Sport/Fußball

Prohaskas Champions-League-Bilanz

Herbert Prohaska ist mit sich im Reinen und mit seiner violetten Welt zufrieden. Genüsslich schlürft er in seinem Lieblings-Kaffeehaus Veith in Klosterneuburg seinen großen Braunen und beurteilt die Leistungen seiner Austrianer in der Champions League und zieht Vergleiche zu seinen aktiven Europacup-Zeiten.

KURIER: Sind Sie stolz auf Ihre Nachfolger in Violett?

Herbert Prohaska: Stolz ist vielleicht etwas übertrieben, aber zufrieden bin ich sehr wohl. Sie haben sich sehr ordentlich verkauft.

Besser als gedacht?

Ja, weil erstens haben sie zwei Punkte gemacht, zweitens haben sie diese noch dazu auswärts erreicht und zusätzliches Geld in die Klubkassa gespielt. Zwei Mal waren sie gegen Atlético Madrid chancenlos, und in den anderen drei Spielen haben sie eine gute Figur gemacht. Und das wird auch daheim gegen Zenit so sein, davon bin ich überzeugt. Vielleicht ist sogar noch ein Punktegewinn möglich. Man hat aber den wirtschaftlichen Unterschied zwischen der Austria und den drei anderen Klubs gesehen.

Muss sich Fußball-Österreich damit abfinden?

Grundsätzlich wird es so bleiben, vielleicht kann Salzburg eine etwas bessere Rolle spielen auf Dauer, weil sie andere finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Nehmen wir ein Beispiel: Die Austria hat ein Jahresbudget von 19 Millionen, Samuel Eto’o hat im Vorjahr bei Machatschkala 20 Millionen verdient. Würde die Austria um den Gruppensieg mitspielen, dann wären wir in Österreich die einzig G’scheiten und die anderen ...

Auf gut Deutsch: Die Erwartungen dürfen auch künftig nicht höher sein?

Es wird schwer. Ich finde, dass die Austria im Herbst mehr herausgeholt hat als erwartet. Will man eine bessere Rolle spielen, muss man zwangsweise mehr Geld ausgeben. Und das ist nur bedingt möglich in Österreich.

Hat Sie irgendetwas negativ überrascht?

Nein, es war nichts negativ. Wenn man wirklich kleinlich ist, dann könnte man sagen, dass man in St. Petersburg nach dem Ausschluss von Witsel mehr riskieren und auf Sieg hätte spielen können. Vielleicht hat man sich da eine Spur zu wenig zugetraut.

Der große Gewinner der bisherigen Spiele heißt auch für Sie Heinz Lindner?

Natürlich. Es ist für alle eine Bühne. Bei einem Außenseiter wie die Austria einer ist, ist vielleicht für den Tormann die Chance am größten, sich ins Rampenlicht zu spielen. Für die anderen ist es schwierig. Gut ist es, dass man die Unterschiede sieht und bemerkt, was noch fehlt.

Was genau?

Dass man sich noch mehr zutraut. Nehmen wir Salzburg als Beispiel, auch wenn die „nur“ Europa League spielen, die qualitativ sicher ein bis zwei Klassen unter der Champions League ist. Die praktizieren auch auswärts ihr Pressing. Ich weiß, dass man das von der Austria nicht so verlangen kann. Aber vielleicht wäre da ein bisschen mehr möglich gewesen.

Glauben Sie, dass Lindner noch lange bei der Austria die Bälle fängt?

Es kommt darauf an, welcher Verein gerade auf Torhüter-Suche ist. Wenn ein größerer Verein einen Goalie sucht, dann würde ich ihn schon allein deshalb nehmen, weil er sicherlich wie viele andere Kicker aus Österreich kostengünstig ist im Vergleich zu anderen Ländern. Seine guten Leistungen sind den Scouts der Vereine sicher nicht entgangen.

Haben Sie damals die Doppelbelastung Liga/Europacup als Spieler ebenfalls gespürt?

Also ich habe solche englische Runden mit vielen Spielen immer geliebt. Ich käme nicht damit zurecht, wenn mich der Trainer schonen möchte und mir sagt, dass ich müde bin. Das entscheide immer noch ich als Spieler. Aber eines muss man schon sagen: Der Fußball hat sich entwickelt, ist heute ganz anders. Es wird mehr gelaufen, alles ist schneller – und vor allem die Taktik spielt eine viel größere Rolle.