Guardiola-Nostalgie in Barcelona
Zwei Themen beherrschen derzeit die Gespräche in Barcelona. Gibt es am Sonntag das Referendum über eine Unabhängigkeit von spanischen Zentralstaat? Und was ist los mit dem FC Barcelona? Das Selbstbewusstsein der Katalanen ist meist untrennbar verbunden mit dem Glanz des Barca-Spiels.
Besonders betroffen machen Niederlage gegen Real Madrid, wie die vor zehn Tagen. Während der Erzrivale als Klub des ehemaligen Diktators Franco galt, war in der Zeit der Diktatur der FC Barcelona die Verkörperung des Widerstandswillens der Katalanen. Im Stadion konnten sie ihre Sprache sprechen und mit einem Sieg die Machthaber im Lande zumindest sportlich ärgern.
Katalanen gestoppt
Am Dienstag stoppte das spanische Verfassungsgericht sogar eine unverbindliche Konsultation am Sonntag. Letzten Samstag stoppte gar der Klub Celta aus Vigo die Startruppe rund um Lionel Messi. Der FC Barcelona trat im Oktober der Plattform "Nationalpakt für das Selbstbestimmungsrecht Kataloniens" bei. Spaniens Liga-Präsident Javier Tebas hatte zuvor den katalonischen Klubs – allen voran den Erstligisten FC Barcelona und Espanyol Barcelona – für den Fall der Abspaltung ihrer Region mit dem Rauswurf aus der Primera Division gedroht.
Für das "Recht auf Abstimmung" sprachen sich nicht nur katalanische Politiker, Sänger und Schauspieler, sondern auch verschiedene Spitzensportler aus – darunter die Barça-Profis Gerard Piqué und Xavi, die NBA-Basketball-Stars Pau und Marc Gasol.
Stagnation
Fußballtrainer Josip Guardiola stammt aus Katalonien und präsentierte sich diesen Sommer auf Kundgebungen für eine Abstimmung für die katalonische Unabhängigkeit. Sein Nach-nach-nachfolger stammt nicht aus Katalonien, Luis Enrique wuchs in der Stadt Gijon in Asturien auf. Weil er zwischen 1996 und 2004 in 207 Spielen 73 Tore für den FC Barcelona erzielt hat, genießt er trotzdem hohes Ansehen in der katalanischen Hochburg. Noch. Denn die Barca-Fans sind erfolgsverwöhnt.
Weil es in der Champions League gegen Paris ein 2:3 gegeben hat, hält der Verein nun bei drei Saisonniederlagen. Seit 2002 hat man vor Allerheiligen nicht so oft verloren. Was zuletzt gegen Celta de Vigo aber besonders schwerwiegend war in den Augen der Fans und Beobachter: die Mannschaft hat schlecht gespielt. "Barca ohne Kompass", hieß es in einem Kommentar. Luis Enrique sollte bei der erfolgsverwöhnten Mannschaft für frischen Wind sorgen. Doch auch er kann bisher nicht den Eindruck vertreiben, dass nach dem Abgang von Pep Guardiola das Spiel des FC Barcelona bestenfalls stagniert. Das war ein Jahr unter Tito Vilanova so, ein Jahr unter Gerardo Martino und seit ein paar Monaten unter Luis Enrique. Daher haben die Fans nostalgische Erinnerungen an den derzeitigen Bayern-Trainer, da und dort hört man den Ruf nach einer Rückkehr von Guardiola.
Dabei hatte unter Luis Enrique alles so gut begonnen, in den ersten acht Runden gab es kein Gegentor. Zuletzt vier in zwei Spielen. Schuld daran sei die Rotation des Trainers – Luis Enrique ließ in den letzten neun Ligaspielen neun verschiedene Abwehrreihen spielen.
Der FC Bayern hat am Mittwoch (20.45 Uhr, live ZDF) die vorzeitige Qualifikation für das Achtelfinale im Visier. Mit einem Heimsieg gegen AS Roma hätte der deutsche Rekordmeister schon nach vier Partien den Aufstieg fixiert.
Das erste Duell der beiden Klubs endete vor zwei Wochen in Italien mit einem historischen 7:1 für die Bayern - einen ähnlichen Spaziergang werde es aber nicht mehr geben, warnte David Alaba: "Roma kommt, um Punkte mitzunehmen. Das ist eine sehr gute Mannschaft mit Spielern, die eine Partie alleine entscheiden können."
Angst vor den Bayern werden die Italiener trotz des Debakels in Rom aber nicht haben, prophezeite Alaba. "Nur Respekt. Aber den haben wir auch vor ihnen." Trotz aller Tiefstapelei liegt die Favoritenrolle klar bei den Deutschen, die in dieser Saison keines ihrer insgesamt 16 Spiele in Meisterschaft, Cup, Super-Cup und Champions League verloren haben. Ob die Bayern unschlagbar sind? "Unschlagbar ist so ein Wort", sinnierte Alaba. "Wenn wir einen guten Tag haben, ist es sicher nicht einfach, uns zu schlagen. Wir haben sehr viel Qualität in der Mannschaft und zeigen das auch", betonte der Dauerbrenner vor seinem bereits 39. Spiel in der Champions League. Wie Neuer, Lahm und Bernat war Alaba in allen 16 Pflichtspielen in dieser Saison dabei.
Ein Anreiz, jedes Spiel zu gewinnen, sei es aber. Das gelang den Münchnern in der Gruppenphase noch nie.
Ein besonderes Spiel könnte es für Thomas Müller werden, dem eine Bestmarke winkt. Der 25-Jährige hält in der CL-Torschützenliste der Bayern mit Mario Gomez mit je 23 Treffern die Spitzenposition. Mit seinem nächsten Tor wird Müller die alleinige Führung übernehmen.