Sport

Wiener Netzwerk der Legenden

40 Jahre Tennis in der Wiener Stadthalle. 40 Jahre Stars und Sternchen. Zahllos sind die Geschichten und Anekdoten, die die Spatzen aus dem Vogelweidpark zwitscherten. "Von den Allzeit-Größen haben nur Björn Borg, Jim Courier und Rafael Nadal bislang einen Bogen um das Turnier in der österreichischen Hauptstadt gemacht", erinnert sich Leo Günter Huemer, der bei der Geburtsstunde dabei war und nun in beratender Tätigkeit agiert.

Dieses Jahr gibt es mit Andy Murray wenigstens einen Wimbledon- und Olympiasieger zu sehen.

Freilich, nichts gegen früher, als sich die Stars die Klinke in die Hand gaben. 1998 war wohl das beste Jahr. Gewonnen hat das hochkarätig besetzte Turnier Pete Sampras. "Der hat in den ersten beiden Runden so scheiße gespielt, das man niemals annehmen konnte, dass er gewinnt", erinnert sich Huemer. Dabei hat der 14-fache Grand-Slam-Champ aus den USA erst fünf Minuten vor Nennschluss zugesagt. "Er wollte unbedingt kommen, aber wir hatten keine Wild Card mehr", erinnert sich Huemer. Was passierte danach? Sein damaliger Coach Paul Annacone rief Boris Becker an, der Deutsche übergab daraufhin Sampras die Wild Card. Im Gegensatz zu Sampras kannte Boris Becker die Stadthalle. Den ersten Auftritt in Wien hatte der Deutsche 1984, einen Montag vor seinem 17. Geburtstag. Seinen zweiten beendet er 1996 mit dem Endspielsieg gegen den Niederländer Jan Siemerink.

Brutalitäten

Viel dramatischer war aber das Finale im darauffolgenden Jahr. Der Kroate Goran Ivanisevic besiegte damals in fünf Sätzen und drei Stunden Spielzeit den Briten Greg Rusedski. "Das war Brutalität pur, das war eine Schlacht. Da versuchte jeder, den anderen mit Mätzchen aus dem Konzept zu bringen. Nach dem Match saß Rusedski in der Kabine und weinte bitterlich", erinnert sich Huemer.

Der heute 79-Jährige hatte auch ein Gespür für Spieler. "Ich habe damals Roger Federer eine Wild Card gegeben, die Journalisten haben mich ausgelacht", sagt Huemer. Federer spielte 1999 mit 18 Jahren erstmals in Wien. Der Schweizer gewann 2002 und 2003, nachdem er erstmals in Wimbledon triumphierte hatte. Novak Djokovic spielte erstmals mit 19, gewann das Turnier mit 20, wurde zum Superstar und kam nicht mehr nach Wien. Auch Ivan Lendl spielte 1978 als Teenager schon in der Stadthalle, gewann drei Jahre später das Turnier. Zwei Jahre später war ein 17-jähriger Junge da, der Stefan Edberg hieß.

Erst mit 40 Jahren spielte Jimmy Connors das erste und einzige Mal in Wien und verlor 1992 in Runde eins gegen Santoro. Andre Agassi kam nur 1994 und holte dabei aber den Titel. "Agassi war sehr unkompliziert. Der unfreundlichste Gast war John McEnroe. Mit dem konnte man kaum auskommen", sagt Huemer über den US-Star, der 1990 in Wien aufschlug und im Viertelfinale rausflog.

Freilich erinnert sich Huemer gerne an die Männer der ersten Stunden, wie Brian Gottfried oder Stan Smith. Mit dabei war damals auch Hans Kary. "Heute kommst du an die besten Spieler nicht mehr heran, früher sind wir alle miteinander zum Heurigen gegangen", weiß der heute 65-jährige Kärntner, der in den Siebzigern Österreichs Nummer eins war.

Money, Money

Es wird immer schwieriger, Topstars zu holen. Gleich drei Turniere finden in dieser Woche statt: Moskau, Stockholm und Wien. Murray ist auch deshalb da, weil er noch ein paar Zähler für das abschließende ATP-Finale braucht. Das wird ab 9. November in London gespielt. Vier Spieler sind schon fix und pausieren, darunter Djokovic, Federer und Rafael Nadal. Der Spanier sagte 2005 kurz vor Nennschluss ab, nachdem schon die Abendausgaben voll mit der Ankündigung des neuen Superstars waren. Der letzte Star auf der Höhe seiner Schaffenskraft war neben Andy Murray im heurigen Jahr der US-Boy Andy Roddick im Jahr 2006.

Lokalmatadore

Umso wichtiger ist es, die österreichischen Stars bei Laune zu halten. Jürgen Melzer gewann als einziger rot-weiß-roter Vertreter zwei Mal in der Stadthalle (2009 und 2010), den dritten Titel für Österreich holte 1988 Horst Skoff nach einem Finalsieg über Thomas Muster. Muster stand daraufhin noch zwei Mal im Endspiel, verlor diese aber. Nun ist viel auf den 21-jährigen Dominic Thiem aufgebaut. Abgeschirmt wird er bereits wie die Stars von einst. "Der Weg ist steinig, viele Dinge können ihn aus der Bahn werfen", sagt Turnierbotschafter Muster. " Zeit zum Jubeln ist später immer noch." Er selbst jubelte in der Stadthalle nie über den Titel. "Drei Endspiele und sieben Semifinali sind auch nicht schlecht."

Die Tennis-Legenden der Wiener Stadthalle: