Sport/Fußball

Bjelica: „Wir wollen Porto das Leben schwer machen“

Das Abenteuer kann beginnen. Auch für Trainer Nenad Bjelica ist die Champions League Neuland. Als Spieler absolvierte er Matches im UEFA- oder Cupsieger-Cup, war bei der EURO 2004 in Portugal für Kroatien dabei und durfte sich mit Frankreich und Zinedine Zidane messen. Aber mit der Königsklasse des europäischen Klubfußballs kam er noch nie direkt in Kontakt. Das ändert sich am Mittwoch um 20.45 Uhr.

KURIER: Wie groß ist die Vorfreude auf dieses neue Abenteuer Champions League?
Nenad Bjelica:
Die Vorfreude ist langsam größer geworden in den letzten Wochen. Du hörst dauernd von der Champions League, liest darüber. Im ganzen Verein ist sie präsent. Wir freuen uns sehr, dass wir unter den besten 32 Teams von Europa sind. Das ist toll für den österreichischen Fußball und natürlich auch für den Verein. Jetzt wollen wir Österreich so gut wie möglich vertreten.

Sie haben stets gesagt, die Spieler sollen die sechs Gruppenspiele genießen. Das wurde Ihnen von manchen kritisch ausgelegt.
Wie die Leute diese Worte interpretieren, das kann ich nicht beeinflussen. Ich meine damit, dass wir ohne Druck spielen können. Mit dem Einzug in die Gruppenphase haben wir unsere internationalen Ziele übertroffen. Was jetzt kommt, ist eine Belohnung, eine Draufgabe. Wir haben schon das erste Spiel gegen Dinamo in Zagreb genossen – und gewonnen. Das Rückspiel haben wir schon nicht mehr so genossen, da hatten wir Druck und dann Probleme. Ich meine mit genießen, dass wir unbekümmert spielen sollen, dann bringt man meistens gute Leistungen. Unter Druck ist es doch immer schwer, gut zu spielen. Wir werden auf alle Fälle in jedes der sechs Spiele gehen mit dem Wunsch, es auch zu gewinnen. Wir wollen allen drei Gegnern das Leben schwer machen, sie ärgern. Wir müssen den dritten Platz in der Gruppe nicht erreichen, aber möglich ist es.

Tatsächlich?
Es ist ein Traum. Es war auch ein Traum von uns, Zagreb auszuschalten. Und es ist uns gelungen. Natürlich sind die drei Gegner von der Qualität her noch eine Stufe über Zagreb zu stellen. Die haben Spieler in ihren Kadern, die sind 20, 30, 40 Millionen Euro wert. Aber es siegt nicht immer die Mannschaft mit dem höheren Marktwert. Vielleicht werden wir ja unterschätzt, das könnte unsere Chance sein. Rufen unsere Gegner 100 Prozent ab, dann wird es natürlich schwer. Die Auslosung ist für uns nicht schlecht, wir haben das letzte Spiel daheim im Dezember gegen Zenit St. Petersburg. Da sind die Russen am Ende ihrer langen Meisterschaft.

Ist die Gruppenphase für alle Austrianer nicht eher ein wichtiger Lernprozess?
Auch, weil wir uns alle weiterentwickeln wollen. Nach ein, zwei Spielen werden wir sehen, wie weit wir schon sind, wie groß der Abstand ist, was für uns in der Gruppe möglich ist.

Was bedeutet die Königsklasse für Sie persönlich?
Es macht mir eine große Freude, quasi zu den besten 32 Trainer Europas zu zählen. Zumindest jetzt. Ich arbeite schon seit sechs Jahren als Coach und habe mir nicht gedacht, dass es so schnell geht. Das hat mir auch mein Vorgänger Peter Stöger ermöglicht. Aber ich werde nichts anders machen, nur weil es sich um die Champions League handelt.

Was macht Porto aus?
Diese Mannschaft ist unglaublich stark, hat tolle Spieler. Das ist immer schon der FC Porto gewesen, der Klub steht für technisch sehr guten Fußball. Porto ist die beste portugiesische Mannschaft der letzten zehn bis 20 Jahre, hatte mehr Erfolge vorzuweisen als der große Kontrahent Benfica Lissabon. Das sagt schon alles. Sie praktizieren ein 4-2-3-1-System, sind sehr variabel, schwer auszurechnen, auch weil sie spielerisch dermaßen stark sind.

Das täglich Brot ist für die Austria natürlich die Bundesliga. Wie kann dieser Spagat zwischen Alltag und Champions League gelingen?
Er muss gelingen, dafür haben wir auch diesen Kader. Jetzt brauchen wir jeden einzelnen Spieler, das habe ich schon vor zwei Monaten immer wieder gesagt. Es wird auch jeder Spieler zum Einsatz kommen, weil die Champions League auch eine Belohnung ist.

Sie lassen immer offensiv spielen. Auch gegen die drei überlegenen Gegner?
Ja, wir wollen auch in der Champions League auf Sieg spielen. Nur wird es bei diesen qualitativ hochwertigen Gegnern schwerer sein, das auch umzusetzen.

Die Legenden von einst glauben an die Europacup-Helden von heute.

Andreas Ogris weiß, dass die Aufgabe schwer, aber nicht unlösbar ist: „Porto klingt zwar nicht so wie Real oder Barcelona, aber die Portugiesen sind um nichts schlechter. Darin liegt für die Austrianer der Hund begraben, weil die Fans natürlich ein bisserl was erwarten.“ Auch wenn die Spielernamen bei Porto nicht so klingen wie einst, so verfügen die Portugiesen über eine hervorragende Mannschaft. „Wir brauchen sicher einen perfekten Tag, dürfen uns keine Schwächen leisten. Denn das würde Porto sofort ausnützen mit der Klassen, die sie haben.“

Manfred Zsak glaubt, dass für seine Veilchen in allen drei Heimspielen viel möglich ist. „Natürlich gehört international auch Glück dazu. Aber in dieser Gruppe ist einiges möglich. Die Bandbreite reicht von null Punkten bei Pech bis zu einigen Zählern bei Glück. Jedenfalls bedarf es besonderer Leistungen.“ Wie man gegen Porto punkten kann? Das Zsak-Rezept: „Porto ist seit je her eine technisch starke Mannschaft. Kommen sie ins Spiel, wird es unangenehm. Daher muss die Austria ein gutes Pressing machen, in die Zweikämpfe kommen und die wenigen Chancen, die es geben wird, eiskalt nützen.“

Herbert Prohaska hat zwar nie in Porto („Auch nicht mit Inter oder Roma“) gespielt, weiß aber, „dass Porto eine Superadresse ist.“ Nicht umsonst, sagt der österreichische Jahrhundertfußballer, sei Porto in der Champions League Jahr für Jahr stets dabei. „Wie Arsene Wenger bei Arsenal holt Porto immer wieder großartige Spieler, die von den Vereinen in Mitteleuropa noch kaum wer kennt. Die Portugiesen haben ein sehr gutes Scouting-System in Brasilien. Von dort bekommen sie Rohdiamanten, die sie dann um viel Geld weiterverkaufen, wenn sie geschliffen sind. Ich bin überzeugt: Porto wird in Wien mit einer großartigen, technisch starken Truppe aufkreuzen. Aber meine Austria wird dagegenhalten.“

Felix Gasselich hält Porto, Zenit Petersburg und Atletico Madrid für „um nix schlechter als Barca, Bayern oder Real.“ Für jeden Fußball-Feinschmecker, sagt Austrias einstiger Europacup-Trickser, müssten die drei Wiener Champions-League-Partien daher ein Pflichtbesuch sein. Dazu käme, dass Porto, Petersburg und Atletico „auswärts oft noch stärker spielen als daheim.“ Für die Austria werde die Aufgabe extrem schwer. „Aber die Mannschaft hat die Qualität, um in der Champions League mitzuspielen“, behauptet Gasselich, der bei der Auslosung nur deshalb auf eine Reise nach Manchester gehofft hatte, „weil dort zurzeit meine Tochter lebt.“

Spricht man Österreichs Teamstürmer Marc Janko auf den FC Porto an, dann leuchten seine Augen. „Ein Weltklub mit Flair.“ Knapp sieben Monate durfte Janko das blau-weiße Trikot tragen, ehe ihn seine Reise zu Trabzonspor in die Türkei führte. Sieben Monate, die sich eingeprägt haben. Er wäre freilich gerne länger geblieben.

Porto hat ein tolles Scouting-System. Sie entdecken Talente, bilden sie aus und verkaufen sie immer wieder um viele Millionen zu den absoluten Top-Klubs.“ In Porto werden Rohdiamanten quasi geschliffen.

Nicht nur der Verein, auch die Hafenstadt am Douro hat es Janko angetan. „Für die Fans oder die Spielerfrauen der Austrianer absolut eine Reise wert. Die Innenstadt ist wunderschön, und am Ufer des Douro gibt es tolle Lokale mit dem berühmten Portwein.“

Schöne Restaurants am Strand genoss schon Arnold Wetl, der einst von Sturm zu Porto wechselte. „Es war ein tolles Erlebnis. Die Leute sind fußballbegeistert, aber nicht fanatisch. Sie haben dich erkannt in der Stadt, aber nie belästigt.“ Einen Unterschied zu Österreich gab es auch beim Training. „Wir haben bei Porto weniger trainiert als damals bei Sturm unter Osim. Dafür aber sehr intensiv. 30 Mann im Kader, da ist es jeden Tag um alles oder nichts gegangen.“ Ungewohnt war für Wetl anfänglich der Lebensrhythmus. „Wir wollten um 18 Uhr Abendessen. Da sind wir allein im Lokal gesessen.“

Gestatten, Jackson. Er ist aktuell der Superstar des FC Porto, kommt aus Kolumbien und schießt Tore nach Belieben. Von Jackson Martinez geht sicher die größte Gefahr für die Austria aus. Der 26-Jährige besitzt aktuell einen Marktwert von 25 Millionen Euro, Borussia Dortmund hat zuletzt schon ein Auge auf den Südamerikaner geworfen. Zuvor war er schon in den Notizblöcken von Manchester United, dem FC Liverpool, dem AC Milan und Juventus Turin gestanden. Martinez hat einen Vertrag bis 2016, darf aber bei einer Ablösesumme von 40 Millionen Euro den Verein wechseln.

In der laufenden Meisterschaft hat er in drei Spielen drei Tore erzielt, ist somit gut in Schuss.

In Kolumbien stürmte Martinez für die Jaguares de Chiapas (36 Tore in 69 Spielen) und Independiente Medellin (21 Tore in 28 Spielen). Bei Porto traf der 1,88 Meter große Hüne in 43 Partien immerhin schon 34-mal.

Als Porto-Legende gilt dagegen der 32-jährige Argentinier Lucho Gonzalez. Er kehrte nach seinem Gastspiel bei Olympique in Marseille 2012 zurück zu Porto, kam gleichzeitig zum Verein wie Marc Janko. Der zentrale Mittelfeldspieler mit einem Marktwert von fünf Millionen Euro ist nicht nur Kapitän der Mannschaft, sondern auch Antreiber im Spiel der Portugiesen. „Er ist in der Stadt Kult“, weiß Janko von den wenigen Monaten, die er gemeinsam mit Gonzalez beim Verein war, zu berichten.

Gonzalez absolvierte immerhin 23 Länderspiele für Argentinien (drei Tore), sein letztes bestritt er jedoch schon im September 2011 gegen Nigeria.