Sport/Fußball

Vor Salzburgs Gastspiel: Wie der FC Liverpool zum Mythos wurde

Wo anfangen, wo aufhören, wenn es um Mythos geht und um Liverpool? Die Geschichte des FC Liverpool, am Mittwoch Gastgeber von Salzburg in der Champions League, ist eine Mischung aus Triumphen und Tragödien.

Anfang der 1970er-Jahre schien es, dass der Verein mit den roten Leiberln in Liverpool in die emotionale Lücke gestoßen ist, die die Beatles mit ihrem Rücktritt in der 500.000-Einwohner-Stadt aufgerissen hatten. Angeblich wurde an der Anfield Road ohnehin der Fangesang erfunden – auch ohne der vier Pilzköpfe in der Metropole an der Mündung des Flusses Mersey.

Es soll sich im Jahr 1967 bei dichtem Nebel zugetragen haben. Die Fans hörten nur, dass ein Tor gefallen sein soll. „Who scored the goal“, schrien sie auf der einen Seite des Stadions. „Hateley scored the goal“, hallte es von den Fans auf der anderen Seite zurück.

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Über-Trainer

In den 1960er-Jahren hatte Trainer Bill Shankly den Verein zu einem englischen Spitzenklub geformt. Von ihm ist überliefert: „Einige Leute halten Fußball für einen Kampf um Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen, dass es viel ernster ist.“

Er hat die Basis gelegt, dass ein Verein zum Mythos wird. Und das nicht nur, weil er die roten Leibchen einführte, die aus dem Verein die berühmten Reds machten. In Gründungszeiten hatte der Klub (wie Lokalrivale Everton) in Blau und Weiß gespielt, vor einem Jahrhundert wechselte man auf rote Leibchen und weiße Hosen.

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Seit 1964 ist alles rot. Shankly, von 1959 bis 1974 Trainer in Liverpool, setzte auf Kollektiv, Disziplin, Kampfgeist und Identifikation mit dem Verein. So heißt es auch, dass er in den Tagen vor seinem Tod 1981 immer wieder das gleiche Lied gehört hat. Er soll in seinen letzten Stunden Kraft geschöpft haben aus dem Lied „You’ll never walk alone“. Du wirst niemals alleine gehen.

Da ist es ohnehin fast nur logisch, dass nach seinem Tod seine Asche im Stadion an der Anfield Road verstreut worden ist. Direkt vor „The Kop“ – jener legendären Tribüne, die einst die größte der Welt war und vor der eine Statue des Trainers steht. Weltweit bekannt wurde sie 1964 durch eine Sendung der BBC, bei der Aufnahmen von Liverpooler Fans gezeigt wurden, die die Meisterschaft lautstark mit Beatles-Songs und „You’ll never walk alone“ feierten.

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Angstmacher

Zu einem Mythos gehört auch, dass er dem Gegner Respekt einflößt. „This is Anfield“, steht auf einem Schild in den Katakomben. Dort, wo die Teams darauf warten, aufs Spielfeld zu gehen.

Dieser Gang, bei dem die Liverpool-Spieler das Schild über der Stiege wie einen Glücksbringer berühren, hat schon etliche Gegner beeindruckt oder verunsichert.

Zu einem Mythos gehören auch charismatische Spieler. Anfang der 70er-Jahre war dies der kleingewachsene Stürmer Kevin Keegan, der wie ein Popstar ausschaute. Auf ihn folgte Kenny Dalglish, der ein Jahrzehnt später mit Ian Rush eines der besten Stürmerduos im europäischen Fußball bildete. 1989 war dann Steven Gerrard als Neunjähriger zum Verein gekommen. Der Mittelfeldspieler trug bis 2015 nie ein anderes Trikot als jenes der Reds.

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Aber auch zwei große Tragödien gehören zur Geschichte des FC Liverpool: Am 29. Mai 1985 starben im Heysel-Stadion in Brüssel beim Meistercup-Finale zwischen Juventus Turin und den Engländern 39 Menschen.

Weil die Liverpool-Fans die Panik ausgelöst hatten, wurden die damals dominanten englischen Vereine von internationalen Bewerben ausgeschlossen. Der Bann wurde nach fünf Jahren aufgehoben, für Liverpool erst nach sechs. Nicht einmal vier Jahre nach Brüssel war Sheffield Schauplatz der nächsten Tragödie. 96 Liverpool-Fans starben 1989 bei einer Panik im überfüllten Hillsborough-Stadion vor dem FA-Cup-Semifinale zwischen Liverpool und Nottingham Forest.

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Das größte Sportunglück der britischen Geschichte, ausgelöst durch falsche Entscheidungen der Polizei, hatte Konsequenzen für den englischen Fußball. Stehplätze wurden abgeschafft, auch auf The Kop. Dort wurden aus 30.000 Stehplätzen 12.390 Sitzplätze.

Geblieben ist der Mythos.

Die Reds in Zahlen:

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