Sport/Fußball

Baumgartner: "Der Druck ist sehr groß"

Wie gut, dass an diesem Wochenende die Uhren um eine Stunde zurückgedreht werden. Denn laut Angaben der Austria-Führung ist es bei den Veilchen schon 5 vor 12. Eine Stunde mehr kann da hilfreich sein. Heute (18.30 Uhr) empfängt man Wr. Neustadt. Wehe, es gibt keinen Sieg. Das weiß auch Trainer Gerald Baumgartner.

KURIER: Drei Siege in den nächsten drei Spielen. Lassen Sie diese fordernde Rechnung zu?

Gerald Baumgartner: Brutal gesagt ist es auch so. Ich hoffe, dass das alle kapieren. Es ist mittlerweile 5 vor 12.

Was ist mit der Austria los?

Was ist los mit uns? Gute Frage. Der schlechte Start hängt uns nach. Zwischenzeitlich hatten wir ein kleines Hoch, und dann kam die Heimniederlage gegen den WAC. Jetzt müssen wir die kommenden zwei Heimspiele gewinnen.

Gibt es Momente der Verzweiflung bei Ihnen?

Es gibt natürlich einige schlaflose Nächte, der Druck ist riesengroß. Doch das stört mich nicht, ich bin ja schon seit vielen Jahren in der Spieler-Entwicklung tätig. Ich finde es extrem schade, wenn ein Spieler bei Austria Wien einen Trainer braucht, um Motivation zu finden. Die Raunzer-Mentalität habe ich ab und zu auch bemerkt.

Und damit haben Sie auch ein großes Problem.

Ja. Wenn man sich das normale Leben anschaut, dann sollte man wissen, wie gut es einem als Spieler von Austria Wien geht. Wenn man sich das ansieht, dann ist die Herumraunzerei, ob das Training jetzt so oder so gestaltet wird, völlig fehl am Platz. Wenn man Profi bei Austria ist und auf dem Platz seinen Beruf gut umsetzen kann – dann ist das doch das Geilste, was dir passieren kann, oder? Wenn man mit "normalen" Menschen spricht, dann verstehen die sicher nicht, dass ein Fußballprofi vielleicht nicht voll motiviert ist. Es reißt ihnen ja eh niemand den Kopf ab.

Ist die Mannschaft zu brav und verwöhnt? Haben Sie zu wenige dreckige Spieler im Kader?

Es liegt für mich eher daran, dass wir Probleme haben, in Führung zu gehen. Jedes Spiel ist bei uns eine knappe Sache. Es passieren zu viele Dinge, die uns nicht passieren dürften. Vielleicht haben wir zu viele ähnliche Spielertypen. Als Trainer musst du das ins Erfolgreiche steuern – gleich, wie die Charaktere nun sind. Ich kann von mir behaupten, dass ich mehr als 100 Prozent für den Verein gebe, mir Tag und Nacht Gedanken mache, wie wir die Jungs weiterbringen können. Ich wundere mich oft: Wie kann es sein, dass ein Profi, der unter der Woche sehr gut trainiert, am Wochenende nicht seine Normalform bringen kann. Man kann ja schlecht spielen, aber dann muss man sich voll reinhauen. Ich kann zu 100 Prozent sagen, dass nicht jeder Spieler in letzter Zeit begriffen hat, worum es geht.

Liegt es an der Mentalität?

Vielleicht. Als Austria-Spieler muss man das Potenzial haben, im Zweikampf zu bestehen. Der Druck ist jetzt groß, vielleicht hemmt das auch. Es fehlt nicht viel, aber jetzt müssen alle bereit sein, über die 100 Prozent hinaus zu gehen. Schauen wir auf die Tabelle: Wenn wir zwei, drei Siege feiern, dann geht es auch schnell bergauf in der Tabelle.

Sie sind mit einer klaren Philosophie angetreten: Offensiv-Pressing. Davon ist aber nicht viel zu sehen. Enttäuscht?

Wir haben aufgrund der Spielertypen erkannt, dass wir das dezenter handhaben müssen. Es bedarf auch eines hohen Fitness-Levels. Teilweise setzen wir das von selbst um.

Wir haben fast Ende Oktober. Sie haben sicher erwartet, dass die Austria zu diesem Zeitpunkt viel weiter ist.

Natürlich. Vieles war nicht vorhersehbar. Die Mannschaft trainiert gut. Aber Ergebnisse müssen her. Und wir müssen gegen Wr. Neustadt damit beginnen, Punkte nicht mehr liegen zu lassen. Da sind wir alle gemeinsam gefragt.