Deutschlands fünf Endspiele bis zum Titel
In Endlosschleife flimmerte das Kroos-Tor auf dem Nachtflug nach Moskau und dem anschließenden Familientag über die Smartphones der deutschen Spieler. Erst im Morgengrauen traf der Teamtross im Stammquartier in Watutinki nahe Moskau ein, erst am frühen Abend gab es eine leichte Regenerationseinheit.
„Ich werde mir das mindestens tausendmal anschauen“, sagte Mats Hummels. Ein Drittel der deutschen Einwohner, 27,48 Millionen, hatten die Partie im Sender ARD live verfolgt, in Österreich waren es nach der Pause fast 1,3 Millionen.
Fest steht: Titelverteidiger Deutschland ist plötzlich wieder drin im Turnier, hat ein erstes Endspiel gegen das frühe Aus gewonnen. Bewahren sie in den nächsten fünf Endspielen die Nerven, dann haben sie den Titel verteidigt – als erstes Team seit Brasilien 1962.
„Deutschland, das alte Deutschland, das Team, das die meisten Triumphe einfährt, wenn es so aussieht, als liege es im Sterben, ist wieder auferstanden“, schrieb pathetisch die spanische Tageszeitung El Pais. „Es war pure Erleichterung in der Kabine“, berichtete Stürmer Timo Werner. „Jeder, der reingekommen ist, hat geschrien. Mir sind auch auf dem Platz fast schon die Tränen gekommen beim 2:1, weil es einfach so geil war.“
Wendepunkt
„Deutschland ist am besten, wenn es wirklich drauf ankommt“, schrieb die schwedische Zeitung Aftonbladet. Werner: „Das muss der Wendepunkt gewesen sein. Wenn wir die Steilvorlage jetzt nicht annehmen und damit durchs Turnier reiten, dann hätte das ganze Spiel nichts gebracht.“
Am Mittwoch (16 Uhr) in Kasan ist gegen Südkorea das historische Vorrunden-K.o. bei einer WM immer noch möglich. Aber nach dem Schwedenspiel ist die Hoffnung auf das Achtelfinale wieder da.
Deutschland steigt sicher auf mit einem Sieg mit zumindest zwei Toren Unterschied gegen Südkorea.
Deutschland würde ein Sieg mit einem Tor Vorsprung reichen, wenn Schweden die Mexikaner mit mindestens zwei Toren Abstand bezwingt – oder wenn Schweden ebenfalls mit nur einem Treffer gewinnt, aber dabei weniger Tore erzielt als die Deutschen.
Ein Remis reicht, wenn Schweden gegen Mexiko verliert oder ebenfalls remis spielt, aber weniger Tore dabei erzielt als die Deutschen.
Sogar eine Niederlage reicht, wenn Schweden verliert. Dann gilt die interne Tabelle der Spiele gegen Südkorea und Schweden (siehe Modus auf Seite 15).
Fest stand am Sonntag nur so viel: Jerome Boateng wird gegen Südkorea fehlen, weil er für ein Spiel gesperrt ist. Sebastian Rudy, der mit einem Nasenbeinbruch vorzeitig vom Feld musste, wurde gestern operiert und will am Mittwoch mit Gesichtsmaske einsatzbereit sein. Auch Mats Hummels, der wegen Nackenproblemen gegen Schweden gefehlt hat, will wieder spielen. Marco Reus, der diese Saison lange verletzt war, hatte schon während des Spiels Krämpfe.
Als Mann des Abends wurde Toni Kroos gefeiert. „I love you, Toni Kroos“, twitterte der britische Sänger Robbie Williams. Basketball-Star Dirk Nowitzki schrieb einfach nur: „Toniiiiiiiiiii“. Der Real-Spieler hatte vor der Pause den Rückstand eingeleitet, aber mit einem Freistoß in der Nachspielzeit noch das 2:1 erzielt. „Mist, hab 2:0 getippt“, hatte Felix Kroos nach dem Fehler von Toni getwittert. Und nach dem Spiel feixte der Bruder: „Stark! Ein Tor gemacht, eins vorbereitet“.