Nach dem Tod von Fosbury: Warum der Flop ein Hit wurde
Von Peter Gutmayer
Richard Douglas Fosbury ist am Sonntag im Alter von 76 Jahren einem Krebsleiden erlegen. Der US-Amerikaner war ein Einzelgänger, der eigentlich gar nicht so gerne im Rampenlicht stand. Doch am 20. Oktober 1968 hatte er in Mexiko City die Sportwelt mit einem Sprung buchstäblich auf den Kopf gestellt. Nach seinem Gold-Sprung bei den Olympischen Spielen über 2,24 Meter war im Hochsprung nichts mehr so wie davor. Mit dem Fosbury-Flop war eine neue Sprungtechnik geboren, bei der man die Latte rückwärts überquert und die bis heute verwendet wird.
Warum diese Technik-Revolution gar nicht beabsichtigt war, was sie mit Biomechanik und Physik zu tun hat und welche anderen Athleten ihre Sportarten ebenfalls maßgeblich veränderten.
Vor Fosbury war im Hochsprung der „Straddle“ die gängige Technik, bei dem man sich über die Latte „wälzte“ (auch „Bauchwälzer“ genannt). Weil sich der Amerikaner aber an der Hand verletzt hatte, versuchte er etwas Neues – sehr zum Ärger seines damaligen Trainers Bernie Wagner. „Das wird nichts. Besser wäre es, wenn du in den Zirkus gehen würdest“, hatte er seinem Schützling gesagt. Fosbury ließ sich aber nicht abbringen, nutzte mit seinem neuen Stil die biomechanischen Vorteile. Der Clou des Flops ist: Im Optimalfall liegt der Körperschwerpunkt nie über der Latte.
„Der Sprung hat mir Türen geöffnet“, sagte er später über seinen Olympia-Triumph. Die Lorbeeren für die revolutionäre Änderung wollte er nie für sich beanspruchen: „Ich war einfach vom Glück gesegnet, der Erste zu sein. Ich bin absolut überzeugt davon, dass sonst irgendjemand anders die Technik erfunden hätte.“ Mit dem Dasein als Olympiasieger war er eigenen Angaben zufolge „völlig überfordert“. Nur zwei Tage nach seinem Triumph verließ er das Olympische Dorf, ein Jahr später beendete er seine Karriere.
Die Bezeichnung „Flop“ bekam die Sprungtechnik übrigens auch erst Jahre später. Ein Journalist aus Fosburys Heimat Oregon verglich den Sprungstil mit einem Fisch, der nach dem Fang an Land floppt – sich also auf den Rücken dreht und seinen Körper krümmt. Im Sport ist der Flop unweigerlich mit dem Namen Fosbury verbunden. Daran wird auch der Tod des Erfinders nichts ändern.
Ein anderer Athlet, der seine Sportart regelrecht neu erfand, ist Jan Boklöv. Der 56-jährige Schwede gilt als Erfinder des V-Stils im Skispringen. Er hatte im Training infolge eines Absprungfehlers seine Skier versehentlich zur Seite gespreizt. Das brachte ihm eine wesentlich größere Angriffsfläche für den Wind und damit einen erheblichen Vorteil gegenüber den Springern im Parallelstil. Boklöv gewann plötzlich Springen, obwohl er erhebliche Abzüge bei den Haltungsnoten bekam. Heute ist der V-Stil Standard.
Andere Beispiele für revolutionäre Innovationen sind etwa die Erfindung des Tiefstarts beim Sprint, den Charles H. Sherill (USA) 1887 erfand. Oder der Siitonen-Schritt im Langlauf. Pauli Siitonen legte mit seinem Ausfallschritt in der Loipe den Grundstein für die heute gängige Skating-Technik.