Sport/Fußball

Kommunikationsberater Ecker: "Ich rate Alaba zur Vorsicht"

50 Tage vor Beginn der EM in Frankreich ist das Nationalteam dauerpräsent. Ein neuer Spot mit David Alaba da, ein aufwendiger Werbedreh mit Marko Arnautovic dort. Die Wirtschaft hat Österreichs Kicker als Werbeträger entdeckt. Warum eigentlich? Und kann die positive Stimmung auch wieder kippen? Kommunikationsberater Dietmar Ecker klärt auf.

KURIER: Vor zwei, drei Jahren war es noch undenkbar, dass große Firmen in Österreich mit Marko Arnautovic werben. Was ist da – neben der sportlichen Steigerung – noch passiert?

Alle Inhalte anzeigen
Dietmar Ecker:Diese Werbekampagnen erklären sich aus drei Punkten: Erstens geht es um den Nationalstolz, der durch die erstmalige sportliche Qualifikation für eine EURO verstärkt wurde. Zweitens steht Arnautovic jetzt für Erfolg, und der ist in unserem kapitalistischen System immer positiv besetzt und anziehend. Drittens verspricht dieser Fußballer Identifikation, er wirkt wie die Karotte vor der Nase. Da geht es um Psychologie.

Wie meinen Sie das?

Früher wurden Helden durch Kriege geschaffen, weil sie andere niedergemetzelt haben. Das ist jetzt anders. Ein Typ wie Arnautovic, der früher für verrückte Auto-Ausfahrten und zu wenig Kampfgeist gestanden ist, wurde zum braven Familienvater, der im Teamdress alles gibt. Dieser Bruch macht ihn sympathisch und zum guten Werbeträger.

David Alaba galt immer schon als guter Werbeträger. Mittlerweile werben fünf Marken mit ihm. Kann das zu viel werden?

Absolut, diese Gefahr sehe ich bei Alaba. Das ist gegen Ende seiner Karriere Michael Schumacher passiert. In der Branche nennt man das dann "der ist verbrannt".

Was passiert da genau?

Alaba, ein Migrantenkind mit schwarzer Hautfarbe, wird zum Weltstar – die perfekte Tellerwäscher-Geschichte aus Österreich. Da wird lange verdrängt, wie viel der Sportler mit Werbung verdient. Aber wenn die Präsenz zu stark wird, denken viele: "Das ist jetzt zu viel des Guten." Das kann schnell kippen. Ich würde Alaba zur Vorsicht raten.

Neben Alaba und Arnautovic gibt es aus dem Team nur noch Teamchef Koller als Werbestar. Warum werden nicht mehrere erfolgreiche Spieler gebucht?

Einerseits überrascht es mich, weil das Team noch mehr hergeben würde. Andererseits zeigt uns die "Córdoba-Generation", dass als breite Werbeträger damals auch nur Krankl und Prohaska übrig geblieben sind. Es wird immer stark eingeengt.

Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Ist Teamkapitän Christian Fuchs nicht telegen genug?

Fuchs funktioniert anders. Er kommt als gescheiter Kerl mehr über die PR als über die Werbung. Er hat eine spannende Geschichte mit seiner erfolgreichen Frau aus den USA und seinem Aufstieg zum Star in der Premier League. Aber er bleibt trotzdem stärker der Typ für die Sportseiten als für die Society-Berichterstattung.

Kann es mit dem Interesse aus der Werbung an den Kickern auch schnell wieder vorbei sein? Oder hat sich das Standing ohnehin schon so verbessert, dass es nicht nur um Erfolg geht?

Ja, die Fußballer nehmen heute schon eine andere Rolle ein. Es gibt ja kaum noch Helden in Österreich. Die Politiker kann man aktuell in dieser Hinsicht vergessen. Die großen Banker sind als Hohepriester des Kapitalismus seit der Weltwirtschaftskrise unten durch. Und die Liste der Kunst-Stars ist auch überschaubar. Die Kicker sind also durchaus mit den wenigen verbliebenen Skistars vergleichbar. Sie sind in Österreich Identifikationsfiguren. Trotzdem müssen sie aufpassen.

Worauf?

Auf Brüche in der Identifikationslinie. Das französische Nationalteam hat das einmal vorgezeigt: schlecht spielen, streiten und Sexskandale – das wird dann nicht mehr verziehen, das ist zu viel. Die Erwartungshaltung in Österreich vor der EM gleicht einem vorweihnachtlichen Gefühl. Wenn das enttäuscht wird, etwa durch zu wenig Einsatz oder Streitereien, kann die Stimmung schnell kippen. Leistung und Wille müssen heute in unserer Gesellschaft unbedingt vermittelt werden.

Könnten österreichische Firmen auch mit Superstars wie Ronaldo oder Messi in einem klassischen TV-Spot werben?

Keine Chance. Einerseits ist es zu teuer, andererseits ist der Markt regional zu beschränkt, um das extreme Investment wieder reinzubekommen. Nur Red Bull könnte als globale Marke mitmischen, aber dieser Konzern verfolgt ohnehin andere Werbe-Strategien.