Sport/Fußball

Fußball-Bundesliga: Die gefährliche Route zum ersten Geisterspiel

Die Fragen wurden nach der Videokonferenz der Bundesliga nicht weniger. Im Gegenteil. Ist der Wunsch, die Saison sportlich zu Ende zu bringen auch wirklich realistisch? 

Bis zum Freitag, den 24. April, soll es zumindest einen klaren Fahrplan geben. Ein KURIER-Überblick:

  • Wann will die Bundesliga wieder spielen?

Der Plan ist, in einem Monat zu starten und mit zwei Runden pro Woche die Saison bis 30. Juni abzuschließen. Alle Partien sind als Geisterspiele (im jeweiligen Heimstadion) vorgesehen, das erste wäre das Cupfinale von Salzburg gegen Zweitligist Austria Lustenau in Klagenfurt. „Ich sehe es als realistisch, dass wir Mitte Mai wieder spielen“, meint Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer.

Skeptisch zeigten sich der LASK und WSG Tirol. Einige Vereine wollen nach bereits fünf Wochen Pause  eine längere Vorbereitungszeit, um das Verletzungsrisiko zu verkleinern.

  • Warum diese Eile? Die UEFA will doch Ligaspiele bis Anfang August erlauben.

Spielerverträge gelten in Österreich zwar bis zum Saisonende, das aber spätestens mit Ende Juni festgesetzt ist. Falls das Coronavirus für weitere Verzögerung sorgt, gibt es aber noch einen Notfallplan: Das ÖFB-Präsidium kann einen neuen Fußballkalender beschließen und Spiele bis in den Hochsommer ermöglichen.

„Ich plädiere für Qualität vor Geschwindigkeit. Auch international wird der Juli für die Ligen genutzt werden“, sagt Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek. Kommende Woche stehen wieder zwei UEFA-Konferenzen zu den weiteren Terminplänen auf dem Programm.

  • Dürfen die Profis überhaupt richtig trainieren?

Am Montag wird die genaue Verordnung der Regierung erwartet. Tags darauf starten die Vereine mit Training in Kleingruppen. Wann Mannschaftstraining mit Körperkontakt erlaubt wird, ist freilich noch nicht klar. „Da müssen wir auch abwarten, ob und wie die Aktiven auf Corona getestet werden müssten“, erklärt Ebenbauer.

  • Gibt es genug Corona-Tests für Fußballer?

Das ist eine der offenen Fragen. „Fußball hat nicht Vorrang. Wenn die Testkapazitäten im Mai fehlen, kann der Ball nicht rollen“, betont Ebenbauer. Insgesamt würden die nötigen Tests mehr als eine Million Euro kosten. Pro Geisterspiel wird mit 161 Personen im Stadion gerechnet, die getestet werden müssten.

  • Zahlt sich das ohne Zuschauereinnahmen überhaupt noch aus?

In der obersten Spielklasse schon. Es stehen  Zahlungen von TV-Partner Sky aus und bei einem Abbruch könnten Sponsoren Gelder einbehalten oder zurückfordern. Austria-Geschäftsführer  Markus Kraetschmer formulierte im Anschluss an die Ligasitzung klar:  „Es geht um die Existenz des Klubs, Geisterspiele sind daher absolut notwendig.“

  • Am Ende wird es Verlierer geben. Wer hat den Schwarzen Peter?

Das steht noch nicht fest. Fix ist, dass – wie im Kartenspiel – versucht wird, den Schwarzen Peter möglichst lange weiterzugeben. Die Regierung hat durch Sportminister Kogler verkündet, dass Geisterspiele unter Auflagen erlaubt werden. Für die Tests muss aber die Bundesliga sorgen und bezahlen. Der ÖFB hat die Saisonen im Amateurfußball abgebrochen, lässt aber offen, wie es mit den Amateuren weitergeht, die auch in der 2. Liga engagiert sind. Die Bundesliga will die 2. Liga – noch – nicht abbrechen und lässt erheben, was die Weiterführung mit Geisterspielen kosten würde. 

  • Wird die 2. Liga abgebrochen werden?

Das ist wahrscheinlich, weil es kaum TV-Gelder zu verdienen gibt, aber die Kosten für die Corona-Tests für die kleinen Vereine kaum zu stemmen sein werden. Stefan Reiter sagt als Manager von BW Linz zum Abbruch: „Ein Großteil der Vereine aus der 2. Liga steht da aus gesundheitlichen und wirtschaftlichen Gründen  dahinter.“

  • Was bedeutet das für  Auf- und Absteiger?

Für Ried sieht es als Tabellenführer der 2. Liga schlecht aus. Einen Aufsteiger kann es nur geben, wenn die Saison abgeschlossen wird. Der aktuell Letzte in der obersten Spielklasse – St. Pölten – ist  hingegen fast gerettet. Nur wenn in der 1. und in der 2. Liga die Saison fertiggespielt wird, muss der Letzte nach 32 Runden absteigen.

  • Was passiert, wenn die Saison zu einem späteren Zeitpunkt, zum Beispiel nach Runde 29, doch noch abgebrochen werden muss?

Das ÖFB-Rechtsgutachten durch Professor Karollus sieht vor, dass dann der Tabellenstand nach dem Grunddurchgang zählt. Für die Nennung der Europacupstarter würde also die aktuelle Tabelle nach Runde 22 gelten (es gibt aber weder Meister, noch Absteiger). Dieser Rechtsmeinung schließt sich  auch der studierte Jurist Ebenbauer an.

  • Rapid II, Sturm Amateure und Wels haben um eine Lizenz für die 2. Liga angesucht. Alles umsonst?

Es gibt in der 2. Liga  keine sportlichen Absteiger. Wenn Zweitligisten aufgrund der Coronakrise nicht mehr Profis beschäftigen wollen oder können, könnte es  außerordentliche Aufsteiger geben.

  • Der Abbruch im Amateurbereich betrifft Hunderte Vereine mit Aufstiegsambitionen. Drohen Klagen?

Ja. Siegendorf, der Spitzenreiter in Burgenlands Landesliga, kündigt rechtliche Schritte an. Auch der Wiener Traditionsverein Simmering  will den Beschluss prüfen lassen. Die Vienna, die nach dem Konkurs seit Jahren um die Rückkehr in die Regionalliga kämpft, stimmt hingegen dem ÖFB zu. Der souveräne Tabellenführer der Wiener Liga fällt um den Aufstieg um – außer es brechen  noch oberklassige Vereine weg.

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