Sport

Russisches Doping: Ein Exempel auf die Proben

Es war ein Fall, der zu unwichtig war, um in die Weltpresse zu gelangen, der deutlich macht, welche Kreise das Doping im russischen Sport gezogen hat: Erst vor drei Wochen war den Fahndern der russische Volleyballer Stanislaw Maslijew ins Netz gegangen. Gegenüber seinem Klub Hypo Tirol gestand der Neuzugang, dass er in den vergangenen Jahren in Russland immer wieder zu verbotenen Mitteln gegriffen habe.

Immer wieder.

Ohne ertappt zu werden.

Fass ohne Boden

Russische Athleten durften sich jahrelang in Sicherheit wähnen. Wer dopte, der hatte kaum etwas zu befürchten in diesem professionellen System, in dem die Vertuschung und die Verschleierung Methode hatten. Und so wurde, nicht nur vom Tiroler Volleyballer Maslijew, mit einer Selbstverständlichkeit und mit einer Dreistigkeit gedopt, wie es in dieser Form selbst den hartgesottensten Ermittlern und erfahrensten Experten zuvor noch nie untergekommen war. "Russland und Doping, das scheint ein Fass ohne Boden zu sein", erklärte Richard McLaren, der Chefermittler der Welt-Antidoping-Agentur WADA bei der Präsentation seines aktuellen Reports. "Das ganze Ausmaß wird wohl nie bekannt werden."

Als wäre das nicht schon entlarvend und belastend genug, was bisher an die Öffentlichkeit gelangte: Die 643 positiven Dopingproben russischer Athleten, die allein zwischen 2012 und 2015 in den heimischen Laboren vernichtet worden sind; die 1000 Sportler, die in dieser Zeit in den Genuss des umfassenden Staatsdopingprogramms gekommen sind; der Doping-Cocktail, der vor den Winterspielen in Sotschi eigens für die russischen Athleten gemixt worden war; die perfiden Tricks, mit denen dank tatkräftiger Mithilfe des Geheimdienstes FSB in Sotschi Dopingproben vertauscht und manipuliert wurden.

Die Einblicke und die Erkenntnisse aus dem McLaren-Report sind das eine, die notwendigen Konsequenzen, die dieser Doping-Skandal nach sich ziehen wird, sind das andere. Wie wird der Weltsport damit umgehen? Was hat Russland, was haben die russischen Sportler zu befürchten?

Dass Russland zur Strafe die Fußball-WM 2018 entzogen werden könnte, wie das zuletzt bereits gefordert wurde, ist unrealistisch. Immerhin hat der neue FIFA-Präsident Gianni Infantino seine Wahl auch und vor allem den Stimmen Russlands und seiner Verbündeten zu verdanken.

Machtspiele

Auch ein Ausschluss der russischen Mannschaft von den Winterspielen 2018 in Pyeongchang ist vermutlich nicht so einfach durchzusetzen. Russische Funktionäre, die nicht unbedingt an einer Aufklärung interessiert zu sein scheinen, besetzen in den Weltverbänden die wichtigsten Posten, dazu zählen russische Unternehmen mittlerweile zu den wichtigsten Geldgebern im Weltsport.

Erst Football Leaks mit den Enthüllungen über unsaubere Finanztricks von Cristiano Ronaldo & Co., jetzt der McLaren-Report über schmutzige Machenschaften im russischen Sport – es war wahrlich keine Woche für sportliche Schlagzeilen.