Marcel Koller: Der Tag der Entscheidung
Keine zwei Jahre ist es her, da vermeldete der ÖFB ein historisches Hoch: Am 5. November 2015 schien Österreich in der Weltrangliste als Zehnter erstmals in den Top 10 auf. Umso bedenklicher ist die Meldung, die am Donnerstag eintrudelte.
Platz 57.
Das sitzt. Um gleich 20 Plätze rutschte das rot-weiß-rote Team im Vergleich vom letzten Ranking ab. Erstmals seit Oktober 2013 (53.) ist man aus den Top 50 gefallen. Das ist das Resultat aus zuletzt nur einem Punkt aus den beiden Länderspielen gegen Wales und Georgien. Schlechter platziert war das ÖFB-Team zuletzt im Juni 2013 als 76. gewesen.
Freilich, Platz zehn war angesichts der Größe und des Stellenwerts des Fußballs im Land ein Höchstwert, bei dem man davon ausgehen musste, dass man ihn ohnehin nicht dauerhaft wird beibehalten können. Aber: "Die große Vision war, den österreichischen Fußball unter die Top 30 der Welt zu bringen", sagte ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner im Dezember 2015 in einem KURIER-Interview. Braucht es nun eine neue Vision? Oder nur einen neuen Anlauf? Braucht es neue Gesichter? Neue Besen, die besser kehren nach so vielen Jahren?
Verschlossene Türen
Diese und noch mehr Fragen werden heute in Gmunden hinter verschlossenen Türen gestellt werden. Beim Hois’n Wirt am schönen Traunsee hält das Präsidium des ÖFB eine Sitzung ab, der inklusive nicht stimmberechtigter Mitglieder 18 Personen (siehe Grafik) beiwohnen werden.
Dem Vernehmen nach will Koller seinen Vertrag erfüllen und bereitet sich bereits auf die Gegner Serbien (6. Oktober) und Moldawien (9. Oktober) vor.
Will man angesichts der Negativ-Entwicklung beim Nationalteam – in den jüngsten 15 Länderspielen gab es für Kollers Team nur drei Siege – keine Zeit verlieren und schon im Oktober einem neuen Mann die Chance geben, seine Weichen zu stellen, muss man schnell handeln.
Wahrscheinlicher ist aber, dass man sich bis November Zeit lässt. Da wird es – während die Zweitplatzierten im Play-off für die WM antreten – für das Team ein Trainingslager mit abschließendem Testspiel geben.
Aber auch noch eine zweite Frage wird heute am Traunsee gestellt werden. Und zwar jene, ob das durchaus konkurrenzfähige Team einzig und alleine einen neuen Trainer benötigt, um wieder auf die Siegerstraße einzubiegen. Oder braucht es auch einen neuen Strategen im Hintergrund, der für den nötigen Elan sorgen könnte? "Aus meiner Sicht nicht", sagte ÖFB-Präsident Leo Windtner vorige Woche auf die Frage nach Willi Ruttensteiner. "Aber ich will dem Präsidium nicht vorgreifen."
Nicht einstimmig
Schon im Vorjahr – als der Vertrag des Oberösterreichers zuletzt verlängert wurde – sollen angeblich nicht alle Präsidiumsmitglieder für einen Verbleib des 54-jährigen gestimmt haben.
Ruttensteiner, der seit 1999 beim ÖFB ist, wird vorbereitet sein und seine Pfründe zu verteidigen wissen.
Er wird ins Treffen führen, dass man sich unter dem von ihm auserwählten Marcel Koller erstmals seit 18 Jahren sportlich für eine Endrunde qualifizieren konnte. Auch Platz drei der Frauen bei der EM im Juli in den Niederlanden wird sich der Sportdirektor auf seine Fahnen heften.
Spannung ist garantiert. Der ÖFB wird sich nach der Sitzung am Freitagabend öffentlich äußern.