Knalleffekt a la Spielberg: KTM trennt sich von Zarco
Auch am Montag haben auf dem Red Bull Ring die Motorräder gedröhnt. Während die Moto2 und Moto3 testeten, kam es einen Tag nach dem Österreich-Grand-Prix zu einem Knalleffekt a la Spielberg. KTM bestätigte die schon Sonntagabend durchgesickerte Trennung von MotoGP-Pilot Johann Zarco per Ende 2019. Damit hat die "silly season" in der Zweirad-WM weiter Fahrt aufgenommen.
Auch wenn der derzeit verletzte Jorge Lorenzo mittlerweile bestätigt hat, seinen Honda-Vertrag auch 2020 erfüllen zu wollen. Dessen mögliche Rückkehr zu Ducati hatte in Österreich die Gerüchtebörse befeuert. Als möglicher Zarco-Ersatz wurde sofort Jack Miller ins Spiel gebracht, aber auch der Australier scheint mittlerweile bei Pramac Ducati "safe" zu sein. Auch der langfristige Wechsel von Marc Marquez' Bruder Alex in die MotoGP via einem Moto2-Petronas-Team (Yamaha) dürfte vorerst gescheitert sein, weil zwei Brüder bei gegnerischen Herstellern aus Japan schwer vorstellbar sind.
KTM jedenfalls kehrte dem großen Heimrennen mit zwiespältigen Gefühlen den Rücken. Der Moto2-Sieg von Brad Binder und die Top-Ten-Premiere von Miguel Oliveira als Achter in der MotoGP sorgten für viel Freude. Der frühe Ausfall von Top-Pilot Pol Espargaro und die schwierige Situation um Zarco drückten gleichzeitig auf die Stimmung der Oberösterreicher.
Ziel nicht erreicht
Der zweifache Moto2-Weltmeister Zarco war für 2019 und 2020 mit dem Ziel geholt worden, als Nummer eins im Team das MotoGP-Projekt von KTM voranzutreiben. Doch der Franzose kommt mit der RC16 nicht zurecht und redete zudem permanent das Bike schlecht. Nicht nur Espargaro, sondern zuletzt auch MotoGP-Rookie Oliveira vom KTM-Satellitenteam Tech 3 stellten den 29-jährigen Routinier regelmäßig in den Schatten. Trotz Jean-Michel Bayle als speziellem Fahrercoach kam Zarco nicht auf Touren.
KTM-Chef Stefan Pierer hatte deshalb schon vergangenen Freitag in einem APA-Interview klargestellt, dass man nach dem Österreich-Rennen reagieren und Zarco womöglich eine sofortige Auszeit gönnen werde. Als möglicher Ersatzfahrer wurde der Finne Mika Kallio genannt. Der Stresssymptome zeigende Zarco soll nach der Entscheidung sichtlich erleichtert gewesen sein.
KTM hatte noch am Renn-Sonntag bekanntgegeben, dass man das MotoGP-Projekt bis mindestens 2026 betreiben wird. Bei einem Jahresbudget von 40 Mio. Euro ist das ein gewaltiges Unternehmen. Dafür zieht man sich werksseitig aber aus der Moto2 zurück und bringt Husqvarna zurück in die Moto3.
"Benzinbruder" Mateschitz
Zudem hat Pierer mit Dietrich Mateschitz mittlerweile einen echten "Benzinbruder" zur Seite. Der sonst eher öffentlichkeitsscheue Strecken-Eigner und Red-Bull-Chef zeigte sich bei der MotoGP begeistert und aufgeschlossen, posierte im Gastgarten sogar für Fotos mit Fans. Während die Zukunft der Formel 1 in Spielberg offen ist, begründete Mateschitz die Verlängerung mit der Zweirad-WM bis 2025 mit dem bemerkenswerten Statement, dass für ihn die MotoGP "die attraktivste Rennserie der Welt" sei.
Es war auch 2019 zutreffend. Fast 200.000 Fans erlebten am Wochenende, wie Marc Marquez im Qualifying mit 1:23,027 Minuten neuen Rundenrekord erzielte und den Red Bull Ring mit einem Schnitt von 187,2 km/h als schnellste Strecke im WM-Kalender bestätigte. Bevor dann Rennsieger Andrea Dovizioso am Sonntag in der letzten Kurve Marquez düpierte, hatte der Ducati-Mann den Streckenrekord auf 1:23,827 (185,4 km/h) gedrückt. Dazu kam eine wie immer begeisterte, aber friedliche Stimmung bei den vielen Fans.
Top-Pilot gesucht
KTM muss nun auf dem Fahrersektor aber einiges klären. Der Aufstieg von Binder anstelle von Hafizh Syahrin zum MotoGP-Team Tech 3 ist fix. Wer künftig neben Espargaro im Red-Bull-Werksteam fährt, war nach Spielberg offener als vorher. Pierer machte in dem APA-Interview aber schon klar, dass man KTM mittlerweile als höchst attraktive Braut sieht und dass alles andere als ein absoluter Top-Pilot nicht infrage kommt.
Oliveira hat sich in der MotoGP längst zum zweitbesten KTM-Fahrer entwickelt. Der schnelle Portugiese ist nach elf Saisonrennen WM-15. und damit drittbester Rookie hinter Fabio Quartararo (Yamaha) und Joan Mir (Suzuki). Und daheim ein Superstar. Punkto Beliebtheit rangiert Oliveira in Portugal hinter Cristiano Ronaldo und Jose Mourinho längst auf Platz drei.
Pierer schätzt vor allem Oliveiras Zugang. "Er ist ein unbelasteter Rookie. Er setzt sich auf das Motorrad und ist einfach schnell." Ähnlich sieht das Pit Beirer. "Miguels Leistungen zeigen, dass die RC16 schon ein sehr fahrbares Motorrad geworden ist", sagte der KTM-Motorsport-Direktor.