Special/Challenge

Tenor Svensson: "Bis auf Lipizzaner war ich alles"

Der aus Wien stammende Tenor Peter Svensson hat schon viele Male den Siegfried (58-mal) und den Tannhäuser (99-mal) verkörpert. An großen Opernhäusern wie jenen in Mailand, Rom und Berlin und auch dort, wo der Opernalltag abseits der alten Zentren stattfindet: In Paraguay, Russland oder China. Früh als Sängerknabe von Claudio Abbado entdeckt, verlief seine Karriere nicht ohne Rückschläge: Er musste u.a. nach einer Lungenembolie lange pausieren. Doch inzwischen ist er genesen und singt wieder.

KURIER: Gibt es einen Moment auf der Bühne, an den Sie sich besonders gerne erinnern?

Peter Svensson: Manchmal sind es nicht die allergrößten Häuser. Wenn man als Siegfried ohne Schwert dasteht, wie es in Mexiko passiert ist. Da wird dann durch den Souffleurkasten das Schwert serviert. Oder beim Freischütz geht der Schuss nicht los. Da rief der Inspizient von draußen "Bum!" herein. Vielleicht schreibe ich mal ein Buch.

Sie haben an vielen Orten viele Rollen gesungen.

Mit meinem Großvater beim Heurigen habe ich zum Gaudium der Gäste Heurigenlieder zum Besten gegeben. Und da lag es auf der Hand: "Der muss zu den Sängerknaben". So wurde ich zum ersten Sopransolisten herangezogen. Dann kamen viele Rollen: Bis auf Lipizzaner war ich fast alles. Ich sang vom ersten Knaben der "Zauberflöte" an der Staats- und Volksoper bis hin zum Tannhäuser. Den habe ich in 14 Inszenierungen gegeben: Als Minnesänger mit Harfe bis hin zum Künstlerjunkie. Und die mit dem Künstlerjunkie war sicher nicht unter den schlechtesten.

Sie haben keine Berührungsängste mit moderner Regie?

Es ist nicht unwichtig, das Erscheinungsbild der Opern ein wenig an unseren Zeitgeist anzugleichen. Wobei wir aber in den Kernaussagen nichts verändern wollen, ganz im Gegenteil. Ich habe vor nicht allzu langer Zeit den Siegfried in Dessau in einer sehr schlüssigen modernen Inszenierung gesungen. Da werden die Heldenfahrten des Siegfried in einem Computerspiel dargestellt. Das Schwert wird virtuell geschmiedet, programmiert. Es muss nicht immer der deutsche Wald sein, so ganz figurativ. Aber es muss die Beziehung der Charaktere stimmen, der Handlungsablauf und, was ja dahinter steht, die Idee des Komponisten und Librettisten.

Reicht das, um den Jungen zu vermitteln, dass Oper Relevanz hat? Was braucht es noch?

Ich habe keine Angst um dieses Genre. Es passiert schon einiges. Ähnliche Programme wie die Kinderaufführungen der Staatsoper gibt es auf der ganzen Welt. Es liegt daran, wirklich etwas für die Leute zu tun.

Und auf sie zuzugehen, ihre Bedürfnisse zu verstehen?

Es gehört auch zu meinem Horizont, dass ich, wenn ich im Auto fahre, auch Bon Jovi höre. Wenn sich Mitfahrer dann sagen: "Du bist doch Opernsänger", antworte ich: "Ja, aber nicht Opasänger."

Sie kennen auch schwierige Momente. Was ist die Motivation, wieder aufzustehen?

Es ist streng genommen die Berufung. Ich sehe es als meine Aufgabe, das Komponierte mit meinen Mitteln dem Publikum möglichst getreu wiederzugeben. Ich hatte mannigfaltigste Stopps in meiner Karriere. Kurz vorm Bayreuth-Engagement beendete man nach einer Blutvergiftung die Zusammenarbeit mit mir, weil ich "nicht funktioniert" habe. Ich habe dann eine Reisethrombose übersehen. Daraus hat sich eine massive bilaterale Lungenembolie entwickelt. Dass ich hier sitze, hing damals an einem seidenen Faden. Nach einem Sehnenriss absolvierte ich knapp zwei Jahre Reha. Insgesamt viereinhalb Jahre war ich aus meiner Karriere draußen. Normalerweise ist man da weg. Ich habe in Cottbus als Siegfried wieder die Bühne betreten. Solange ich weiß, dass ich diese Qualität habe, und mir das auch Kollegen, Dirigenten sagen, bin ich bereit dafür.