für den Verein UKRV Schnecke Linz ins Zeug legen, souverän. Schon vorher war festgestanden, dass alle fünf Kanus weiter kommen würden. Ein lockerer Trainingslauf auf Rang vier. Das Semifinale ging eine Stunde danach über die Bühne, Schuring/Schwarz starteten im zweiten und wurden Zweite. Hinter China. Zu Buche stand die insgesamt fünftbeste Zeit. Das wird im Rennen um die Medaillen zu wenig sein. "Wir sind praktisch an die Leistungsgrenze gegangen", sagte Schuring, die sich praktischerweise mit dem Wort "praktisch" ein Hintertürl offen lässt. Praktisch ist nämlich nicht "ganz". Das nährt die Hoffnung. Cheftrainer Nandor Almasi traut jedenfalls sechs Nationen Medaillen zu. Im Semifinale hatte Deutschland den Bug vorn.

Vertraut

Schuring ist gebürtige Deutsche. 2005 kam die heute 34-Jährige nach Österreich. Der Liebe wegen. Sie ist um sieben Jahre älter als Schwarz. Bei den Olympischen Spielen vor vier Jahren in Peking erreichte das Duo den neunten Platz. Von einer Zukunftshoffnung war die Schreibe, die sich spätestens mit dem WM-Titel 2011 erfüllte. Verdienste von vorgestern sind allerdings im Kanusport nur für Statistiker von Interesse. Am Dienstag purzelten die EM-Zweiten aus Weißrussland im Semifinale aus dem Bewerb. "Es kommt uns jetzt zugute, dass wir schon so lange zusammen im Boot sitzen", sagte Schuring, die damit die schwierigen Windbedingungen ansprach. "Die eine weiß genau, was die andere tut und umgekehrt." Am Abend schauen die beiden im Österreich-Haus nahe der Tower-Bridge vorbei. Ihr Heimat-Bundesland lud zum "Oberösterreich-Abend". Vor den Spielen hatte es geheißen, dass dort die Medaillen gefeiert würden. Eine Chance besteht noch.

1. Semifinale

1. Franziska Weber/Tanja Dietze (GER) 1:41,543 Min.
2. Katalin Kovacs/Natasa Douchev/Janics (HUN) 1:41,613
3. Karolina Naja/Beata Mikolajczyk (POL) 1:41,873
4. Lisa Carrington/Erin Taylor (NZL) 1:42,764

2. Semifinale

1. Wu Yanan/Zhou Yu (CHN) 1:41,863
2. Yvonne Schuring/Victoria Schwarz (AUT) 1:42,317
3. Joana Vasconcelos/Beatriz Gomes (POR) 1;43,305
4. Nikolina Moldovan/Olivera Moldovan ( SER) 1:43,586

Stichwort: Kanu, Kajak, Kanadier

Kanu ist der Überbegriff für alle Wassersportgeräte, die mit Paddeln nach vorne (Rudern ist rückwärts) bewegt werden. Kajak ist also eine Art des Kanus. Es hat ein geschlossenes Deck und nur Sitzluken. Kanadier sind oben offen, der Sportler kniet auf einem Knie, das andere ist aufgestellt.