Formel 1: Die Kurve, die keine Gnade kennt
Von Florian Plavec
Die Haarnadel vor dem ehemaligen Loews Hotel in Monte Carlo, Maggotts und Becketts in Silverstone oder Eau Rouge in Spa. Um die berühmtesten Kurven der Formel 1 ranken sich Mythen. Doch keine dieser legendären Kurven bestraft Fehler so gnadenlos wie die Wall of Champions in Montreal. Wer in der letzten Kurve des Circuit Gilles Villeneuve (Qualifying am Samstag, 22.00 MESZ/live ORF1) nur geringfügig von der Ideallinie abkommt, ist verloren.
In dieser letzten Schikane gehen die Fahrer bis ans Limit, es ist äußerste Präzision gefragt. Im Idealfall fahren die Autos nur wenige Zentimeter an der Mauer vorbei. Doch wenn der Idealfall nicht eintritt, ist das Rennen beendet. Der Spielraum zwischen „perfekt“ und „Crash“ ist minimal, an der Mauer aus Beton ist das Rennen beendet.
Zu ihrem Namen kam die Kurve 13 im Jahr 1999, da in diesem Jahr vier Weltmeister an genau dieser Stelle ausfielen. Zuerst rutschte der amtierende Formel-3000-Weltmeister Ricardo Zonta in die Mauer, die damals noch die Aufschrift „Bienvenue au Québec“ (Willkommen in Québec) trug. Danach hebelten die Randsteine gleich drei Formel-1-Champions aus: Damon Hill (Weltmeister 1996), Michael Schumacher (’94, ’95) und Lokalmatador Jaques Villeneuve (’97). Mika Häkkinen sagte Danke, übernahm die Führung, gewann das Rennen und am Ende der Saison auch die Weltmeisterschaft.
Im Jahr 2011 verewigte sich mit Sebastian Vettel der nächste Weltmeister in der Mauer. Das Missgeschick ereignete sich im Training, doch auch im Grand Prix blieb der Deutsche nicht fehlerfrei. In einem denkwürdigen Regenrennen mit einer Gesamtzeit von 4:04 Stunden rutschte er in der letzten Runde aus, Jenson Button gewann das Rennen.
Eben jener Jenson Button, der 2005 die Poleposition holte. Doch sein Rennen endete jäh ... richtig, in der Wall of Champions – Weltmeister wurde Button dann erst 2009. Im Jahr 2006 parkte Juan Pablo Montoya sein Auto in der Mauer. Der Kolumbianer sollte nie wieder die Zielflagge eines Formel-1-Rennens sehen. Denn beim darauffolgenden Grand Prix in Indianapolis kam es zu einer Kollision, danach wechselte er in die NASCAR-Serie.
2010 parkte Kamui Kobayashi sein Auto in der Mauer, 2012 Pastor Maldonado. Und 2016 verlor Carlos Sainz Jr. an selber Stelle die Kontrolle über seinen Toro Rosso. „Wenn es eine Mauer gibt, in die man fahren sollte, dann in die Wall of Champions“, scherzte der Spanier damals. Allerdings: Von einem WM-Titel ist der Ferrari-Pilot bis heute weit entfernt.