Sport/Fußball

Löw unter Druck: Deutschland droht Nations-League-Abstieg

Der deutsche WM-Albtraum geht weiter. Die 0:3-Abfuhr am Samstagabend beim Erzrivalen Niederlande war nach dem zarten Hoffnungsschimmer beim Neustart im September der nächste Tiefpunkt nach dem historischen Sommer-Desaster bei der Endrunde in Russland. Der Weltmeister von 2014 steckt damit in der Nations League tief im Abstiegskampf.

Ein verstört und angeschlagen wirkender Joachim Löw sprach nach dem Match in Amsterdam von einer "sehr brutalen Niederlage". Sie wird neue Diskussionen aufwerfen, ob der Langzeit-Bundestrainer noch der richtige Mann für den Neuaufbau ist. "Dass in der Öffentlichkeit debattiert wird, ist normal. Dafür habe ich Verständnis. Aber es ist nicht meine Aufgabe, mich darum zu kümmern", sagte Löw zu seiner Zukunft.

Der 58-Jährige richtete den Blick lieber auf die kommende Aufgabe am Dienstagabend (20.45 Uhr/ARD) in Paris, wo der Weltmeister wartet. "Wir Trainer müssen die richtigen Schlüsse ziehen für das Spiel gegen Frankreich. Wir müssen in Paris als Mannschaft - und auch jeder Einzelne - Charakter zeigen", forderte Löw, der um die neue Krisenlage weiß: "Wir müssen möglichst einen Punkt machen und zuhause gegen die Niederlande gewinnen. Dann haben wir noch irgendwie eine Chance. Wenn wir das nicht tun, steigen wir in der Tat ab."

Rekordpleite

Das 0:3 war die höchste deutsche Niederlage überhaupt gegen die Niederländer. Es war - neben einem 0:3 gegen Tschechien im Jahr 2007 - Löws schlimmstes Ergebnis als Bundestrainer. "Was nicht passieren darf, ist, dass wir die letzten zehn Minuten so auseinanderfallen", kritisierte der ehemalige Tirol- und Austria-Wien-Coach. Nach dem 0:1 durch Virgil van Dijk (30.) legten der herausragende Memphis Depay (87.) und Georginio Wijnaldum (93.) in der Endphase noch zwei Tore nach.

Löws konsequentes Festhalten an der Weltmeister-Achse von 2014 wird nun wieder hinterfragt werden. Er verteidigte seinen Kurs zum wiederholten Male: "Wir dürfen nicht von den jungen Spielern, die 20, 21, 22 Jahre alt sind, Wunderdinge erwarten." Ein Dauerproblem bleibt die Chancenverwertung. Dem deutschen Spiel fehlen Tempo, Leichtigkeit, auch Geschlossenheit als Team. "Schönreden bringt jetzt nichts mehr. Es ist jetzt nicht so, dass das irgendwie Zufall ist. Immer Pech ist kein Zufall", betonte Bayern-Profi Joshua Kimmich.

"Es hilft uns nichts, im Negativen rumzudümpeln", meinte hingegen Kapitän Manuel Neuer, der im Tor diesmal nicht die gewohnte Sicherheit ausgestrahlt und vor dem 0:1 beim Herauskommen zu zögerlich agiert hatte. "Wir müssen nach vorne schauen und versuchen, unser Bestes zu geben, jeder Einzelne und als Mannschaft in Paris."

DFB schweigt

Der deutsche Verbandspräsident Reinhard Grindel und Teammanager Oliver Bierhoff äußerten sich nach dem Spiel nicht. Dafür stellten sich die Verlierer und sprachen die Situation deutlich an. "So können wir nicht weitermachen. Es fehlen die Ideen, mal was Überraschendes zu machen. Risikobereitschaft", gab etwa Julian Draxler zu Protokoll. Der Profi von Paris Saint-Germain fürchtet Schlimmes in seiner Wahlheimat: "Frankreich ist noch stärker als Holland, das steht fest. Sie sind Weltmeister, spielen zu Hause, haben richtig Bock, gegen uns zu zocken."

Bayern-Verteidiger Mats Hummels, der wie sein Clubkollege Neuer die frühere Souveränität vermissen ließ, klammert sich beim Kampf gegen den Abstieg in die zweite Liga der Nations League an das Prinzip Hoffnung: "Klar, um sicher zu sein, brauchen wir zwei Siege. Deshalb müssen wir in Frankreich gewinnen - ohne Wenn und Aber."