Rugby-WM, Tag 17: England bleibt gegen 14 Argentinier auf Kurs
Von Stefan Sigwarth
So hatten sich die Engländer ihren Start ins dritte Gruppenspiel nicht vorgestellt: Von der ersten Sekunde an entfachten die bekannt kampfstarken Argentinier enormen Druck, statt zweier möglicher Tries, die in letzter Sekunde durch Tacklings verhindert wurden, mussten sie sich allerdings mit dem Penalty zum 3:0 durch Benjamin Urdapilleta begnügen (7.).
Mit der ersten Offensivaktion aber ging die Mannschaft im Zeichen der Rose in Führung: Aus dem Gedränge kurz vor der Endzone der Pumas genügten zwei Pässe und ein kurzer Sprint des flinken Jonny May zum 5:3. Owen Farrell vergab die Erhöhung (9.). Apropos Jonny May: 2017 lief der Flügel in einem Test über 40 Meter 10,49 Meter pro Sekunde. Hochgerechnet (okay, Milchmädchenrechnung) wären das 9,53 Sekunden für 100 Meter, womit der 29-Jährige schneller als Usain Bolts Weltrekord von 9,58...
Die 18. Minute gab dem Spiel eine Wendung: Schiedsrichter Nigel Owens betrachtete nochmals eine Szene, in der Argentiniens Lock (Zweite-Reihe-Stürmer) Tomas Lavanini mit der Schulter voran gegen Owen Farrells Hals und Kopf tackelte - Rote Karte. Den folgenden Penalty-Kick aus 45 Metern brachte Farrell freilich nicht ins Ziel.
In der 35. Minute kam England zum zweiten Try: Nach etlichen Phasen Pick and Go Zentimeter rechts vor der argentinischen Mallinie wurde das Spiel flott nach links verlagert, Elliot Daly düste ins Malfeld und legte den Ball sicher ab - 10:3. Owen Farrell aber vergab auch die folgende Chance auf mehr Punkte, es war nicht sein Tag. In der Nachspielzeit wiederholte sich die Szenerie, dieses Mal versuchte sich Scrum Half Ben Youngs mit einem Sniper Run und war erfolgreich, 15:3 (40.+2), Farrell blieb sich treu.
Die zweite Hälfte begann mit dem Versuch von George Ford zum offensiven Bonuspunkt der Engländer, die damit den dritten Fünfpunkter im dritten Spiel bei der WM in Japan für sich verbuchen konnten (46.) - und den ersten Punkten von Owen Farrell zum 22:3. Allmählich machte sich die kräftezehrende Unterzahl bei den Pumas bemerkbar, die sich mehr und mehr in der eigenen Hälfte eingeschnürt fanden und neue Kräfte in erste und zweite Reihe eintauschten.
Besser wurde es dadurch nicht: Während Argentinien immer fehleranfälliger wurde, wurde Owen Farrell besser - Penalty-Kick nach 53 Minuten aus 24 Metern, 25:3. Dann musste auch noch Scrum-Half Tomas Cubelli verletzt vom Feld getragen werden (58.). Immerhin gelang es den Pumas nun, die Engländer von der eigenen Red Zone fernzuhalten und wieder mehr am Spiel teilzuhaben, sie wurden nach einem feinen Spielzug über fünf Stationen durch die englische Hintermannschaft mit Matias Moronis Try belohnt (71.). Emiliano Boffelli stellte per Conversion auf 25:10.
Jack Nowell nutzte die gute Vorarbeit von Jonny May und Owen Farrell zum 30:10 (74.), Owen Farrell hatte inzwischen auch das Glück auf seiner Seite, als seine Conversion via Innenstange den Weg ins Ziel fand (32:10). Und kurz vor Toresschluss sorgten dann noch Luke Cowan-Dickie (80.) und Owen Farrell für den 39:10-Sieg der Engländer.
Gruppe C: 1. England 15/3, 2. Frankreich 9/2, 3. Argentinien 6/2, 4. Tonga 0/2, 5. USA 0/2.
Sonntag, 9.45 MESZ: Frankreich - Tonga. Mittwoch, 6.45: Argentinien - USA. Samstag, 10.15: England - Frankreich. Sonntag, 7.45: USA - Tonga.
Zum Abschluss des 17. WM-Tages in Japan trafen die Gastgeber auf Samoa, und sie legten los wie die Feuerwehr: 3. Minute, Penalty-Kick von Yu Tamura zum 3:0, 7. Minute, 6:0. Henry Taefu verkürzte auf 6:3 (10.) und bremste damit die Anfangseuphorie der Japaner, die zuletzt ja die Iren sensationell mit 19:12 besiegt hatten. Und siehe da, in der 16. Minute stand es 6:6 durch einen weiteren Penalty von Taefu.
Tamura nutzte einen weiteren Penalty zum 9:3, ehe sich Samoas TJ Ioane eine Gelbe Karte einhandelte – für ein Late Tackle mit der Schulter gegen die Brust des Gegenspielers (25. Minute). Zehn Minuten hatte Japan nun Zeit, um einen Try in Überzahl zu legen und den Samoanern mit ihrem flinken Passspiel Kräfte zu rauben. Kotaro Matsushima leitete denn auch den ersten erfolgreichen Angriff mit einem begeisternden Sprint auf der rechten Seite ein, auf der linken vollendete Timothy Lafaele, ein gebürtiger Samoaner übrigens (28.), Tamura blieb sicher und erhöhte auf 16:6.
Henry Taefu vergab die Penalty-Chance zum 16:9, Japan blieb am Drücker, kassierte aber einen Penalty, und dieses Mal traf Taefu aus 41 Metern (34.). Mit diesem Spielstand ging es auch in die Kabinen, für Samoas Tim Nanai-Williams allerdings ging es zum Doktor, die Schiedsrichter hegten den Verdacht, dass er sich eine Kopfverletzung zugezogen haben könnte. Zu Recht, für Samoas Full Back war die Partie beendet.
Mit Penalties von Taefu (45.) und Tamura (51.) ging es weiter. In der 54. Minute versuchten es die Japaner dann einmal mit einer samoanischen Spezialität: Im Paket marschierten sie in die generische Malzone, Kazuki Himeo legte den Try zum 24:12, Tamura blieb sich treu, 26:12.
Samoa mühte sich redlich, kam aber gegen die überaus aufmerksame Defensive der tapferen Blüten („brave blossoms“, wie sich die Japaner nennen) nicht voran. Auf der anderen Seite fehlten den WM-Gastgebern freilich immer noch zwei Tries zum erhofften Bonuspunkt, der die Rugby-Euphorie im Land weiter vergrößern würde.
Dieser Druck in Verbindung mit der Anstrengung wirkte sich in Flüchtigkeitsfehlern aus, die dank japanischen Glücks und Geschicks bis zur 73. Minute folgenlos blieben. Dann aber schrieb Henry Taefu einen Try für Samoa auf den Spielbericht und traf auch die Conversion zum 26:19.
Es wurde dramatisch: Kenki Fukuoka antwortete mit dem Try zum 31:19 (76.), Tamura leistete sich erstmals einen Fehltritt, vier Minuten blieben Japan noch für den Versuch zum Bonuspunkt. Und, natürlich die Nachspielzeit: Minute 85, Auftritt Kotaro Matsushima, 36:19, das Stadion stand Kopf, das Viertelfinale ist für die Japaner zum Greifen nah. Auch, weil Tamura noch zum Endstand von 38:19 erhöhte. Japan bleibt im eigenen Land eine famose Mannschaft.
Gruppe A: 1. Japan 14/3, 2. Irland 11/3, 3. Schottland 5/2, 4. Samoa 5/3, 5. Russland 0/3.
Mittwoch, 9.15 MESZ: Schottland – Russland. Samstag, 12.45: Irland – Samoa. Sonntag, 12.45: Japan – Schottland.
Australien hatte in der ersten Partie des Tages vor allem Probleme mit der Disziplin. Spielerisch begann das ungleiche Kräftemessen mit Uruguay nach Plan (Try von Dane Haylett-Petty, 7., Conversion von Christian Lealiifano, 12:0), ein Penalty von Felipe Berchesi zum 12:3 (13.) war nur ein Schönheitsfehler. Schön war's dennoch nicht, was die Wallabies zeigten,denn auch die beiden Tries von Jordan Petaia (24.) und Tevita Kuridrani (31.) resultierten aus Fehlern Uruguays und nicht aus genialen eigenen Ideen. Dazu leitete sich Australien viele Strafen (Gelbe Karten gegen Adam Coleman/13. und Lukhan Salakaia-Loto/40.), Fehler und Ballverluste, immerhin hieß es 19:3 zur Pause. Auch, weil dem vermeintlichen Try Uruguays in den letzten Sekunden der ersten Hälfte die Anerkennung wegen einer Abseitsstellung verwehrt blieb.
Tevita Kuridrani eröffnete die zweite Hälfte mit seinem zweiten Try (45.), Will Genia (53,), James Slipper (61/erster Try im 94. Länderspiel!) und Dane Haylett-Petty (68.) sowie Christian Lealiifano mit drei Conversions sorgten für die beruhigende 45:8-Führung. Uruguay belohnte sich für seine Beharrlichkeit mit dem Try von Manuel Diana (78.), Felipe Berchesi kickte zum 45:10-Endstand zwischen die Stangen.
Gruppe D: 1. Australien 11/3, 2. Wales 9/2, 3. Fidschi 7/3, 4. Georgien 5/3, 5. Uruguay 4/3.
Mittwoch, 11.45 MESZ: Wales - Fidschi. Freitag, 12.15: Australien - Georgien. Sonntag, 10.15: Wales - Uruguay.
Gruppe B, Sonntag, 6.45 MESZ: Neuseeland – Namibia. Gruppe C, 9.45: Frankreich – Tonga (alles live auf Pro7MAXX).
Montag ist spielfrei.