Jürgen Macho: "Für AEK Athen ist Meisterschaft wichtiger"
Die Wiener Austria gastiert heute (21.05 Uhr/live Sky Austria) in Athen bei AEK. Dort, wo der Rapidler Jürgen Macho von 2007 bis 2009 das Tor gehütet hat.
KURIER: Herr Macho, wie war Ihre Zeit in Athen?
Jürgen Macho: Sehr schön. Der Wechsel ist damals überraschend zustande gekommen, ein Jahr vor der Heim-EURO 2008. Ich wollte das Turnier nicht aufs Spiel setzen, brauchte Spielpraxis. Zwei Stunden vor Transferende bin ich bei AEK gelandet.
Die nötige Spielpraxis haben Sie dann erhalten.
Wobei zu Beginn nicht fix war, dass ich spiele. Aufgrund von Waldbränden hat die Liga eine Woche später begonnen, davor gab es ein Match in der Europa League. Ausgerechnet gegen Red Bull Salzburg. Der Trainer hat mir vom ersten Tag an das Gefühl gegeben, dass er mich als Nummer eins geholt hatte.
Was blieb Ihnen besonders in Erinnerung?
Der Respekt. Den haben mir die Griechen sofort entgegengebracht, den habe ich mir mit Leistungen auch erhalten müssen. Ich mag die Griechen und deren Mentalität. Heute noch komme ich zwei, drei Mal pro Jahr nach Athen, habe dort einige Freunde, fühle mich immer noch sehr wohl.
Wie lebte es sich in Athen?
Man darf nicht vergessen, dass es die Zeit vor der Krise war. Damals hat alles gepasst. Das Leben, das Sportliche, das Finanzielle, auch wenn es immer wieder Verzögerungen bei Auszahlungen gab. Aber das gehört eben dazu. Wenn man in den griechischen Fußball kommt, dann muss man sich mit einigen Dingen anfreunden. Mit der großen Leidenschaft, die oft über die Grenzen hinaus geht. Wenn die Fans in Griechenland merken, dass du dich anpassen willst, dass du Leistung bringst und nicht nur dein Geld abholst und wieder gehst, dann bringen sie dir viel Respekt entgegen.
Alles in allem klingt das nach einem idealen Schritt, den Sie gemacht haben?
Die Liga war damals stark, mein Schritt nach Athen der richtige. AEK hat mir damals die Heim-EURO gerettet. Denn zu der Zeit spielte Alex Manninger in Siena ganz stark, und ich wusste, dass ich etwas unternehmen muss.
Und wie präsentiert sich Ihnen Athen heute?
Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Es ist heftig, was auf die Leute seit geraumer Zeit zukommt. Manche sind wirklich arm, für viele ist es ein Kampf ums Überleben. Seit Jahren schon. Normalerweise gehen die Griechen am Abend aus, sitzen in den Tavernen. Immer öfter wird jetzt daheim gegessen, weil es wieder Kürzungen gab. In Athen sind die Unterschiede extrem zu sehen.
Inwiefern?
Hier edle Boutiquen und Designer-Marken, ein paar Straßen weiter suchen Menschen im Müll nach Essen. Aber wenn die Griechen nichts mehr haben, den Fußball haben sie immer. Diese Leidenschaft wird ihnen auch immer bleiben. Wobei die Krise natürlich auch den Fußball erwischt hat.
Gab es brenzlige Situationen?
Ja, damit lernt man zu leben. Bei einem Spiel in Saloniki führten wir nach einer Viertelstunde 3:0. Als ich mich umdrehte, standen die gegnerischen Fans hinter meinem Tor. Umgekehrt haben wir ein Derby gegen Olympiakos 4:1 gewonnen. Bin ich in Athen, werde ich immer noch angesprochen.
AEK hat am Sonntag das Derby gewonnen. Am selben Abend wurde der Trainer von Olympiakos entlassen. Ganz normal?
Ach, das ist ganz normal für Griechenland. Damit muss man rechnen.
Ist die Rivalität zwischen AEK und Olympiakos größer als zwischen Austria und Rapid?
Absolut. Es ist in Athen eine ganz andere Rivalität. Es gibt die Meisterschaft, und dann gibt es die zwei Spiele gegen Olympiakos.
Was erwartet die Austria heute im Olympiastadion?
Sicher eine gute Stimmung nach dem Derby-Sieg. Aber für AEK ist die Meisterschaft wichtiger als die Europa League. Das könnte eine Chance für die Austria sein.