Leben/Reise

Bunte Tempel, Penis-Kult und viel Natur

Der kunstvoll an die Hauswand gemalte Penis hat ein Gesicht mit Vampirzähnen und lächelt selig. Das regt den buddhistischen Mönch, der an der Hauswand lehnt und auf seinem Smartphone tippt, so auf, wie einen österreichischen Mönch das Antlitz des Heiligen Antonius.

Phallus-Symbole sind in Bhutan allgegenwärtig. Wo bei uns am Rückspiegel des Autos ein Rosenkranz baumelt, hängt da ein Phallus. Oder sie stehen aus Holz geschnitzt auf Fensterbänken, beschützen vor bösen Geistern.

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Zu verdanken haben die Bhutaner den Kult Drukpa Kunley. Der Mönch kam im 15. Jahrhundert mit ziemlich unkonventionellen Ansichten aus Tibet nach Bhutan, legte sich mit der Obrigkeit an, war weder Frauen noch Alkohol abgeneigt und hatte etwas gegen falsche Frömmigkeit. Die Bhutaner verehren ihn als "Heiligen Narr" und haben ihm das Kloster Chimi Lhakhang errichtet. Dort wollen sich viele segnen lassen – mit einem hüfthohen Holzpenis. Das soll bei unerfülltem Kinderwunsch helfen.

Bhutan, das bis vor wenigen Jahrzehnten von der restlichen Welt abgeschottete Königreich im Himalaja-Gebiet, ist reich an Mystik, Klöstern und unberührter Natur. Für letztere sorgte der König höchstpersönlich. Er hat in der Verfassung festgeschrieben, dass zwei Drittel seiner Landesfläche bewaldet bleiben müssen. Er will einen sanften Tourismus, keine Massen, die sein Land niedertrampeln und die Umwelt zerstören.

Unter den unzähligen Klöstern des buddhistischen Landes ist das Tigernest im Paro-Tal das bekannteste. Auf mehr als 3000 Metern Seehöhe schmiegt es sich an den Felsen, erreichbar ist es über einen steilen Weg, der in einen Treppensteig mündet. Das haben Klöster so an sich – der Weg zu ihnen ist steinig.

Per Muli zum Tigernest

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Die 800 Höhenmeter zum Tigernest können sich Buddhisten und Touristen aber erleichtern. Am Beginn des Weges stehen Regenschirme, Wanderstöcke und Maultiere zum Verleih bereit. Ein Inder konnte nicht widerstehen. Jetzt sitzt er ungelenk auf einem Muli und hält einen aufgespannten Regenschirm gegen die stechend heiße Sonne über seinen Kopf. Sportlich schaut nur der Guide aus, der leichtfüßig neben dem Inder herrennt und ihn in regelmäßigen Abständen wieder in seinem Sattel gerade rückt – immer dann, wenn er wie ein Sack Kartoffel vom Maultier zu kippen droht.
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Während des mehrstündigen Aufstiegs fragt sich wohl jeder, warum das Tigernest so weit oben sein muss. Das haben wir Guru Rinpoche zu verdanken, dem Nationalheiligen Bhutans. Der Legende nach ist er im 8. Jahrhundert auf einer Tigerin sitzend ausgerechnet dort gelandet, wo jetzt das Kloster steht.

Immer im Uhrzeigersinn

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Entlang der Handelsrouten durchs Land sind im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche buddhistische Klosterburgen, Dzongs genannt, gebaut worden. Einer der bedeutendsten ist jener von Punakha. Dzongs sind teils Kloster, teils Verwaltungsgebäude, wobei ein Turm im Innenhof stets als Demarkationslinie dient. Die Gebetsmühlen müssen von Mönchen und Touristen im Uhrzeigersinn gedreht werden – alles andere würde schlechtes Karma bringen. Alles ist bunt, von den Thangkas, über die Wandmalereien bis hin zu den geopferten Butterblumen, die vor den Altären und goldenen Buddha-Statuen stehen.

Bergfexe, die die Gipfel abgrasen wollen, sind im Himalaja-Staat falsch. Die Gipfel gehören den Göttern, nicht den Menschen, so der Glaube. In Bhutan gibt es unberührte Natur, etwa in Phobjikha-Tal auf knapp 3000 Metern Seehöhe, wo Vogelfreunde aus aller Welt die seltenen Schwarzhalskraniche beobachten.

Die Hauptstadt Thimphu ist in den vergangen Jahren auf rund 100.000 Einwohner angewachsen, hat aber keine einzige Verkehrsampel. Es gab einmal eine, aber die war den Bewohnern nicht geheuer. Jetzt regelt ein Polizist an der zentralen Kreuzung den Verkehr, aber mehr als Touristenattraktion.

Straßenhunde und Kühe

Für die 68 Kilometer von Paro in die Provinz Haa braucht man drei Stunden. Die Straßen sind holprig, kurvig und voll von Verkehrsteilnehmern, die sich nicht hetzen lassen: Kühe trotten unbeirrt von hupenden Autos in der Mitte der Straße, streunende Hunde erholen sich in der Vormittagssonne von den Revierkämpfen der Nacht.

In Haa sind an diesem Tag viele Herren mit Pfeil und Bogen unterwegs. Bogenschießen ist der Nationalsport, es treten Mannschaften aus verschiedenen Landesteilen gegeneinander an. Immer wenn einer aus einer Distanz von mehr als 40 Metern trifft, tanzen die anderen singend um die Zielscheibe. "Wir trinken gemeinsam, ziehen uns gegenseitig auf, schießen ein bisschen", erklärt ein Teilnehmer, der den ganzen Vormittag noch nie getroffen hat. Eine Gruppe Frauen tanzt währenddessen singend im Kreis. "Sie singen über die Schönheit des Landes", übersetzt einer. "Blödsinn, sie verhöhnen den Gegner", widerspricht ein anderer. Fakt ist, dass in Bhutan, einem Land in etwa so groß wie die Schweiz, knapp 40 Dialekte gesprochen werden, die teils schon im Nachbartal nicht mehr verstanden werden. Ein Wort passt aber fast immer: "Taschideleg". Heißt so viel wie Alles Gute, aber auch Prost. In den Dörfern, wo sich Einheimische ehrlich über Touristen freuen, hört man es ständig.

Anreise

z. B. mit Air India von Wien nach Delhi, von dort spektakulärer Flug mit der Drukair – Royal Bhutan Airlines über die Berge nach Paro.

Visum/Einreise

Alle Reisen müssen über ein autorisiertes Reisebüro organisiert werden, das sich auch ums Visum kümmert. Pro Besuchs- tag sind je nach Saison 200 bis 250 Dollar Touristentaxe fällig, darin enthalten: Unterkunft auf 3*-Niveau (Aufzahlung für Luxus möglich), Verpflegung, Transport, Begleitung durch Guide, alle Eintritte.

Währung

1 Euro = 75 Ngultrum, am besten Euro oder Dollar vor Ort wechseln, ein Essen im Restaurant kostet 100 bis 150 Ngultrum.

Beste Reisezeit

März bis Mai oder September und Oktober.

Übernachten

z. B. im Le Meridien, Riverfront (in Paro), Le Meridien (Thimphu), Taj Tashi (Thimphu), Dhensa Resorts, (Punakha), Bauernhaus im Haa-Tal

Buchung

Spezialist-Kuoni schnürt mit Atlas Tours individuelle Pakete. Tel: 01/51533-0, www.kuoni.at

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