Im Schloss von Märchenonkel Blatter
Von Jürgen Preusser
Die Schwalbe des Stürmers war offensichtlich. Trotzdem bekam er den Elfer - und ich die Rote Karte. Kann ich zumindest darauf vertrauen, dass der Schiedsrichter einfach nur einen Fehler gemacht hat? Oder muss ich befürchten, dass der Fehlpfiff gezielt war, weil ich neulich einen seiner Kollegen kritisiert hatte?
Deutsche Schiedsrichter haben sich offenbar sowohl vom Deutschen Verband (DFB) als auch von der FIFA Honorare auf Auslandskonten in der Schweiz und in Liechtenstein überweisen lassen. Die Ermittlungen der süddeutschen Steuerbehörde gegen rund zwanzig Schiedsrichter sind voll im Gang.
Die Fahnder
Bei einer landesweiten Razzia wurden Unterlagen aus Wohnungen und Büros von Schiedsrichtern, aber auch aus der DFB-Zentrale beschlagnahmt. Ein Teil der sogenannten Unparteiischen soll bereits geständig sein. Es gehe um sechsstellige Beträge.
Ex-Schiedsrichter Manfred Amerell, 64, hatte den Steuerfahndern sechs Monate lang Informationen geliefert und so schließlich die Ermittlungen ausgelöst. Und was sagt der Weltverband? Nichts. "Scheinbar ist die FIFA nicht an ordentlichen Abwicklungen interessiert", wird ein Steuerfahnder in der Süddeutsche Zeitung und im Spiegel zitiert.
Der Wachhund
DFB-Präsident Theo Zwanziger wurde vor drei Monaten von FIFA-Chef Sepp Blatter als Wachhund in Sachen Ethik und Aufklärung engagiert. 2010 hatte er das Schiedsrichterwesen im DFB zur Chefsache erklärt. Die andere Sache hat er sicher nur übersehen, der große Aufklärer.
Ihm ist ja auch nicht aufgefallen, dass die FIFA die Vermarktungsrechte für die Fußball-WM bis 2022 an das Firmen-Konstrukt Match Hospitality vergeben hat, an dem Philippe Blatter zu fünf Prozent beteiligt ist. Der wiederum ist der Neffe des Präsidenten. Dabei geht es um 240 Millionen Euro. Der Zuschlag sei nach einer Branchenanalyse an den besten Anbieter erfolgt, heißt es offiziell.
Die Zukunft
Wie wahr! Bei der WM in Südafrika soll Match Hospitality einen Verlust von 38 Millionen Euro gebaut haben. Dadurch sollen viele Hoteliers in den Konkurs geschlittert sein.
Bei der WM in Brasilien 2014 wird alles besser - angeblich: Mehrheitseigentümer von Match Hospitality sind nämlich die beiden mexikanischen Brüder Jaime und Enrique Byrom, die schon Blatters Vorgänger João Havelange als Ticket-Verkäufer in die FIFA-Familie aufgenommen hatte.
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