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"Wir haben einfach einen geilen Job"

Am Montag von Yokohama nach Wien, ab ins Auto und nach Klagenfurt. Von den ersten 208 Tagen des Jahres waren Clemens Doppler (34), Alexander Horst (32) und Trainer Robert Nowotny 94 Tage unterwegs. Nach den bisherigen 91.000 Kilometern 2015 sind sie auf dem besten Weg, sich für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro zu qualifizieren. Und mit einem dritten Platz beim Grand Slam in Yokohama kamen sie mit Selbstvertrauen zur heute in Klagenfurt beginnenden EM.

KURIER: Klagenfurt ist wieder nur eine EM und nicht Teil der World Tour. Ist das nicht schade?
Doppler:
Mir taugt das extrem. Ich verstehe aber die Leute, die sagen, dass es schade ist, wenn keine Brasilianer dabei sind. Allerdings sind sieben Europäer in den Top 15 der Weltrangliste. Es wird sicher nicht leichter, dieses Turnier zu gewinnen, als eines auf der World Tour.
Nowotny: Die EM wird besser als die WM 2015. Da hat es 21:0-Sätze gegeben, weil es Quotenplätze für schwächere Nationen gegeben hat.
Doppler: Es ist eine Farce, dass es Quotenplätze für Länder gibt, in denen Ball über die Schnur gespielt wird.

Umso schlimmer, dass sich bei Ihnen alles um Olympia dreht, wo es auch Quotenplätze gibt...
Doppler: Alles. Du musst immer das Olympia-Paket verkaufen.
Horst: Aber bei Olympia werden schon die konstantesten Teams dabei sein.

Derzeit sind Sie auf Rang drei der 15 über die Rangliste qualifizierten Teams.
Doppler: Wir haben sieben gute Resultate. Wenn es so weitergeht, sind wir dabei.

Haben Sie Angst nach drei Kreuzbandrissen?

Doppler erlitt 2013 in Klagenfurt seinen dritten Kreuzbandriss
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APA/EXPA/GERT STEINTHALER
BEACH-VOLLEYBALL EM 2013: PG CLEMENS DOPPLER (AUT)
APA13966948-2 - 01082013 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT SI - Clemens Doppler (AUT) am Donnerstag, 01. August 2013, während eines Pressegesprächs nach der verletzungsbedingen Aufgabe im Spiel gegen Richard Schuil/Reinder Nummerdor (NED) im Rahmen der Beach-Volleyball EM in Klagenfurt. APA-FOTO: EXPA/GERT STEINTHALER
Doppler: Angst nicht. Aber es gibt Momente, in denen es präsenter ist. Wie in Moskau. Der Platz war hart wie damals in Klagenfurt. Es hat mich gehemmt, explosiv wegzuspringen.

Haben Sie jetzt noch Probleme mit den Knien?
Doppler: Letzte Saison habe ich mit Schmerzmitteln spielen und trainieren müssen. Es hat so wehgetan, als würde jemand mit dem Messer hineinstechen. Ich habe mich nicht einmal ohne Anhalten aufs Klo setzen können. Dann habe ich im Winter eine Therapie mit Stoßwellen und Laser gemacht. Seither habe ich keine einzige Tablette gebraucht. Ein Wunder, ich war schmerzfrei.

Wie schafft man es, sich nach 14 Jahren noch bei jedem Training zu quälen?
Doppler: Ich trainiere wahnsinnig gerne. Wir haben einfach einen geilen Job. Auch nach so vielen Jahren.

Was taugt Ihnen gar nicht an Ihrem Job?

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Horst: Mir geht das Fliegen auf die Nerven.
Doppler:Das Fliegen ist einer der Hauptgründe, warum viele Spieler aufhören. Gerade wenn du Familie hast wie wir, geht es an die Substanz. In einer Saison wie heuer kannst du wegen der Olympia-Qualifikation nichts auslassen. Am Ende dieser Qualifikation kann es sein, dass du wegen 30 Punkten nicht nach Rio darfst. Dann beißt du dir in den Arsch.

Was macht Ihr auf Reisen?
Horst: Ich schaue am Computer Filme und Serien.
Nowotny: Da gibt es einen dummer Trainer, der immer sagt: ’Mach was Gscheites’. Dann sagt der Alex: ’Lass mich in Ruh damit.’
Doppler: Bei langen Flügen nehmen wir Schlaftabletten. Dann können wir fünf Stunden schlafen.
Nowotny: Und Würfelpoker ist auch sehr aktuell.
Doppler: Es hat sogar schon einen Schuldenschnitt für den Alex gegeben.

Das heißt Ihr habt das Würfeln dem Alex beigebracht?
Horst: So ein Schwachsinn. Insgesamt bin ich immer noch im Plus.
Doppler: Aber wir spielen um 10 Cent pro Punkt. Die Fußballer um 10 Euro.
Horst: Wir freuen uns trotzdem wie kleine Kinder, wenn wir gewinnen. Da geht es nicht ums Geld.
Nowotny: Mit meinem Bildungsauftrag bin ich gescheitert.

Trotzdem wirkt die Dreiecksbeziehung sehr harmonisch...

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Doppler:Naja, es gibt schon auch mal Streitereien. Aber das ist ja ganz normal.
Horst:Was uns extrem hilft, ist der Erfolg.
Nowotny:Die letzten drei Jahre waren nicht unerfolgreich. 2013 waren wir EM-Dritter. Dann war die Verletzung von Clemens. Dann war die Comebacksaison 2014 auch nicht so schlecht mit einem Podiumsplatz. Und jetzt sind wir die Nummer drei von Europa (und die Nummer 5 der Welt, Anm.). Es gab noch nicht viel Anlass, um griesgrämig zu sein.

Robert Nowotny war vor kurzem selbst Spieler. Ist es nicht schwierig, routinierten Spielern den Weg vorzugeben?
Doppler: Er war war selbst Olympiateilnehmer. Er weiß schon wovon er redet. Aber bei einer Spielvorbereitung sagt er nicht, dass wir etwas machen müssen. Als ältere Spieler haben wir natürlich auch unsere eigenen Ideen. Er gibt eine Grundtendenz vor, an die wir uns halten. Aber Nowo ist natürlich kein Diktator.

Auch im Beachvolleyball wird sehr mit Videoanalyse gearbeitet. Wie sehr nützt ihr technische Hilfe?
Doppler: Es ist ein unglaublicher Mehrwert. Du kannst zum Beispiel sagen, ich will von diesem Gegner alle Diagonalangriffe sehen. Das wird uns vom Rio-Projekt finanziert. Wenn du wirklich wettbewerbsfähig sein willst, dann brauchst du das. Statistiker Martin Plessl ist bei allen Spielen von uns und der möglichen Gegner dabei. Die Frage ist natürlich auch, wie du die Daten auswertest. Der Martin war selbst Bundesliga-Trainer und ist Trainerausbildner. Der kennt sich schon richtig gut aus.

Sie haben heuer zusammen 54.000 Euro Preisgeld gewonnen. Sieht es finanziell zufriedenstellend aus?

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Horst: Es ist natürlich nicht mit Sportarten wie Tennis vergleichbar. Abzüglich der Steuern bleibt uns das Preisgeld übrig – dank der Förderungen, die wir bekommen.
Doppler: Das Rio-Projekt hilft uns riesig, weil es uns Dinge finanziert, die von unserem Sponsor-Budget weggehen würden. Wie den Trainer zum Beispiel. Ein Physio wird zum Teil gezahlt. Die Maßnahmen greifen. Die Ergebnisse sprechen für sich.

Eine beruhigende Situation...
Horst:
Gerade in unserer Lage mit Kindern zu Hause, könntest du den Job nicht mehr machen, wenn du nach ein paar Niederlagen nichts nach Hause bringst.

Wie schwierig ist es, sich den immer größer werdenden Gegnern anzupassen?
Nowotny:
Es gibt wenige, die wie der Clemens den Wandel des Spiels so mitgemacht haben. Clemens ist mit zwei Metern ganz normal. Doherty ist 2,18 Meter. Niederländer sind 2,16, 2,14 und 2,13.
Doppler: Ihr Sportdirektor sagt, dass ein Spieler mit 1,86 wie der Alex in Holland gar nicht gesichtet werden würde. Umso mehr muss man Spieler wie Alex huldigen.

Das Ziel ist Rio. Ist dort eine Medaille möglich?
Doppler: Ich lass’ mich da nicht reindrängen. Natürlich musst du das Ziel haben. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir eines von zehn, zwölf Teams sind, das eine reelle Chance hat. Nur: Die Qualifikation für Rio ist genauso schwer, wie dann dort eine Medaille zu gewinnen.

Wenn es mit Rio klappt, ist Olympia der letzte Höhepunkt?
Doppler: Das glaube ich nicht. Mir macht es mehr Spaß als vor drei, vier Jahren. Nach Olympia wird es wegen unseren Alters mit Förderungen schwierig. Dann ist die Frage, wie professionell kannst du den Sport noch betreiben. Ich persönlich denke nicht ans Aufhören. Wenn ich jetzt gefragt werde, kann ich auch Tokio 2020 nicht ausschließen. Mir geht es körperlich so gut wie noch nie.

Sie haben den Sand von der Copacabana für Ihr Trainingszentrum nachmachen lassen. Was, wenn bei Olympia anderer Sand ins Stadion kommt?
Nowotny: Wir haben den Sand kopieren lassen und in unser Trainingszentrum im Maxx21 schicken lassen. Wir haben auch den Sand vom brasilianischen Trainingszentrum. Der liegt schon bei uns im Kammerl.
Doppler: Wir können natürlich nicht das Meer nach Floridsdorf bringen. Aber wir haben unterschiedliche Courts. Vor Klagenfurt trainieren wir zum Beispiel auf dem rechten Platz, weil dort der Sand härter ist. Wir sind recht gut vorbereitet.

Das Video

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