Sport/Fußball

Der Weltmeister trifft auf den Europameister

Wer Joachim Löw in den letzten Jahren so richtig auf den Nerv gehen wollte, der brauchte nur das leidige SP-Wort in den Mund nehmen. Kaum etwas konnte den deutschen Bundestrainer in seiner mittlerweile achtjährige Amtszeit mehr in Rage bringen als Fragen nach Spanien und einem Erfolgsrezept gegen den erklärten deutschen Angstgegner.

"Wie kann man gegen Spanien gewinnen. Oder: Was würden Sie heute anders machen", erinnert sich Löw im KURIER-Gespräch. "Diese Fragen nervten, weil ich sie in den vergangenen Jahren fast bei jedem Interview zu hören bekommen habe."

Spanien – das war lange Zeit das Trauma von Löw und seiner deutschen Nationalmannschaft. Zwei Mal fand die DFB-Elf in entscheidenden Partien in den Spaniern ihren Meister: 2008 im EM-Finale in Wien (0:1), zwei Jahre später dann im WM-Semifinale in Südafrika (0:1). "Dann hat’s immer geheißen: Tolles Turnier, aber was kann man gegen Spanien machen", sagt Löw.

Seit der letzten Niederlage gegen die Spanier hat sich einiges getan. Die Kräfteverhältnisse haben sich verschoben im Weltfußball, Spanien konnte zwar noch bei der EM 2012 triumphieren, bei der WM in Brasilien waren die Lichtgestalten der vergangenen Jahre aber nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und da Spanien bereits in der Vorrunde scheiterte, musste sich Löw auf dem Weg zum WM-Titel erst gar kein Erfolgsrezept überlegen.

Facelifting

Auf dem Papier treffen da also am Dienstag in Vigo der amtierende Europameister und der amtierende Weltmeister aufeinander (20.15 Uhr/live ARD). Auf dem Rasen freilich waren die Auftritte der beiden Würdenträger zuletzt weit weniger meisterlich. Die Deutschen plagten sich seit dem WM-Gewinn im Alltag und konnten seither nur zwei von fünf Spielen gewinnen, die Spanier wiederum leisteten sich in der EM-Qualifikation gegen die Slowakei einen Umfaller.

Nicht die einzige Parallele zwischen der Nummer eins (Deutschland) und der Nummer zehn der FIFA-Weltrangliste. Beide Teams wurden zuletzt einem Facelifting unterzogen: Bei den Spaniern traten nach der WM verdienstvolle Spieler (Xavi, Xabi Alonso) in den Ruhestand, bei den Deutschen musste Löw aufgrund von Rücktritten (Lahm, Mertesacker, Klose) und Verletzungen (Reus, Schweinsteiger, Hummels) sein WM-Team radikaler umbauen, als ihm lieb war. Dazu fehlen in Vigo, wo die Deutschen den ersten Sieg über Spanien seit 2000 anpeilen, auch noch Neuer und Boateng. Auch deshalb will Löw dieses Duell mit Spanien nicht überbewerten: "Das Spiel ist alles, nur keine Revanche für irgendein Spiel, was vielleicht 2008 oder 2010 verloren ging."