Was blieb von der EURO 2008
Polen und die Ukraine freuen sich über den Titel der Fußball-Europameisterschaft mit den meisten Live-Zuschauern. 1,4 Millionen Menschen besuchten die Stadien. Sonst hatten beide Länder wenig zu feiern, für die beiden Teams der Gastgeber war in der Vorrunde Endstation.
Déjà-vu? Gab’s das nicht schon einmal? Richtig: Vor exakt vier Jahren schafften es Österreich und die Schweiz, erstmals bei einer EM kein Veranstalterland in die K.-o.-Phase zu bringen. In der ewigen Besucherstatistik liegt das Turnier von 2008 auf dem 3. Platz (knapp hinter Portugal 2004).
Was hat die Europameisterschaft im eigenen Land aber sonst noch gebracht? Was blieb von 2008 in Erinnerung, was bestehen? Außer Spesen nichts gewesen? Der KURIER begibt sich auf Spurensuche.
Wer während der aktuellen EM Danzig besuchte, der wähnte sich bei der EM 2008 in Österreich. 14 Grad über null, Wind, Regen – auch vor vier Jahren in Österreich war das erhoffte Sommermärchen ins Wasser gefallen. Das schlechte Wetter im Juni 2008 sorgte für halb leere Fanzonen und so mancher Fanstandl-Besitzer, der sich während der EURO einen Geldregen erwartet hatte, der stand am Ende wie ein begossener Pudel da.
Schauplatz Wien
Die größte Errungenschaft der EURO ist auf den ersten Blick gar nicht zu sehen. Denn die Spur führt in den Untergrund. Seit 2008 ist das Happel-Stadion endlich an das U-Bahn-Netz angebunden, mittlerweile wurde die U2 noch einmal um eine Station verlängert. Das Happel-Stadion selbst, 2008 noch Schauplatz des Endspiels, hat seit der EM einen größeren VIP-Klub.
Schauplatz Salzburg
Einziges verbliebenes und sichtbares Zeichen der EM ist in Salzburg das EM-Stadion in Kleßheim. Die nie – wie ursprünglich geplant – rückgebaute Arena stellt sich heute als für den Ligabetrieb viel zu groß heraus. Selbst bei internationalen Spielen verlieren sich die Zuschauer auf dem eigentlich für die Euro aufgesetzten Oberrang. Der Präsident des Salzburger Fußballverbandes Herbert Hübel ist aber trotzdem froh, dass das Stadion so geblieben ist, wie es ist. "Summa Summarum ist es ein Bekenntnis zum Sport und es war völlig richtig, das Stadion nicht zurückzubauen – auch in Anbetracht der Kosten, die ein Rückbau verursacht hätte", sagt Hübel. Geblieben ist der für die EURO 2008 errichtete digitale Polizeifunk – im Stadtbereich von Salzburg. Die überregionale digitale Kommunikation gibt es hingegen bis heute nicht.
Schauplatz Klagenfurt
Das 70 Millionen Euro teure Fußballstadion in Klagenfurt ist nach wie vor ein Problemkind. Die Wörthersee-Arena gleicht noch immer einer Baustelle und muss bereits wieder saniert werden. Um vom Bund bereitgestellte 15,5 Millionen Euro soll es jetzt fertiggestellt werden. Zu allem Überdruss wird im EM-Stadion nur mehr drittklassiger Fußball gespielt. Der Kärntner Landesrechnungshofes kritisierte, wie Steuergelder bei der EM 2008 ohne nachhaltigen Effekt verschwendet wurden. 20,7 Millionen Euro seien investiert worden, ohne "ordnungsgemäßes Projektmanagement" und ohne "transparente Abwicklung", so die Prüfer. Erst am Donnerstag wurde beschlossen, dass die Stadt Klagenfurt noch einmal 4,2 Mio. Euro bereitstellen wird: für Infrastrukturmaßnahmen rund um die Wörthersee-Arena.
Schauplatz Innsbruck
Rund um das Tivolistadion erinnert nichts mehr an die EM. Die Arena wurde nach den drei Vorrundenpartien wieder zurückgebaut, einige Tribünenteile landeten sogar auf dem Schrottplatz. In Tirol stolperte ein engagierter Politiker über die EURO. Christoph Platzgummer, offizieller EM-Koordinator und legitimer Erbe der mittlerweile verstorbenen Innsbrucker Bürgermeisterin Hilde Zach, trat freiwillig zurück, nachdem das Turnier ein riesiges Finanzloch hinterlassen hatte.
Tourismus
Tausende Russen, die ihren Winter- oder Sommerurlaub in Leogang verbringen: Die Erwartungen, die im Vorfeld der Fußball-EM 2008 im Pinzgau geschürt wurden, waren hoch. Hatte doch die russische Nationalmannschaft ihr Quartier im Hotel Krallerhof in Leogang aufgeschlagen. Doch bisher hat der russische Massentourismus die Pinzgauer Gemeinde nicht erreicht. "Die Erwartungen waren sicher zu hochgesteckt", sagt Tourismuschef Christian Kresse.
Ähnlich verhält es sich im Stubaital, wo 2008 Europameister Spanien logiert hatte. Die Bilder gingen um die Welt, doch spanische Touristen bleiben Exoten im Tourismusland Tirol.
Polizei
Die Exekutive kann seit der EM professioneller gegen Hooligans vorgehen. Außerdem darf sich die Polizei über modernere Ausrüstung und Infrastruktur freuen. Die EM führte aber auch zu einer besseren Überwachung der Stadien, vor allem in Videoanlagen wurde investiert. Für die EM wurde dazu eine eigene Hooligan-Datei eingeführt.
In "Raus ohne Applaus", der EM-Rubrik der deutschen Zeitung Welt, wird Österreich als schlechtester Gastgeber auf Platz eins gereiht. "Ein Tor, ein Punkt, eine Enttäuschung. Das Spiel unserer Nachbarn war 2008 eine Melange aus Hilflosigkeit und Harmlosigkeit. Ungenießbar."
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