Exoten ist nichts verboten: Historische Goldmedaillen in der Leichtathletik
Von Christoph Geiler
In Botswana stand am Freitag das öffentliche Leben still. An Arbeit war nicht zu denken, denn jedem im 2,6-Millionen-Einwohnerland war zum Feiern zumute. Präsident Mokgweetsi Masisi hatte kurzerhand einen landesweiten Feiertag ausgerufen, nachdem Botswana erstmals einen Olympiasieger hat.
Letsile Tebogo lief über 200 Meter den US-Stars auf und davon und versetzte mit seiner Goldmedaille sein Heimatland in Ekstase. „Ich bin Olympiasieger, davon habe ich in meinem Leben nicht einmal geträumt – das ist ein unglaublicher Moment“, sagte der 21-Jährige. „Es bedeutet viel für alle, für das Land, den Kontinent und für meine Familie.“
In 19,46 Sekunden ließ Tebogo auch dem Covid-erkrankten 100-Meter-Olympiasieger Noah Lyles (Rang drei) keine Chance und markierte die fünftbeste Zeit der Geschichte.
Nicht nur die Menschen in Botswana durften eine historische Goldmedaille bejubeln. Auch einem Leichtathleten aus Pakistan schlug in Paris die große Stunde. Arshad Nadeem gewann mit neuem olympischen Rekord (92,97 Meter) den Speerwurf und beschert seinem Land die erste Medaille in der Leichtathletik – und die auch noch in goldener Ausfertigung. Die bisherigen zehn Olympia-Medaillen hatten pakistanische Sportler im Feldhockey, Boxen und Ringen geholt. Ein Speerwerfer aus Indien und aus Grenada komplettierten in Paris das exotische Podest.
Großer Sprung
Auch in der Frauen-Leichtathletik trug sich ein neues Land in die Siegerliste ein: Dominica. Karibischer Inselstaat in den Kleinen Antillen mit 72.000 Einwohnern. Der Zwergstaat ist dafür bekannt, dass die Menschen 100 und mehr werden – eine gewisse Ma Pampo soll 2003 mit 128 Jahren gestorben sein.
Thea LaFond aus Dominica ist mit 30 vergleichsweise jung, aber im olympischen Dreisprung ließ sie die Konkurrenz ziemlich alt aussehen und gewann mit einer Weite von 15,02 Metern. Der Platz in den Geschichtsbüchern ihres Landes ist LaFond damit sicher: Für Dominica war es die erste Olympia-Medaille.
Ein Paar Karibikinselchen weiter wurde während dieser Spiele ebenfalls gefeiert und gejubelt: Auch Saint Lucia, wo immerhin knapp 200.000 Menschen leben, tauchte das erste Mal im Medaillenspiegel auf – und das auch noch mit der Goldmedaille im prestigeträchtigsten Leichtathletik-Bewerb der Frauen. Sprinterin Julien Alfred war über die 100 Meter in 10,72 eine Klasse für sich, über 200 Meter ließ die 23-Jährige die Silbermedaille folgen.