England schaut bei den Italienern ab
Verkehrte Fußball-Welt. England und Italien treffen am Sonntag in Kiew zum letzten Viertelfinale aufeinander und scheinen jeweils untypische Rollen einzunehmen. Nämlich italienischen Angriffsfußball und eine englische Defensivtaktik.
Die italienischen Trainer auf der Insel haben die Briten auf den defensiven Geschmack gebracht. Roberto Mancini, Meister mit Manchester City, und Roberto Di Matteo, Champions-League-Sieger mit Chelsea, gewannen die wichtigsten Titel. Außerdem hat der frühere Teamcoach Fabio Capello in seiner fünfjährigen Amtszeit ebenfalls seine defensiven Spuren hinterlassen.
Verteidigen gelernt
"Die Engländer spielen jetzt wie früher die Italiener", urteilt Juventus-Verteidiger Leonardo Bonucci. Sie seien in der Abwehr viel besser geworden. Gianfranco Zola, selbst ehemaliger Teamspieler der Azzurri, sowie Legionär und Trainer in England, stimmt dem zu: "Dank der italienischen Trainer haben die Engländer das Verteidigen gelernt."
Roy Hodgson, momentan der verantwortliche Coach für die englische Spielweise, will von all dem weniger wissen. Er stellt klar: "Ich brauche Capellos Ratschläge nicht, um Italien zu schlagen." Hodgson will es jedenfalls schaffen, nach 35 Jahren wieder bei einem großen Turnier die Italiener aus dem Bewerb zu boxen, um ins Halbfinale gegen Deutschland einzuziehen.
Nicht nur ein verstärktes Abwehrverhalten, auch der Teamgeist macht die Briten überaus optimistisch. Stürmerstar Wayne Rooney schwärmte beispielsweise von der "besten Stimmung innerhalb des Teams", an die er sich bei einem Turnier erinnern könne. Mit Hodgson würden sich die Spieler viel besser verstehen als mit Capello.
Und Torhüter Joe Hart lobt seinen Trainer und dessen "richtige Vorbereitungen und Taktiken. Wir wachsen mit jedem Spiel." Hart dürfte am Sonntag auf seinen Klubkollegen Mario Balotelli treffen. Der Legionär von Manchester City hat auf der Insel schon mit Eskapaden und Toren für Unterhaltung gesorgt.
Goldjunge
Nachdem der Stürmer zuletzt gegen Irland nur Ersatz war und als Joker ein Traumtor erzielt hat, dürfte Coach Cesare Prandelli am Sonntag wieder von Beginn an auf ihn zählen. Und das, obwohl der Egozentriker nach seinem Treffer in Richtung des Trainers pöbelte. "Tief in seinem Herzen ist Mario ein Goldjunge", meinte Prandelli gutmütig. Dass der Hochbegabte leicht reizbar ist, wissen die Briten aus der Premier League. "Es gibt zwei Marios", erzählte James Milner, ebenso Klubkollege von ManCity. Anstelle Balotellis wird wohl Antonio "Toto" di Natale auf die Bank müssen.
Prandelli dürfte auf sein gegen Irland erfolgreiches 4-3-1-2-System setzen. Dies ist in der Abwehr zwar nicht so sattelfest wie die 3-5-2-Variante, die er gegen Spanien und Kroatien aufgeboten hatte, dafür aber offensiv stärker. Für den verletzten Chiellini spielt Bonucci als Innenverteidiger.
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