Berufsorientierungslos
Von Paulina Huber
Sicher und kompetent zur Matura. Man sieht sie vor sich, die AHS-Absolventen mit ihrem Zahnpastalächeln, wie sie - endlich ist es geschafft! - gemeinsam ins All-Inclusive-Resort in der Türkei abrauschen. Aber was im Herbst?
Leider lässt sich die Anzahl der österreichischen Oberstufenschüler, die tatsächlich mehr als nur einen vagen und möglicherweise unrealistischen Berufswunsch hegen, nicht evaluieren. Zu hoch dürfte ihr Prozentsatz nicht sein. Aber woher soll ein Sechzehnjähriger auch über die ihm offenen Möglichkeiten Bescheid wissen, wenn nicht aus der Schule? Zu glauben, Teenager würden sich selbständig gründlich informieren, bevor gegen Ende der siebten Klasse langsam die Torschlusspanik eintrifft, ist eine Illusion.
Im Endeffekt inskribieren diejenigen, die auf eine dahingehende Frage nur wenige Monate zuvor "Ich? NIIEEE!" geantwortet hätten, an der Wirtschaftsuni oder der Juristischen Fakultät. Die anderen fangen als Bummelstudenten mit Psychologie und Kunstgeschichte an - im Wissen, dass es mit der Jobsuche schwierig werden könnte. Außerdem ist zu beobachten, dass viele auf traditionelle Rollenbilder zurückfallen: Mädchen schöpfen ihr in vielen Fällen gegebenes Potenzial für naturwissenschaftliche und technische Fächer nicht aus. Sie konzentrieren sich unwillkürlich auf humanistische Studienzweige - weil ihnen sämtliche andere Optionen die ganze Schulzeit hindurch gar nicht oder nur peripher kommuniziert wurden. Wozu fördern wir eigentlich zwölf Jahre lang unter Aufwendung von viel Steuergeld persönliche Stärken?
Im Gegensatz zu Ausbildungstypen wie der BHS oder der Lehre mit Matura wird im Gymnasium relativ wenig Input für die spätere Laufbahn gegeben. Karriere, ja, gerne - aber wo? Es braucht Strukturierung von oben.
Die jetzige Situation ist ein Witz: Für die siebte und achte Schulstufe sind jeweils 30 Stunden
Berufsorientierung vorgesehen (die auch im Biologieunterricht Platz finden müssen, bittedankebussi). Kontrolliert wird ohnehin nicht, also geschieht in den meisten Schulen wenig bis gar nichts. Gutgemeinte Aktionen wie der Töchtertag, die zu klein und zu fokussiert auf einzelne Betriebe geschehen, können nur der Tropfen auf dem heißen Stein sein.
Der Schlüssel könnte eine Kombination mit einem gemäß einer neuen Studie von der Mehrzahl der Österreicher gewünschten Pflichtfach Politische Bildung sein. Über die gesamte Schulzeit könnte ein allgemeiner Überblick über das weite Feld der Karrieremöglichkeiten gegeben werden, ergänzt durch persönliche Beratung wie sie im angloamerikanischen Raum längst Usus ist.
Neben Nettigkeiten wie Sexualpädagogik im Kindergarten sollte auch noch Platz für aus Schülersicht wichtigere Reformen bleiben. Bitte.