Der Abschied des Königs: Spaniens Ballgeschiebe ist out
Die katalanische L’Esportiu schrieb „En Liquidació“. In Auflösung. Die Sporttageszeitung AS titelte über Spaniens Achtelfinal-Aus im Elferschießen gegen Russland: „Das Ende einer Generation.“
Diese Feststellung lässt sich an einer Personalie festmachen: Andrés Iniesta. Iniesta war mit Gerard Piqué, Sergio Ramos, Sergio Busquets und David Silva einer der fünf Weltmeister von Südafrika auf dem Platz. Busquets wird als jüngster davon noch im Juli 30 Jahre alt.
Nachfolger Isco
Barcelona-Legende Iniesta erklärte nach dem Ausscheiden seinen Rücktritt aus dem Nationalteam. „Ein wundervoller Zauber ist verflogen. Manchmal kommt das Ende nicht so, wie du es dir erträumt hättest“, sagte der 34-Jährige. Zumindest in seinem Fall endete sein letzter Ballkontakt im Teamdress mit einem Tor. Er verwandelte den ersten Elfer für Spanien, am Ende aber gewann Russland das Elferschießen.
Der neue Ballverteiler steht längst fest: Rund um Isco soll die neue Mannschaft aufgebaut werden. „Der Geiger der Titanic“, schrieb Marca über den Hochbegabten von Real Madrid. Spanien spielte 1137 Pässe, von denen 91 Prozent ankamen, die Russen brachten von 285 Pässen nur 71 Prozent an den eigenen Mann. Und am Ende stieg Russland noch auf. Das spanische Passspiel ist im Achtelfinale zum brotlosen Ballgeschiebe verkommen. Es waren Querpässe ohne Ziel und oft auch ohne Sinn. Es waren keine Iniesta-Pässe. In den besten Zeiten des spanischen Fußballs in der jüngeren Geschichte mit drei Titeln zwischen 2008 und 2012 stand Iniesta zusammen mit Xavi Hernández für das erfolgreiche Tiki-Taka-Spiel. Die Kugel kreiselte und kreiselte – und meistens war es Iniesta, der den entscheidenden Pass spielte, der die Abwehrreihe zerschnitt und das schöne Spiel auch zu einem siegreichen machte. „Ein Adiós zum Heulen. Spanien war vom ersten Tag an nicht wiederzuerkennen“, kritisierte Marca.
Teamcheffrage
Was wird aus Fernando Hierro, der Iniesta gegen Russland erst nach etwas mehr als einer Stunde ins Spiel brachte? Der spanische Fußball-Verband hatte den Sportdirektor erst einmal nur für das Turnier als Teamchef verpflichtet. Mit der Absetzung von Julen Lopetegui, dem künftigen Chefcoach von Real Madrid, nur zwei Tage vor dem ersten WM-Spiel, hatte Verbandschef Luis Rubiales ein Eigentor geschossen. Es war bekannt geworden, dass Lopetegui nach der WM Real Madrid trainieren wird.
Dass die Madrilenen so wenig Rücksicht auf das Nationalteam genommen haben, stößt einigen Fans sauer auf. „Zufrieden?“ – so titelte Superdeporte und zeigte den Kopf von Real-Boss Florentino Pérez.