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Kobe Bryant: Eine Legende tritt ab

"Lieber Basketball! Mein Herz hält die Schwingungen aus / Mein Verstand verkraftet die Schinderei / Aber mein Körper weiß, dass es Zeit ist auf Wiedersehen zu sagen." Kobe Bryant

Mit diesen Worten hatte Kobe Bryant, einer der größten Athleten dieses Planeten, in einem offenen Brief seinen Abschied angekündigt. Das war im November 2015. Seither ist jedes Spiel von Kobe Bryant und seinen Los Angeles Lakers in der nordamerikanischen NBA ein einziges Schaulaufen.

Ein Mal noch.

Am Mittwoch endet der Grunddurchgang in der NBA. Mit dem Einzug in die Play-offs haben die Lakers nichts mehr zu tun, der 16-fache Titelträger stellt das zweitschlechteste Team der Liga. Doch darum geht es schon lange nicht mehr. Es geht seit jenem Tag im November nur noch um ihn: um Kobe Bryant.

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Die Liga widmet ihrer 37-jährigen Ikone auf der Website eine eigene Unterseite (www.nba.com/kobe). Zu sehen ist einiges aus seiner zwanzigjährigen Weltkarriere: spektakuläre Dunkings, spielentscheidende Würfe, großartige Sprüche. Einer lautet: "Freunde kommen und gehen, aber Meisterschaftsbanner bleiben für immer hängen." Kein Basketballer in der Geschichte wurde für sein Talent dermaßen verehrt und gleichzeitig für seine Allüren so gehasst. Nicht LeBron James, nicht Magic Johnson, schon gar nicht der große, makellose Michael Jordan. Viele wurden an Jordan gemessen – und zerbrachen. Bryant ertrug es. "Ich will nicht der nächste Michael Jordan sein. Ich will nur Kobe Bryant sein", sagte er. Das genügte oft.

Er sorgte für Momente, da sah dieses unglaubliche Spiel noch ein bisschen unglaublicher aus: flott, präzise, kunstvoll, einfach. Bei seinen 81 (!) Punkten gegen Toronto , oder als er binnen weniger Tage in vier Spielen in Folge jeweils mehr als 50 Punkte erzielte. "Was ich tue? Ich jage der Perfektion nach", lautete sein Credo.

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Die Jagd nach Bestmarken hatte ihren Preis. Im November 2015 sorgte Bryant mit Fehlwurf Nummer 13.418 ebenfalls für einen NBA-Negativrekord. Auf den Spott antwortete er: "Ich soll zu viele Würfe riskiert haben? Manche Leute glauben auch, Mozart hatte zu viele Noten in seinen Kompositionen." Die Buh-Rufe in den Arenen akzeptierte er humorvoll ("Buh-Rufe blocken keine Würfe").

Schwarz gegen Weiß

Kobe Bryant ließ niemanden kalt. Als er 2003 wegen Vergewaltigung angeklagt war, sah ganz Amerika zu. Er, der schwarze, millionenschwere NBA-Star. Sie, die weiße, 18-jährige Hotelangestellte. Seine Sponsoren wandten sich zunächst ab, um ihn nach dem Freispruch nur noch üppiger zu entlohnen.

Bryant war selbst im Außenseiter-Sport der Amerikaner ein Außenseiter. Während viele seiner Teamkollegen im Getto aufwuchsen, plagten den Bub aus Philadelphia andere Probleme. Sein Vater war ebenfalls Basketball-Profi und ließ die Karriere in Italien ausklingen. Als die Familie aus Europa zurückkehrte, war Kobe "ein kleiner, italienischer Junge. Ich habe weder den Slang verstanden noch die Mode. Ich konnte nur auf das Basketball-Feld gehen und mein Spiel für mich sprechen lassen. Ich habe mit Wut gespielt und es geliebt". Nun endete sein Abschiedsbrief mit den Zeilen: "Fünf Sekunden auf der Uhr, der Ball in meinen Händen. 5 ... 4 ... 3 ... 2 ... 1"

Die Liste der Rekorde und Auszeichnungen von Kobe Bryant ist lang und eindrucksvoll – ein Auszug: In der Liste der NBA-Spieler mit den meisten Punkten liegt er auf Rang drei – nur Karl Malone (2.) und Kareem Abdul-Jabbar (1.) liegen vor ihm.

Bryant ist der bislang einzige Spieler, der jeweils mehr als 30.000 Punkte, 6000 Vorlagen und 6000 Rebounds erreicht hat. 112-mal erzielte er 40 oder mehr Punkte in einem Spiel, 18. Mal wurde er für das All-Star-Spiel nominiert. Fünf Meisterschaftsringe bekam er überreicht.

1997 gewann der zweifache Olympiasieger als bislang jüngster Spieler den Slam-Dunk-Contest. Zwanzig Saisonen für die L.A. Lakers bedeuten Liga-Rekord.