Romy

Peter Morgan: Der königliche Drehbuchschreiber

Seit Jahren lebt Peter Morgan mit einer Frau, die er noch nie getroffen hat und von der er hofft, dass er sie auch niemals treffen wird: der Queen. Der britische Autor mit Wurzeln in Österreich hat nicht nur das Oscar-nominierte Filmskript zu "Die Queen" mit Helen Mirren abgeliefert, sondern auch das Drehbuch zur Erfolgsserie "The Crown". Die von der Streaming-Plattform Netflix in Auftrag gegebene Produktion über die junge Queen Elisabeth II. ist der erste Serien-Geniestreich des 54-Jährigen, der auch für die Niki-Lauda-Saga "Rush" verantwortlich zeichnete.

Der diesjährige Golden- Globe-Gewinner, der zwischen London und Wien pendelt, holte sich am Samstag bei der großen TV- und Filmpreis-Gala des KURIER in der Wiener Hofburg die "ROMY International" persönlich ab.

KURIER: Die "ROMY International" wurde erstmals vergeben. Damit soll eine Persönlichkeit geehrt werden, die weltweit in der Film- und Fernsehlandschaft erfolgreich, aber auch stark mit Wien und Österreich verbunden ist. Wie würden Sie Ihre Beziehung beschreiben?

Peter Morgan: Meine Verbundenheit zu diesem Land hat familiäre Ursachen. Meine Ex-Frau ist Österreicherin und unsere gemeinsamen Kinder sind halbe Österreicher. Ich habe auch in den zwanzig Jahren unserer Ehe hier einige sehr enge Freundschaften geknüpft. Außerdem habe ich den Großteil meiner Drehbücher in Österreich geschrieben. Wie zum Beispiel für die "Queen", für "The Last King of Scotland", für die Niki Lauda-Geschichte "Rush" und für "360" mit Jude Law und Anthony Hopkins sowie einige Folgen für "The Crown".

Wenn man sich so lange und so intensiv mit dem britischen Königshaus auseinandersetzt wie Sie, fühlt man sich da nicht schon beinahe als Verwandter oder Vertrauter der Queen?

Nein. Ganz und gar nicht! Ich habe diese verrückte Reise in die Geschichte der Royals rein zufällig angetreten. Begonnen hat das Ganze mit einem Drehbuch über Gordon Brown und Tony Blair (Anm.: "The Deal", 2003), das ich für Stephen Frears geschrieben habe. Wir wurden danach von den Produzenten gefragt, ob wir nicht auch einen gemeinsamen Film über den Tod von Prinzessin Diana machen wollten – als historisches und kulturelles Ereignis. Zuerst klang das für mich völlig belanglos. Erst als ich Tony Blairs Verhältnis zur Queen in dieser Zeit näher recherchierte, wurde die Geschichte für mich interessant.

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Und was haben Sie selbst beim Schreiben über die Königliche Familie gelernt?

Nach wie vor interessieren mich vor allem die Premierminister. Sie kamen alle voller Hoffnung zur ersten Audienz mit der Queen. Am Ende ihrer Amtszeit wirkten sie alle müde und gealtert und mussten beinahe auf der Bahre weggetragen werden. Die Politik hat sie gebrochen – aber die Queen hat alles unverändert überstanden.

Fühlen Sie sich nach dem Brexit immer noch als Europäer?

Ja! Mich hat der Brexit tief getroffen! Ich halte den Brexit für eine Katastrophe. Dass ich ein passionierter Europäer bin, hat auch mit meiner familiären Situation zu tun – als Sohn deutscher Flüchtlinge und als Vater von Kindern, die halbe Österreicher sind.

Der europäische Film ist sehr stark vom Autorenfilm geprägt. Sie verstecken sich dagegen meistens hinter historischen Persönlichkeiten, die Sie in den Mittelpunkt Ihrer Drehbücher stellen.

Es ist sehr interessant, dass Sie von "verstecken" sprechen. Denn es stimmt! Ich versuche tatsächlich immer, mich zu verstecken. Wenn ich in einen Raum komme, in dem ein Spiegel hängt, dann schaue ich sofort weg. Ich schaue mich nie in einen Spiegel. Ich hasse es, in der Öffentlichkeit zu stehen und ich hasse es auch, Interviews zu geben, weil ich über mich weder nachdenken noch sprechen will. Mein erster Instinkt ist immer, mich unsichtbar zu machen. Und Sie haben auch sicher recht, wenn Sie sagen, dass ich mich hinter meinen Figuren verstecke. Wenn ich über bekannte Persönlichkeiten schreibe, lenkt das von mir selbst ab. Dass in der zweiten Staffel von "The Crown" Figuren auftauchen, die viel mit mir zu tun haben, devastiert mich geradezu. Aber man kann sich offenbar nicht ständig verstecken.

Sie haben sich viele Auszeichnungen nicht persönlich abgeholt, die ROMY aber schon. Bedeutet Ihnen der Preis so viel?

Preise bedeuten mir nichts, aber für die ROMY nach Wien zu kommen, war für mich selbstverständlich. Ich möchte schließlich, dass meine Kinder stolz auf mich sind und sehen können, dass ich auch in Österreich einen Preis bekommen kann.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte KURIER-Autorin Gabrielle Flossmann.