Sport/Fußball

Bewährtes und Begehrtes im Team

Vielleicht ist Marcel Koller ein konservativer Mensch. Vielleicht fehlt ihm auch der Wagemut für Experimente. Vielleicht ist aber auch Vertrauen eine jener Tugenden, die den Schweizer auszeichnen.

Jedenfalls vertraut der Teamchef der österreichischen Auswahl auch für das Länderspiel gegen Uruguay am 5. März in Klagenfurt jenen Spielern, auf die er ohnehin schon in den letzten zwei Jahren setzt. Von personellen Veränderungen somit kaum eine Spur.

Freilich erntet er in einzelnen Fällen auch Kritik, wenn ein Hinterseer im Frühjahr noch nicht getroffen hat, ein Klein in Salzburg keine Rolle spielt oder Pogatetz in Nürnberg kaum noch ein Leiberl hat und zudem im Team zuletzt immer wieder fehlerhaft agierte. Oder, dass Robert Almer beim Abstiegskandidaten Cottbus in der zweiten deutschen Liga zuletzt wegen einer Verletzung pausieren musste.

Verschworene Einheit

Koller akzeptiert die Kritik und führt einige Argumente in eigener Sache ins Treffen, was ihn von seinem Vorgänger unterscheidet. "Robert hat sich im Team nichts zu schulden kommen lassen, auch gegen die USA zuletzt sehr gut gehalten. Ich sehe keine Veranlassung, etwas zu ändern. Er war vor Kurzem verletzt, hat dadurch nicht spielen können. Jetzt ist er aber wieder fit."

In Cottbus halten manche Almer aber nicht für den erhofften Rückhalt, den man für den Klassenerhalt benötigt. Beim vor Kurzem entlassenen Trainer Schmidt verlor er jedenfalls den Stammplatz, unter dem neuen Coach Böhme versucht Almer erneut sein Glück.

Nein, das Team unter Kollers Führung sei keine "geschlossene Gesellschaft", in die kein Neuer hinein schnuppern dürfe. Allein vor den Testländerspielen bleibe nicht viel Zeit zum Trainieren, um Neulinge zu integrieren. "Wir haben in zwei Jahren eine Gruppe kreiert, von der wir das Gefühl haben, dass wir mit ihr am weitesten kommen." Der Stamm ist jedenfalls gebildet, ob ein Ast neue Triebe bekommt, hängt vor allem davon ab, ob sich ein neuer Spieler mit anhaltender Hochform aufdrängt. "Wenn ich eine Idee vermitteln will, dann ist es schwer, einem Spieler an nur einem Tag etwas zu vermitteln, was andere schon seit zwei Jahren hören."

Vielleicht ist ja Ende Mai die Gelegenheit für Rotationen im Personal, wenn rund um die zwei Länderspiele am 30. Mai gegen Island in Innsbruck und am 3. Juni gegen Tschechien in Olmütz mehr Zeit zum Einstudieren bleibt. "Da könnte es schon sein, dass wir etwas Neues testen." Rechtzeitig noch vor Anpfiff der EM-Qualifikation am 8. September daheim gegen Schweden.

Bis dahin sollte auch Marc Janko, derzeit Österreichs einziger Stürmer mit erprobtem internationalen Format, mehr Spielpraxis gesammelt haben. Entweder bei seinem Klub Trabzonspor, oder bei einem neuen Klub, sollte im Sommer ein Transfer gelingen. Auch Kapitän Christian Fuchs hofft bei Schalke auf mehr Einsatz-Minuten. Im Team ist er als Kapitän bei Marcel Koller gesetzt, auch wenn ihm Suttner (vor allem in der Meistersaison der Austria) und jetzt der Salzburger Ulmer zur Konkurrenz wurden. Ulmer steht jedoch nicht im Teamkader.

Im Blickpunkt

Unter Beobachtung stehen dafür die Innenverteidiger Dragovic und Hinteregger. Kiew-Legionär Dragovic wird von der spanischen Sport-Tageszeitung Sport als einer von fünf Kandidaten (neben Musacchio, Mangala, Laporte und Gouweleeuw) beim FC Barcelona gehandelt, wo Urgestein Puyol im Sommer in Pension gehen soll und vielleicht endlich Zeit für einen Friseurbesuch hat.

Salzburgs Hinteregger, für den sich im Herbst schon Juventus Turin interessiert haben soll, steht laut englischen Medien ebenso wie Klubkollege Kampl im Fokus beim FC Liverpool.

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Tor (3): Robert Almer (Energie Cottbus/GER, 13 Länderspiele), Heinz Lindner (Austria Wien, 5), Ramazan Özcan (FC Ingolstadt/GER, 1)

Verteidigung (9): Aleksandar Dragovic (Dynamo Kiew/UKR, 27 Länderspiele/0 Tore), Christian Fuchs (Schalke 04/GER, 60/1), György Garics (FC Bologna/ITA, 38/2), Martin Hinteregger (Red Bull Salzburg, 1/0), Florian Klein (Red Bull Salzburg, 17/0), Emanuel Pogatetz (1. FC Nürnberg/GER, 60/2), Sebastian Prödl (Werder Bremen/GER, 44/4), Markus Suttner (Austria Wien, 10/0)

Mittelfeld (8): David Alaba (Bayern München/GER, 31/6), Marko Arnautovic (Stoke City/ENG, 32/7), Guido Burgstaller (Rapid Wien, 7/0), Martin Harnik (VfB Stuttgart/GER, 42/10), Andreas Ivanschitz (UD Levante/ESP, 66/12), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/GER, 29/4), Veli Kavlak (Besiktas Istanbul/TUR, 29/1), Christoph Leitgeb (Red Bull Salzburg, 36/0), Marcel Sabitzer (Rapid Wien, 3/0)

Sturm (3): Marc Janko (Trabzonspor/TUR, 37/16), Andreas Weimann (Aston Villa/ENG, 10/0), Lukas Hinterseer (Wacker Innsbruck, 1/0)

Auf Abruf (10): Thomas Gebauer (SV Ried, 0) - Manuel Ortlechner (Austria Wien, 9/0), Christopher Trimmel (Rapid Wien, 3/0), Andreas Ulmer (Red Bull Salzburg, 2/0), Kevin Wimmer (1. FC Köln/GER, 1/0) - Stefan Ilsanker (Red Bull Salzburg, 0), Jakob Jantscher (NEC Nijmegen/NED, 16/1) - Philipp Hosiner (Austria Wien, 5/2), Philipp Zulechner (SC Freiburg/GER, 1/0), Robert Zulj (Red Bull Salzburg, 0)

Alle kommen. Weil sie für die bevorstehende WM proben. Forlan, Cavani, Suarez. Uruguay reist mit seinen Superstars an den Wörthersee zum Test gegen Österreich. "Ich bin froh darüber", erklärte Marcel Koller. Weil der Test damit an Bedeutung gewinnt, weil der Gegner dadurch eine härtere Nuss als ohnehin wird. Und weil das Stadion vielleicht voll wird. Derzeit sind 15.000 Tickets verkauft.

Koller, derzeit Werbe-Testimonial bei zwei tipp3-Spots, möchte gegen Uruguay eine Fortsetzung von dem sehen, was im November beim 1:0 über die USA gut funktioniert hat. "Wir wollen nach vorne spielen, wenn nötig aber auch zurückziehen, die Räume eng machen und bei Ballgewinn schnell nach vorne kommen." Klingt einfach, ist es aber nicht gegen den zweifachen Weltmeister.

Die Chancen auf eine Teilnahme bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich stehen gut wie nie, wurde doch das Starterfeld von 16 auf 24 Teams aufgestockt. Die Kritik der großen Nationen wie Deutschland, dass die Endrunde dadurch von der Qualität her verwässert wird, kann Koller nicht nachvollziehen. "Wenn man immer bei den Turnieren dabei ist, kann man das leicht behaupten, weil Deutschland sich ohnehin wieder qualifiziert. Aber für die kleineren Nationen ist das gut. Für uns ist der Modus besser."