Gerard Piqué: Fußballprofi und Geschäftsmodell
Fußballerisch hört man in diesen Wochen nicht viel von Gerard Piqué. Nächste Woche wird man allerdings von ihm mehr hören, denn er wird den Tennis-Davis-Cup revolutionieren.
Der 31-jährige Innenverteidiger des FC Barcelona hat nach der WM seine Karriere im spanischen Nationalteam für beendet erklärt. Der Katalane und das Team, das war ohnehin vor allem in den letzten Jahren kein spannungsfreies Thema. Spötteleien gegen den Erzrivalen Real Madrid waren das Harmloseste für die spanischen Fans. Die pfiffen ihn aus, weil er öffentlich für das katalanische Selbstbestimmungsrecht eintritt.
Auch sein Auftritt im Welttennis ist nicht unumstritten. Seine Agentur Kosmos zahlte drei Milliarden Dollar an den Welt-Tennisverband und sicherte sich damit für 25 Jahre die Rechte am Davis Cup. „Ein historischer Tag, einer der glücklichsten in meinem Leben“, jubelte er. Piqué will den 118 Jahre alten Wettbewerb komplett umkrempeln, in eine Art Tennis-WM. Nach einer Qualifikationsrunde soll es eine Endrunde mit 18 Nationen geben. Das hat er mit Rafael Nadal und Novak Djokovic so besprochen. Roger Federer hingegen reagierte recht sauer. „Der Davis Cup darf nicht zum Piqué-Cup werden“, sagte der Schweizer. Und: „Es ist schon komisch, einen Fußballer in unserer Tenniswelt zu haben.“
Streiterei
Hintergrund des Disputs ist eine wirtschaftliche Rivalität. Federer organisiert mit seiner Agentur Team8 den Laver Cup, also eine Konkurrenz zum Davis Cup. Dabei spielt ein Team aus Europa gegen ein Team aus dem Rest der Welt. Letztes Jahr war das Debüt, zwei Wochen nach den US Open und eine Woche nach dem Davis-Cup-Semifinale. Das ist genau der Termin, den Piqué wollte, weil die Stars signalisierten, dass sie im November endlich eine Pause einlegen wollen. Letztlich kommt noch die Spielergewerkschaft ATP ins Spiel, die im Jänner den World Team Cup wieder aufleben lassen will.
Piqué beweist im Leben und in Verhandlungen viel Standfestigkeit. Wenn er einmal umfällt, steht er schnell wieder auf.
Daran erinnert eine Anekdote von vor fast 20 Jahren. Sein Großvater war damals Vize-Präsident des FC Barcelona und hatte den damaligen Trainer Louis van Gaal zum Essen eingeladen. Der Enkel war aufgeregt. War der doch seit seiner Geburt als Mitglied beim FC Barcelona eingetragen und spielte mit seinen 13 Jahren im Nachwuchs des Klubs. Endlich wurde er vom Großvater vorgestellt: „Mein Enkel, Innenverteidiger im Nachwuchs von Barça.“ Da gab der niederländische Trainer dem Buben einen Schubser. Gerard fiel um. Und Louis van Gaal sagte: „Mit dieser Standfestigkeit wirst du nie Verteidiger bei Barça.“ Der Junge vergoss Tränen, verstand es aber als Ansporn. Piqué stand auf und wurde zu einem der besten Verteidiger der Welt.
Aber Piqué liebt das Spiel mit dem Feuer, das Pokern, das Verhandeln. Als habe er größte Lust, allen zu zeigen, was er schaffen kann. Egal, ob es gilt, japanische Wirtschaftsmagnaten zu überzeugen, oder Tennisfunktionäre, oder eine Sängerin von Weltformat, wie die um zehn Jahre ältere Kolumbianerin Shakira. Die beiden sind seit acht Jahren ein Paar, sie haben zwei Söhne, Milan und Sasha. Doch immer wieder gibt es Trennungsgerüchte. So auch diesen Sommer, nur weil die beiden ihre Villa in Miami zum Verkauf angeboten haben.
Offene Türen
Durch Shakira hat Piqué auch Zugang zu den reichsten Menschen der Welt. So lernte er den japanischen Internetmogul Hiroshi Mikitani kennen. Dessen Firma „Rakuten“ ist seit letztem Jahr Dressensponsor beim FC Barcelona. Die Idee dazu entstand 2015 bei einem Dinner in San Francisco und sichert dem Klub in vier Jahren 220 Millionen Euro. Dieser Deal bringt Piqué in die absolut geschützte Position. Er konnte es sich erlauben, über seine Agentur Kosmos – auch hier ist Mikitani dabei – eine Dokumentation drehen zu lassen, in der der wechselwillige Atletico-Star Antoine Griezmann dem FC Barcelona einen Korb gibt. „La decision“ heißt der Streifen – die Entscheidung.
Piqué hat nicht nur Charme. Auch ein helles Köpfchen wird ihm nachgesagt. Sein Intelligenzquotient soll im Bereich von 170 liegen. Er besuchte die beste Schule der Stadt Barcelona, La Salle Bonanova. Montserrat Bernabeu, seine Mutter, ist eine angesehene Gehirnchirurgin und Chefärztin.
Zwei Gesichter
Piqué gefällt sich manchmal als Parvenü. Als er aus dem Casino kam, stand ein Polizist bei seinem Auto. Piqué machte ihn so herunter, dass er 10.000 Euro Strafe zahlen musste. Wegen Beamtenbeleidigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Piqué kann aber auch der Mann von nebenan sein. So half er einem gestürzten Motorradfahrer, wartete mit ihm auf den Krankenwagen. Die Geschichte wurde bekannt, weil der Gestürzte ein Fan vom Stadtrivalen Espanyol war und sich via Medien entschuldigte, dass er Piqué immer ausgepfiffen habe.
Zuletzt fiel Piqué als Autofahrer auf. Er wurde von der Polizei angehalten. Schnell war klar, dass der Fußballstar keine Punkte mehr hatte und er eigentlich nicht hinter dem Steuer sitzen durfte. Piqué drohen Geldstrafe, Sozialstunden und sogar eine Gefängnisstrafe. Vielleicht droht ihm auch ein „Idiotentest“, um seinen Führerschein wieder zu bekommen. Intelligenzquotient hin oder her.