Mad Max: Verstappen spaltet die Formel 1
Man hätte es schon ahnen können, dass die Situation mit Max Verstappen richtig ernst ist im Fahrerlager der Formel 1. Es gab ein sicheres Indiz dafür, dass sich der 19-jährige Niederländer endgültig den Unmut seiner Fahrerkollegen zugezogen hat. Beim Fahrermeeting vor zehn Tagen im Vorfeld des Grand Prix der USA, wo es um den aggressiven und teilweise rücksichtslosen Fahrstil des Red-Bull-Piloten ging, führte ein Pilot das Wort: Kimi Räikkönen, der große Schweiger der Formel 1.
Das war vor einer Woche. Und nun, beim lange Zeit ereignisarmen Großen Preis in Mexiko City am Sonntag, sagte Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda über Verstappen: "Die Wut der anderen Fahrer wird immer größer, irgendwann werden sie dem eine geben." Verstappen scheint nichts und niemand zu bremsen. Was war geschehen in Mexiko? Bereits in der ersten Runde schoss Verstappen über das Ziel hinaus, als er den WM-Führenden Nico Rosberg hart attackierte und der Deutsche kurz von der Piste gedrückt wurde. "Red-Bull-Kamikaze", sagte später Rosberg, für den der Zweikampf WM-entscheidend hätte sein können (siehe Artikel unten).
Mann der Tat
So viel Action hätte vielen Fahrern für einen gesamten Grand Prix schon genügt, nicht so Max Verstappen. Die Szene des Rennens sollte sich erst kurz vor der Zielflagge abspielen im Dreikampf um Platz drei. Ferrari-Pilot Sebastian Vettel hatte Verstappen in einen Fehler und von der Strecke getrieben, doch der Niederländer wollte – trotz Anweisung seines Rennstalls – nach seiner Abkürzung durch die Wiese Rang drei nicht an Vettel abtreten. Woraufhin der deutsche Vierfach-Weltmeister über den Boxenfunk nicht nur Verstappen und Rennleiter Charlie Whiting ("Fuck off") beschimpfte, sondern auch in einen weiteren Zweikampf mit Daniel Ricciardo verwickelt wurde. Der Australier hatte wegen der Kontroverse seines Red-Bull-Kollegen mit Vettel aufschließen können. Als Ricciardo zur Attacke ansetzte, verteidigte sich Vettel ebenfalls mit einer grenzwertigen Linienwahl.
Kurioses Detail am Rande: Vettel wurde in Mexiko ausgerechnet jene Regel zum Verhängnis, die es erst seit jener berühmten Fahrerbesprechung wegen Verstappen gibt. Sie besagt, dass in der Bremszone vor einer Kurve ein Spurwechsel verboten ist, bekannt ist sie im Fahrerlager nur als "Anti-Verstappen-Regel". Der Namensgeber hatte dazu nur einen lockeren Kommentar übrig: "Vielleicht schaffen sie es jetzt, mich zu überholen."
Mann für gewisse Momente
Der Satz das Teenagers verstärkte nur noch sein Image. In seinem zweiten Jahr in der Königsklasse, dem ersten bei einem Top-Team wie Red Bull Racing, spaltet Verstappen Fahrerlager und Fangemeinde wie kein zweiter Fahrer zuvor. Kein Senna, kein Schumacher, kein Vettel hat in so kurzer Zeit so viel Lob und gleichzeitig so harsche Kritik geerntet wie der 19-Jährige.
Gleichzeitig ignoriert er Funksprüche sowie Warn-Flaggen, er flucht und spottet – wie etwa am Sonntag über Kontrahent Sebastian Vettel: "Ich weiß nicht, wie oft er irgendwelche Schimpfwörter benutzt hat. Er sollte zurück in die Schule gehen. Er ist immer frustriert. Einfach ein sehr frustrierter Kerl."
Mad Max nennen sie ihn deshalb längst. Der Spitzname gefällt Verstappen.