Sport/Fußball

Janko: "Koller garantiert dauerhafte Entwicklung"

Marc Janko ist sozial bestens vernetzt. Gleich, ob auf Facebook oder Twitter, Österreichs Teamstürmer, der von Kollegen früher Django gerufen wurde, teilt mit schnellen Fingern mit, was er denkt. So auch im Fall Marcel Koller, als die Zukunft des Teamchefs noch ungewiss war. Da hatte Janko klar und deutlich ausgesprochen, was seine Kollegen ebenso dachten und sich wünschten: Er möge ihnen erhalten bleiben, der Schweizer.

Jetzt haben sie ihn tatsächlich mindestens noch eine Qualifikation lang, diesmal für die EM 2016 in Frankreich, an der erstmals 24 Länder teilnehmen dürfen. Die Ehe zwischen Kickern und Trainer wird fortgesetzt, die Flitterwochen führten sie nach Alicante (Spanien), wo man sich auf das Spiel gegen die USA am Dienstag in Wien vorbereitete.

KURIER: Wie war die Stimmung im spanischen Trainingslager mit dem Wunsch-Teamchef?

Marc Janko: Sehr gut. Bei allen war die Freude offensichtlich, dass Marcel Koller geblieben ist. Alle sind mit Freude ins Camp eingerückt, jeder hat Spaß, wenn er zur Nationalmannschaft kommt. Aber Urlaubsstimmung ist deswegen nicht aufgekommen.

Die Spieler haben sich für Koller eingesetzt und ihn bekommen. Jetzt steht das Team umso mehr in der Verantwortung, Resultate zu liefern. Sehen Sie das ebenfalls so?

Wir Spieler stehen doch immer in der Verantwortung. Wir haben uns für ihn eingesetzt, weil wir das Gefühl hatten, dass einiges weitergegangen ist in den letzten zwei Jahren. Und Koller garantiert eine dauerhafte Entwicklung. Mit einem neuen Teamchef wären wieder neue Vorstellungen gekommen – und Umbrüche. Dafür haben wir nicht die Zeit. Wir müssen im Team die aufgebauten Automatismen immer wieder pflegen und die Defizite bearbeiten.

Worin sehen Sie die Defizite des Teams?

Das besprechen wir lieber intern. Aber offensichtlich war zuletzt, dass die Chancenauswertung zu verbessern ist. Wir müssen kompakter agieren, länger in Ballbesitz sein und vor allem im Drittel vor dem gegnerischen Tor den Gegner besser festhalten und beschäftigen, sprich, in der Offensive mehr Druck erzeugen.

Haben die Spieler bei diesen taktischen Dingen bei Marcel Koller ein Mitspracherecht?

Ja, wir tauschen uns aus, der Teamchef hört uns dabei zu. Er fragt uns, was wir von diversen Vorschlägen halten. Die Entscheidung liegt aber natürlich bei ihm.

Zuletzt haben die Spieler aber selbst etwas in die Hand genommen – zumindest Zettel und Kugelschreiber für einen offenen Brief, der gegen die Tageszeitung „Österreich“ gerichtet war. Wieso kam es zu dieser einzigartigen Aktion?

Der Brief ist doch selbstredend. Wir haben ihn verfasst, wir haben unsere Gründe. Wir Nationalspieler wollen dazu aber nichts mehr sagen.

Zu Beginn der Amtszeit von Koller sprach man von einem Pflänzchen, das wachsen sollte. Ist daraus eine echte Pflanze geworden?

Ich denke schon. Fast überall stellt sich Erfolg ein, wenn man auf Konstanz setzt. Wir haben uns zwar nicht qualifiziert für die WM, aber dennoch stimmt die Entwicklung. Ich glaube, die Fans können sich mit uns schön langsam identifizieren.

Ist die Teilnahme an der EM 2016 Pflicht?

Wir wollen uns ohne Wenn und Aber qualifizieren, auch weil der Modus leichter ist als in der Vergangenheit. Aber ich will da nicht von Pflicht oder Kür sprechen.

Wie geht es mit Ihnen persönlich weiter? Bei Trabzonspor sind Sie nach wie vor nur ein Teilzeit-Stürmer.

Die Situation taugt mir natürlich nicht, da gibt es nichts schönzureden. Der Trainer hat im Sommer eine Mannschaft gefunden, die gut gespielt hat. Er hat wenig Grund zu Änderungen. Der Stürmer, der mir vorgezogen wird, trifft. Für mich ist das nicht gut.

Was wollen Sie tun?

Ich schaue mich natürlich um. Denn wenn es so weitergeht, ist das sicherlich nicht befriedigend.

Ohne Spielpraxis werden Sie vor allem auch im Team dauerhaft keine Rolle spielen, oder?

Nein, dieses Argument kann ich nicht gelten lassen. Ich habe in den letzten beiden Teamspielen gezeigt, dass es auch ohne Spielpraxis geht. Es geht um die Leistung, die in dem jeweiligen Spiel erbracht wird.

Ihre Karriere verlief bisher wie im Bilderbuch.

Absolut, bis zu diesem Einschnitt jetzt in der Türkei. Das ist eine Station, bei der es nicht weiter nach oben gegangen ist.

Fühlen Sie sich dennoch privilegiert? Sie verdienen sehr gut, haben durchwegs bei guten Vereinen gespielt.

Ja, ich bin sehr dankbar, dass ich solch ein Leben führen darf. Dieses Privileg hätten sicher gerne Millionen von Menschen. Und genau deshalb bleibe ich auch ruhiger und gelassener in Momenten, in denen es nicht so läuft – so wie aktuell in der Türkei.

Das klingt demütig.

Das hat sicher mit Demut zu tun. Ich weiß sehr wohl zu schätzen, was mir mein Leben beschert hat.