Nach der Pleite in Sakhir appelliert Mercedes an die Fans
Die Konkurrenz stichelt, Experten wundern sich: Was ist bloß los mit dem ehemaligen Abo-Sieger und Serien-Weltmeister Mercedes? „Wir wissen, euch schmerzt es auch“, schrieb das Team mittlerweile sogar in einem Brief an seine Fans und versicherte: „Wir werden nicht in Panik verfallen oder reflexartig reagieren.“
Nach dem Tiefpunkt gleich zum Auftakt in der Wüste von Sakhir, wo Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton demütigender Weise nicht mal in die zweite Qualifying-Runde gekommen und im Rennen Fünfter geworden war, kann Teamchef Toto Wolff für den Großen Preis von Saudi-Arabien noch nicht die große Wende versprechen. „Einige kleinere Weiterentwicklungen“ seien dabei, ein „Game Changer“ nicht, verkündete er.
2021, als Mercedes noch einen titelfähigen Silberpfeil gebaut hatte, gewann Hamilton die Premiere auf dem Hochgeschwindigkeitskurs in Dschidda. An einen Sieg ist am Sonntag (18.00 Uhr/MEZ) kaum zu denken.
„Bei Mercedes ist der Start ähnlich holprig, wie er es im Vorjahr war. Nur glaube ich, dass es jetzt auf die Schnelle sicher keine Lösung geben wird“, betonte bereits Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko in einem Interview des Portals Formel1.de. „Das Null-Seitenkästen-Konzept von Mercedes hat versagt“, urteilte der britische „Telegraph“. Zur Überraschung und auch Verwunderung nicht weniger hatten die Mercedes-Bosse beim W14 am Konzept des Vorjahresmodells festgehalten und auf Seitenkästen am Boliden praktisch verzichtet.
Sie müssten nun radikaler bei ihren nächsten Schritten mit dem Wagen sein, kündigte Wolff noch in der Frustnacht von Bahrain an, wo er auch mit Kritik am Wagen und damit am Konzept nicht gespart hatte. Das wiederum kam nicht überall gut an. Als unaufrichtig stempelte der ehemalige Rennstallbesitzer Eddie Jordan Wolffs Kritik ab.
Krisenmodus
„Ich hasse es, so etwas zu hören“, wurde Jordan in britischen Medien zitiert, die unter anderem ohne weitere Verweise auf Belege auch noch von einem Notfallmeeting bei Mercedes nach dem Auftaktschreck berichteten. „Seit Bahrain haben wir offene und ehrliche Gespräche geführt, auf deren Grundlage wir begonnen haben, unseren Plan aufzustellen, wie wir zurückschlagen wollen“, erklärte Wolff selbst in der offiziellen Vorschau des deutschen Werksrennstalls auf das zweite von 23 Saisonrennen. Klartext-Tage beim einstigen Branchenführer oder einfach: Krisenmodus.
Die Sache noch ein bisschen pikanter macht: Ausgerechnet Aston Martin, und damit eines der Teams, das mit Mercedes-Antrieben fährt, wird mit seinem neuen Wagen und vor allem mit dem zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso eher als Herausforderer für Titelverteidiger Max Verstappen wahrgenommen als Hamilton und dessen Teamkollege George Russell. Dass Hamilton sich in seinem letzten Vertragsjahr befindet und mit dem Team über einen neuen Kontrakt verhandelt, ebenso.
Hamiltons letztes Ziel?
Dass er unbedingt noch den achten WM-Titel holen will, womit er alleiniger Rekordhalter vor Michael Schumacher wäre, dürfte auch klar sein. Dass Hamilton es mit dem aktuellen W14 nicht mit dem RB19 und Verstappen aufnehmen kann, ist allerdings auch offensichtlich. In Bahrain kam er über 50 Sekunden nach dem Niederländer ins Ziel.
„Es gibt viele gute Gründe bei Mercedes zu bleiben“, sinnierte Ex-Pilot und TV-Experte Martin Brundle unter anderem im Sky Sports F1 Podcast. Große Fahrer, wie beispielhaft Ayrton Senna oder Michael Schumacher, hätten aber auch keine Angst gehabt, woanders hinzugehen. Entsprechend spekulierte Brundle auch bei Hamilton, kam aber zu dem Schluss, dass Ferrari selbst genug Probleme habe und Red Bull sehr glücklich mit einer Nummer eins (Verstappen) und einer Nummer anderthalb (Sergio Perez) sei.