Doping-Skandal: Wem jetzt das Wasser bis zum Halse reicht
Am 27. Februar wurde Langläufer Max Hauke bei der Doping-Razzia in Seefeld mit der Nadel im Arm erwischt. Exakt drei Wochen danach veröffentlichte die Staatsanwaltschaft München die neuesten Ermittlungsergebnisse der „Operation Aderlass“ rund um den deutschen Sportmediziner Mark Schmidt in Erfurt.
Welche Sportler sind nun betroffen?
21 Athleten aus acht europäischen Nationen sind im Visier, ein „kleiner Prozentsatz“ davon sind Frauen. Bekannt sind bislang die Namen der vier Österreicher Max Hauke, Dominik Baldauf (beide Langlauf), Georg Preidler und Stefan Denifl (beide Radsport). Dazu kommen zwei estnische und ein kasachischer Langläufer. Bekannt wurde gestern auch, dass die 21 Athleten aus drei Wintersportarten und zwei Sommersportarten (Radsport und Triathlon) kommen. „Es geht auch um Personen, die noch nicht wissen, dass gegen sie ermittelt wird“, sagt Oberstaatsanwalt Kai Gräber.
Wie wurde gedopt?
Den Sportlern wurde (von 2011 bis zu der Doping-Razzia in Seefeld) während der Saisonvorbereitung Blut abgenommen. Während der Wettkampfphase wurde das Eigenblut wieder zurückgeführt, um die Zahl der roten Blutkörperchen zu erhöhen – und damit auch die Fähigkeit, Sauerstoff zu transportieren. Jeder Sportler kam auf 10 bis 15 Entnahmen oder Rückführungen pro Jahr. Besonders gefährlich: Bei Langstreckenflügen nach Hawaii (zum Ironman) oder nach Südkorea (zu den Olympischen Winterspielen) saßen die Athleten schon mit einem zusätzlichen Liter Blut im Körper im Flugzeug. Die Thrombose-Gefahr war somit deutlich erhöht. In einigen Fällen wurde das Blut nach dem Wettkampf wieder abgenommen, um Dopingkontrollen zu bestehen.
Wie viele Blutbeutel wurden sichergestellt?
Zirka 40 bis 50. Diese sind mit Kürzel, Zahlen oder Tarncodes gekennzeichnet. Es ist davon auszugehen, dass alle Blutbeutel Sportlern zugeordnet werden können. Im Fokus der Ermittler sind aber auch Sportler, von denen keine Blutbeutel (mehr) gelagert waren.
Wie viel mussten die Sportler zahlen?
Pro Athlet verlangte der deutsche Arzt zwischen 4000 und 12.000 pro Saison. Insgesamt kassierte er damit für seine Doping-Praktiken ungefähr 100.000 Euro im Jahr.
Welche Dimensionen hat der Dopingskandal?
Zwar waren 2006 beim Dopingskandal Fuentes mehr Blutbeutel gelagert, aber beim aktuellen Fall werden wohl mehr Sportler überführt. „Die Beweislage ist grandios“, sagt Gräber. Am Montag wurde eine weitere Person aus dem Netzwerk des Sportarztes festgenommen, die Blutabnahmen und -rückführungen durchgeführt hat, ohne eine medizinische Ausbildung gehabt zu haben.
Wann werden die Namen der anderen betroffenen Sportler genannt?
Vermutlich erst in einigen Wochen, eher Monaten. Noch laufen die Ermittlungen, werden Handys, Computer und Datenträger ausgewertet. Gräber: „Noch sind längst nicht alle Kapitel geschrieben worden.“