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Der letzte Beutezug des "Weißen Hais"

Es gibt nur eine Frage, die man Michael Phelps stellen will: Warum? Warum das alles noch einmal? Die Qualen, die Kraftkammer, die Diäten, das Übergeben nach den Trainings, die Anti-Doping-Auflagen. Warum nur?

Der 29-Jährige muss diese Frage oft beantworten, vor allem dieser Tage im kalifornischen Irvine, wo die Meisterschaften der US-Schwimmer stattfinden. Für Phelps ist es der erste große Wettkampf nach seiner zweijährigen Abtauch-Phase vom Spitzensport.

"Es hat jedenfalls nichts mit Langeweile zu tun", sagt sein Trainer Bob Bowman. "Michael macht es, weil er noch etwas zu erledigen hat. Seine Karriere ist unfertig." Das ist ein eigenartiger Satz.

Die Laufbahn von Michael Phelps soll unfertig sein? Von jenem Mann, der lange und so viel schwimmen musste, um überhaupt erst einen Gegner zu finden? Fündig wurde er nicht im Schwimmbecken, sondern im Geschichtsbuch: bei Larissa Latynina. Die sowjetische Turnerin ließ sich 18 olympische Medaillen umhängen, Phelps, Spitzname "Weißer Hai", erbeutete bei den Spielen in London vor zwei Jahren seine 22. Medaille (18 davon glänzen in Gold).

Nie wieder wolle er schwimmen, hatte er danach gesagt, schon gar nicht, wenn er über 30 Jahre alt ist.

Mit 29 ist Michael Phelps nun zurück – und mit ihm der Hype. "Die Aufmerksamkeit ist großartig, aber auch störend", sagt Nathan Adrian. Der Olympiasieger gewann am Mittwoch in Irvine die 100 Meter Freistil, Phelps schlug als Siebenter an und verpasste damit die Qualifikation für die anstehenden Panamerika-Spiele in Australien.

Der Übermenschliche wirkte plötzlich ganz menschlich. Auch darin liegt die Faszination des Sports: wenn der Held scheitert. Bei den Olympia-Ausscheidungen 2008 war das noch ganz anders, Nathan Adrian erinnert sich: "Michael hat mich damals überrollt."

"Ich liebe das"

Die Konkurrenz ist groß: Von den acht Freistil-Finalisten in Irvine haben sechs in London Olympia-Medaillen gewonnen. Auf dem Weg zu Olympia in Rio 2016 ist Verlieren plötzlich eine mögliche Kategorie. Warum also dieses Comeback? "Ich liebe den Wettkampf mehr als alles andere." Mit 100 Meter Freistil und 100 Meter Rücken konzentriert sich Phelps auf Strecken, in denen er bisher weder Olympia- noch WM-Medaillen gewonnen hat.

"Die Rücken-Technik schmerzt mehr als alles andere. Deine Beine sind danach kaputt", sagt er. Ein letztes Mal noch: Warum bloß? "Ich finde das spannend."

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