Sport/Fußball

Wenn in Basel die große Stunde schlägt

Es wird wohl noch eine Zeit lang dauern, bis der Schweizer Fußballer die Schweizer Uhr als begehrtesten Exportartikel des Landes abgelöst hat. Nicht einmal ein Einzug des FC Basel ins Endspiel der Europa League könnte an diesem Schweizer Ur-Zustand etwas ändern. Wer Schweiz hört, der denkt eben zuerst an Heidi und den Alpöhi, an Schokolade und Uhren, das Kick-Gewerbe steht zwangsläufig etwas im Abseits.

Das dürfte dieser Tage auch Aleksandar Dragovic und seinen Kollegen des FC Basel wieder bewusst geworden sein. Da absolviert der Klub ein Heimspiel im Europacup-Semifinale, obendrein gegen den amtierenden Champions-League-Sieger Chelsea, und trotzdem gibt’s in der Stadt augenscheinlich Wichtigeres als Fußball. Ja, ticken diese Basler nicht ganz richtig?

Uhrige Zuständ’

Zur Ehrenrettung sei erwähnt: Der lokale FCB steht zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in einem europäischen Semifinale, die Basel World, die renommierteste Uhrenmesse der Welt, findet hingegen seit 1917 statt, jedes Jahr in der letzten April-Woche. Und wenn dabei Hunderte Händler und 100.000 Besucher Uhrsachenforschung betreiben, dann ist es für die Fußballer höchste Zeit zu flüchten.

Weil seit Monaten in Basel und Umgebung alle Zimmer ausgebucht sind, verschlug es den FC Basel in den Kanton Aargau, an den idyllischen Hallwilersee. Der FC Chelsea hat ein weniger beschauliches Ausweichquartier gefunden. Die Superstars von Mäzen Roman Abramowitsch, dessen Vermögen (10,2 Milliarden Dollar) mittlerweile niedriger ist als die jährlichen Erlöse aus dem Schweizer Uhrenverkauf (21,4 Milliarden Franken), logieren im Kanton Solothurn, in einem Hotel am Autobahnkreuz Egerkingen, unweit eines Erotikshops und eines Swingerclubs.

Bettenmangel hin, Basel World her – so oder so gehen die Uhren anders beim FCB. Österreichische Vereine muss regelrecht der Neid fressen, wenn sie auf Basel blicken. Rapid, da hier im Stadtteil Sankt Jakob eben jenes moderne, schmucke Stadion zu finden ist, nach dem sie sich beim Rekordmeister so sehr sehnen; Red Bull Salzburg, da eben dieser FC Basel vorzeigt, was mit einem ähnlich hohen finanziellen Einsatz, aber einer durchdachten Klubphilosophie im Fußball möglich ist.

Wie der berühmtere Namenskollege aus München hat die Schweizer Variante des FCB noch die Chance auf den Titel-Hattrick. In der Liga liegt Basel voran, im Cup steht der Klub bereits im Endspiel, und im Europacup ist dem Bezwinger von Tottenham (Viertelfinale) und Zenit St. Petersburg (Achtelfinale) alles zuzutrauen. Selbst gegen den berühmten FC Chelsea, für den die Europa League die letzte Chance auf einen Titelgewinn in dieser Saison ist. „Man muss sich das einmal vorstellen“, sagt Kapitän Marco Streller und schüttelt den Kopf: „Wir können die Europa League gewinnen.“

Semifinal-Hinspiele

FC BaselFC Chelsea (Donnerstag, 21.05 Uhr, live ORF eins, SF2, Sky, kabel 1, SR Pavel Kralovec /Tch). Bei Basel ist Stürmer Alex Frei nicht mehr dabei: Der 34-Jährige hat seine Karriere nach dem Aufstieg ins Semifinale gegen Tottenham beendet und ist nun Sportdirektor in Luzern. Chelseas Fernando Torres spielt nach seinem Nasenbeinbruch mit Spezialmaske.

Fenerbahce IstanbulBenfica Lissabon

(Donnerstag, 21.05 Uhr, Sky, SR Milorad Mazic/Ser). Benfica muss seinen verletzten Abwehrchef Luisão vorgeben.

Rückspiele

2. Mai, 21.05 Uhr.

Finale

15. Mai in Amsterdam.