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Giro d’Italia: Von Angstessern und Klopausen

Mit einem Einzelzeitfahren in Jerusalem startet am Freitag der 101. Giro d’Italia. Mittendrin sind auch drei Österreicher: Georg Preidler (Team Groupama-FDJ) sowie Patrick Konrad und Felix Großschartner (Bora-hansgrohe). Für den KURIER beantworten Konrad und Großschartner ungewöhnliche Fragen.

Eine dreiwöchige Rundfahrt steht bevor. Was sind die Ängste eines Radprofis?

Konrad: „Dass es nicht läuft. Dass man krank wird, dass man aussteigen muss, dass man in der ersten Woche stürzt. Dann wird es eine riesige Quälerei. So etwas habe ich letztes Jahr erlebt.“

Wie sehr fürchtet man einen Sturz?

Großschartner: „Manchmal gibt es Situationen, da denke ich: Eigentlich riskiere ich mein Leben. Die gefährlichsten Situationen entstehen, wenn man einen Sprint anzieht.“ Konrad: „Die Kollegen hinter mir vertrauen darauf, dass ich die richtige Linie fahre. Da will man keine Fehler machen, denn da könnte für einen sehr schnell die Rundfahrt aus sein. Gefährlich wird es, wenn 200 Leute im Packl auf eine Kurve zusteuern mit 70, 80 km/h. Da braucht nur ein Schlagloch kommen, und das ganze Feld ist abgeräumt.“

Was ist das Schönste am Job?

Konrad: „Erfolg. Persönlicher Erfolg und Erfolg für das Team. Und die Schlussetappe, wenn man weiß: Jetzt ist es vorbei.“

Wie viel verdient ein Radprofi?

Konrad: „Es ist wie überall: Wenn man gut ist, kann man gut Geld verdienen. Wir beklagen uns nicht, aber es gibt nur ganz wenige Radprofis, die nach ihrer Karriere ausgesorgt haben. Es ist nicht so, dass ich mit 33 aufhören kann und nicht mehr arbeiten muss.“

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Was isst ein Profi während der drei Wochen?

Konrad: „Viel – und das Richtige. Wir haben einen eigenen Koch, das ist ein Riesenvorteil. Während des Fahrens essen wir Gels oder Riegel, aber das ist alles chemisch hergestellt und für den Magen nicht so gut. Deshalb haben wir auch selbstgemachte Reiskuchen. Bei Überstellungsetappen kann es auch ein Wurstbrot sein. Nach der Etappe gibt es vor allem Kohlehydrate wie Reis oder Nudeln.“ Großschartner: „Bei unerfahrenen Fahrern gibt es das Phänomen des Angstessens. Die sind am Abend schon satt und essen zur Sicherheit noch weiter. Eigentlich sollte man nur so viel essen wie man Hunger hat.“

Was ist in der Trinkflasche?

Konrad: „Von Wasser über Elektrolyt-Getränke bis hin zu sehr langsam verwertbaren Kohlehydraten, damit der Blutzucker nicht in die Höhe schießt.“

Welche Sonnencreme wird verwendet?

Großschartner: „30er bis 50er. Vor allem im Nacken ist es sehr wichtig. Ich schmiere mich da mit 50er ein und werde trotzdem rot. Ein Sonnenbrand ist eine Belastung.“

Wie ist das jetzt mit dem Klogang während der Fahrt?

Konrad: „Man muss den richtigen Moment abwarten, wenn die ersten Ausreißer weg sind und das Tempo herausgenommen wird. Dann bleibt man stehen – und plötzlich scheren 30 Leute aus. Eine Strafe gibt es aber, wenn man das in einer Ortschaft oder vor Zuschauern macht.“ Großschartner: „Wenn es im Finale aber unentspannt zugeht, gibt es schon Fahrer, die das während der Fahrt erledigen. Die werden dann von einem Teamkollegen angeschoben.“

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Warum sind die Beine rasiert?

Konrad: „Man kann schön massieren. Und bei einem Sturz gelangen auch weniger Bakterien in die Wunde, und man muss das Pflaster nicht auf die Haare picken. Aber das Wichtigste ist: Es schaut gut aus. Die Optik ist schon wichtig.“

Was kostet das Arbeitsgerät?

Konrad: „Unsere Radln kosten schon einen Zehner. So, wie sie sind, können sie beim Händler gekauft werden. Vom Lenker bis zum Rahmen ist alles aus Carbon und Leichtbau. Sie sind so leicht, dass wir Zusatzgewichte montieren, um das UCI-Limit von 6,7 Kilogramm zu erreichen. Dieses Limit stammt noch von früher, als die Carbon-Rahmen noch gebrochen sind. Das Limit ist nicht mehr zeitgemäß, alles entwickelt sich weiter. Ich würde es auf 6,4 Kilo runtersetzen.“

Wie groß ist der Ärger über das Doping-Thema rund um Christopher Froome, der trotz eines positiven Dopingtests vorläufig startberechtigt ist?

Großschartner: „Nicht so groß, denn es liegt nicht in unserer Hand, wie da entschieden wird. Ich verschwende da keine Energie.“ Konrad: „Ich auch nicht. Aber jeder hätte sich gewünscht, dass vor dem Giro eine Entscheidung gefallen wäre.“

Und was hat es mit den versteckten Elektromotoren im Rahmen auf sich?

Großschartner: „Ich glaube, dass das mehr ein Gerücht ist.“

Konrad: „Aber es wird sehr stark kontrolliert.“

(aus Jerusalem)