Contador: 2 Jahre für ein Stück Steak
Von Stefan Sigwarth
Am Montagmittag, Punkt zwölf Uhr, hatte die Hängepartie um die positive Dopingprobe von Alberto Contador bei der Tour de France 2010 ein Ende: Der Internationale Sportgerichtshof CAS hob den erstinstanzlichen Freispruch des spanischen Radsportverbandes vom Februar 2011 auf, gegen den Welt-Radsportverband UCI und Welt-Anti-Doping-Agentur WADA berufen hatten.
Der dreiköpfige Senat des CAS hatte seit Ende November über mehr als 4000 Seiten Akten beraten und sperrte den 29-jährigen Spanier für zwei Jahre, womit er die Olympischen Spiele in London verpasst. Zudem wurde ihm der Tour-Sieg 2010 aberkannt (Gewinner ist nun der Luxemburger Andy Schleck), ebenso alle Ergebnisse seit dem 25. Jänner 2011, weshalb nun der Italiener Michele Scarponi als Sieger des Giro d’Italia 2011 gilt.
Im Zwielicht
Schon lange lief Alberto Contadors Ruf unter der Rubrik "zweifelhaft". Bereits 2006 war sein Name im Zusammenhang mit dem Madrider Dopingspezialisten Eufemiano Fuentes gefallen, belastende Dokumente sind aber im Zuge der Ermittlungen verschwunden (worden). Wie auch manch andere aus Nicht-Radsportkreisen – mehr als 200 Sportler hatten sich Fuentes’ Diensten bedient, so viel ist bekannt.
Zur aktuellen Causa hatte Contador wieder und wieder erklärt, dass er vor dem Dopingtest am zweiten Ruhetag der Tour de France 2010 wohl ein mit dem Tiermastmittel Clenbuterol verunreinigtes Stück Kalbssteak gegessen habe.
Für diese Theorie sprach die geringe Menge an Clenbuterol, die im Kölner Anti-Doping-Labor gefunden wurde: 50 Picogramm pro Milliliter Urin. Gegen Contador sprach neben der Statistik der spanischen und der EU-Lebensmittelkontrolleure auch die Tatsache, dass in seinem Körper überhaupt Clenbuterol war, denn für diese Substanz gibt es keinen Grenzwert.
Dass es zur Verhandlung in der Schweiz kam, hat seinen Grund im Urteil des spanischen Verbandes, der zunächst eine "provisorische einjährige Sperre" verhängt und Contador schließlich freigesprochen hat. Denn für Ersttäter ist grundsätzlich eine Sperre von zwei Jahren vorgeschrieben, WADA und UCI legten daher Berufung ein.
Bei den Anhörungen vor dem CAS wurde auch bekannt, dass weitere Proben Contadors von der Tour de France 2010 Clenbuterol aufwiesen: Am 22. Juli waren es 16 Picogramm pro Milliliter, am 24. Juli 7 pg/ml, am 25. Juli 17 gp/ml.
Im Eck
Contador wehrte sich nach Kräften vor dem höchsten Sportgericht. "Nicht nur ich habe nie Dopingsubstanzen genommen, sondern auch mein Umfeld hat sich immer kategorisch gegen Doping ausgesprochen", gab er zu Protokoll. Für die WADA-Vertreter ein aufgelegter Elfer: Sie präsentierten eine Liste mit zwölf früheren und aktuellen Teamkollegen Contadors, die wegen Dopings gesperrt worden sind.
Wie geht es nun weiter? In einem weiteren Verfahren muss der CAS entscheiden, ob Contador 2,485 Millionen Euro Geldstrafe an die UCI zu bezahlen hat; überführte Dopingsünder müssen ein Jahresgehalt an den Weltverband bezahlen. Und Contador hat noch zwei Möglichkeiten, um das Urteil anzufechten – das Schweizer Bundesgericht und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
UCI-Präsident Pat McQuaid sprach am Montagmittag von einem "traurigen Tag für den Sport. Denn beim Thema Doping gibt es keine Sieger."
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