Sport/Fußball

Vorfreude auf das schwierige Debüt

Heute sitzt Andreas Ogris auf dem Podium. Erstmals vor einem Bundesliga-Spiel als hauptverantwortlicher Trainer der Wiener Austria bei einer Pressekonferenz. Sein Pflichtspiel-Debüt hätte freilich einfacher sein können, immerhin führt er die Violetten am Samstag zu Tabellenführer Red Bull Salzburg und möchte von diesem Ausflug auch noch etwas Zählbares heim bringen. Kein leichtes Unterfangen für den aktuell Siebenten der Tabelle.

Ogris nimmt’s, wie es ist. "Natürlich hätte ich gerne mit einem Heimspiel begonnen. Aber vielleicht ist es eine gute Situation, in Salzburg anzutreten. Um dort einen Schritt in eine positive Richtung zu machen." Weil der 50-Jährige keiner ist, der viel in die Vergangenheit blickt, erhalten auch jene Spieler, die unter Gerald Baumgartner keine Rolle mehr spielten, eine reelle Chance.

Also auch Ortlechner, Kapitän a. D., oder Mittelfeldmotor Mader. "Die Karten werden neu gemischt." Florian Mader wittert seine Chance: "Der Trainer hat viele Gespräche geführt und mir dabei auch das Gefühl gegeben, dass ich eine ehrliche Chance erhalten werde."

Herz und Leidenschaft

Zwei Wochen lang konnte sich Ogris in der Länderspielpause der Mannschaft vorstellen, ihnen jene Attribute vorleben, für die die violette Ikone bekannt ist: Herz und Leidenschaft. "Wenn ein Spieler das mitbringt, dann wird er es auf dem Platz auch leichter umsetzen können. Der Anfang war ein Beschnuppern, ein Kennenlernen. Es liegt viel Arbeit vor uns, aber die Mannschaft hat in den ersten zwei Wochen sehr gut gearbeitet."

Der Ogris’sche Blick schweift in die Zukunft und nimmt ein konkretes Ziel ins Visier: Die Austria soll sich für den Europacup qualifizieren. "Es ist noch genug Zeit vorhanden, um das zu reparieren." Ogris ist nicht wegen seiner Haarfarbe der Feuerwehrmann, sondern aufgrund seiner Tugenden.

Seinen Vorgänger Gerald Baumgartner nimmt er in Schutz: "Er wollte sicher das Beste für den Verein und, dass die Austria ganz vorne mitspielt. Teilweise hat auch das nötige Glück gefehlt. Alles an ihm allein festzumachen, wäre nicht fair. Man muss auch die Mannschaft ins Gebet nehmen."

Zählbares

Das hat er getan. "Wir sind echt zufrieden." Noch zufriedener wäre er, wenn man Salzburg nicht mit leeren Händen verlässt. "Wir freuen uns auf das Spiel und haben uns auf alle Eventualitäten vorbereitet." Die Grundformation hat er schon im Kopf. "Ich warte noch die letzten Trainings ab. Jeder weiß, wie Salzburg ist. Aber sie haben auch Schwächen, die wollen wir mit geeigneten Mitteln ausnützen."

Die beste Stimmung unter der Woche nützt nichts, wenn man am Wochenende verliert. "Es muss etwas übrigbleiben. Ich kann der Mannschaft das Zeugnis ausstellen, dass jeder bisher die Ärmel aufgekrempelt hat."

Gutes Omen für die Violetten: Das letzte Gastspiel in Salzburg verließ man als Sieger (3:2). Es war eine der besten Vorstellungen überhaupt unter Baumgartner. Mader, damals mit von der Partie, philosophiert: "In Salzburg kann alles passieren, weil schon alles passiert ist."

Als Andreas Ogris vor 25 Jahren (für die damalige Rekord-Leihsumme von 12 Millionen Schilling) zu Espanyol Barcelona kam, sagte er alsbald über seinen (innerhalb wie außerhalb des Feldes unberechenbaren) Klubkollegen Wolfram Wuttke: "Gegen den bin i a Hascherl."

Der deutsche Ex-Nationalspieler starb im März an den Folgen exzessiven Lebenswandels. Der 83-fache österreichische Internationale wurde Austrias Trainer. Mag sein, dass auch Ogris zuweilen ein Krügel zu viel getrunken hat. Aber intrigantes Herumgerede an Wirtshaustischen war nie sein Bier.

Der Ogerl beherrsche die praxisnahe Arbeit und habe taktisches Gspür, sagen die Ex-Teamchefs Prohaska und Hickersberger. Allein schon deren Lob macht Ogris für jüngere Internet-Blogger suspekt. Sie wittern eine Verhaberung und lassen das Austria-Argument nicht gelten, wonach Ogris die Sprache der Spieler spreche. Schließlich bestehe die heutige Kicker-Generation zu 60 Prozent aus Maturanten. Und die hätten mit Mundl-Deutsch nix am Hut.

Die Bestellung jedes x-beliebigen Ausländers hätte wohl weniger Häme ausgelöst. Schon allein, weil sich die Schwächen eines Fremden immer erst nach Monaten herauskristallisieren, während man die eines nationalen Promis kennt. Trotzdem: Der 22. Austria-Trainer in diesem Jahrtausend hat einen Einstand ohne Vorurteil verdient. Und Profis, die sich am Arbeitsplatz so überwinden können wie einst der Spieler Ogris.