Die jungen Wilden beweisen, dass Talent doch mehr zählt als ein potenter Sponsor im Hintergrund.
In der Formel 1 wimmelt es von Routiniers. Sieben der 25 Fahrer mit den meisten Starts sind im aktuellen Starterfeld zu finden, elf haben schon mehr als 100 Rennen absolviert, Nico Rosberg fuhr in Singapur seinen 200. Grand Prix, Jenson Button startet heute (9.00 MESZ) in Malaysia zum 300. Mal. Nur Rubens Barrichello (323) und Michael Schumacher (306) haben mehr Rennen.
Ist die Formel 1 überaltert? Im Gegenteil. Zwar absolvieren die Fahrer immer mehr Rennen, doch das ist der Tatsache geschuldet, dass pro Saison 21 Grands Prix gefahren werden, früher waren es viel weniger. Aber noch immer ist es schwierig, in die Formel 1 zu kommen – und noch schwieriger, zu bleiben.
Oft hilft ein potenter Sponsor im Hintergrund, der sogenannte Paydriver finanziert damit auch das Team. Doch es geht auch ganz anders, wie vier junge Piloten beweisen. Max Verstappen (19), Pascal Wehrlein (21), Esteban Ocon (20) und Stoffel Vandoorne (24) zeigen, dass Talent und Ehrgeiz ausreichen, um in der Königsklasse Fuß zu fassen.
Es mag abgedroschen klingen, aber Max Verstappen wurde das Talent wohl in die Wiege gelegt. Seine Mutter war im Kartsport aktiv, sein Vater Jos Verstappen fuhr 107 Rennen in der Formel 1. Sohn Max gilt nun als der Wunderknabe in der Formel 1. Schon als Kind gewann er im Kartsport alles, was es zu gewinnen gab. Bei seinem Formel-3-Debüt erzielte er auf Anhieb Tagesbestzeit, beim sechsten Rennen gelang der erste Sieg. Der Niederländer wurde ins Förderprogramm von Red Bull aufgenommen und fuhr mit 17 Jahren und drei Tagen erstmals mit einem Toro Rosso in der Formel 1, so früh, wie kein anderer Fahrer je zuvor. Heuer bekam er während der Saison das Cockpit von Daniil Kwjat bei Red Bull – und er dankte es dem Team. Gleich bei seinem ersten Rennen holte er in Spanien den ersten Sieg.
Pascal Wehrlein (Vater Deutscher, Mutter aus Mauritius) ging den Weg über den Kart- und den Formelsport und wechselte dann in die DTM. In seinem dritten Jahr wurde er 2015 jüngster Champion der Rennserie. Der Weg in die Formel 1 war geebnet. Nachdem er bereits seit 2014 für Mercedes Formel-1-Testfahrten absolviert hatte, wurde er heuer Stammfahrer bei Manor. "Manor ist das richtige Umfeld für einen jungen Fahrer, um Erfahrung in der Formel 1 zu sammeln", sagte Mercedes-MotorsportchefToto Wolff. "Sie sind ein professionelles, kleines Team im Aufwind, bei dem der Fahrer einen echten Unterschied machen kann." Wehrlein soll den Unterschied machen – und irgendwann zu Mercedes wechseln. Noch blieben die großen Erfolge aus, seinen einzigen Punkt holte Wehrlein beim Rennen in Spielberg.
Esteban Ocon
Esteban Ocon scheint nicht zu stoppen. Der Franzose gewann die Formel-3-EM und wechselte danach in die GP3-Meisterschaft. Dort gewann er gleich sein erstes Rennen – und danach die Gesamtwertung. 2016 startete er erstmals in der DTM und schaffte den Sprung in die Formel 1. Zuerst absolvierte er Testfahrten bei Mercedes und Renault, am 28. August dieses Jahres feierte er in Spa sein Debüt gleich bei einem Klassiker. Ocon wurde Teamkollege von Pascal Wehrlein beim Team Manor, wo er Rio Haryanto ersetzte. Dem Indonesier war das Geld der Sponsoren ausgegangen. Ocon ist damit der nächste Mercedes-Junior, der für höhere Aufgaben beim Team Manor aufgebaut wird, das mit Motoren des deutschen Herstellers ausgerüstet wird. Ocon bedankt sich für die Chance, die er "mit beiden Händen ergreifen" will.
Stoffel Vandoorne
Noch nie hat jemand in dieser Manier den GP2-Titel geholt, wie es Stoffel Vandoorne 2015 gelungen ist. Der Belgier gewann sieben von 21 Rennen und fuhr zudem neun Mal auf das Podest. Daneben testete er bereits für das Formel-1-Team von McLaren. Nach dem fürchterlichen Unfall von Fernando Alonso beim Auftakt in Australien ersetzte Vandoorne den Spanier heuer beim Rennen in Bahrain. Es wird nicht der einzige Auftritt des Belgiers bleiben. In der kommenden Saison wird er das McLaren-Cockpit von Jenson Button übernehmen. Nachdem der Vertrag Anfang September fixiert wurde, sagte er: "Ich habe in meiner Karriere schon viele Autogramme geschrieben, aber als ich meine Unterschrift unter den neuen McLaren-Honda-Vertrag setzen durfte, war es ein ganz besonderes Gefühl, zum Füller zu greifen."