Leben/Reise

Radwandern mit der ganzen Familie

Nächster Halt an diesem Samstagvormittag: Bahnhof Klaus an der Pyhrnbahn. Hier steigt die vierköpfige Familie aus. „Am liebsten reisen wir mit dem Rad“, sagt Martin Wischin. Das ist bei ihm auch berufsbedingt: Wischin ist IT-Spezialist und Redakteur beim in Berlin und im Waldviertel ansässigen Radkarten-Verlag Esterbauer. Doch für den 45-Jährigen ist es mehr: „Es ist ein Tempo mit dem Rad, bei dem die Seele noch mitkommt.“

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An seiner Seite: Sein bald sechs Jahre alter Sohn Magnus mit dem eigenen Fahrrad, die dreieinhalb Jahre alte Tochter Bernadette auf einem Rad, das dank einer Tandem-Kupplung den Papa als Antriebsmaschine verwendet, und seine Frau Barbara mit Kinderanhänger und einem Augenzwinkern: „Als Servicewagen für alle Fälle.“

Wo die Lok dampft

Der Steyrtal-Radweg ist für die Rad-erprobte Familie ein Versprechen. Denn er folgt einer aufgelassenen Bahnstrecke. Steigungen, die die Kinder überfordern, sind eher auszuschließen. Zudem geht es flussabwärts. Im goldenen Zeitalter der Eisenbahn war der Bahnhof Klaus die Endstelle der Steyrtalbahn. Diese verkehrte über Molln und Grünburg nach Steyr und Garsten. Bis der Sparstift auch diese Nebenlinie auf der Karte strich. Immerhin wird der Abschnitt von Grünburg nach Steyr noch von leidenschaftlichen Bahnliebhabern verteidigt: An Sommer-Wochenenden bietet ihr privater Verein Bahnfahrten mit der Dampflokomotive an. Ein Angebot, das zieht.

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Der Dampfzug ist heute das Ziel der Wischins. Auf dem asphaltierten Bahndamm geht es los. Erster Höhepunkt: der Blick über die tiefe Schlucht der Steyr. Auf der anderen Bergseite sehen die Radler die Wallfahrtskapelle Mariä Heimsuchung, sie belassen es jedoch heute beim Anblick. Tapfer schlägt sich Sohn Magnus: Auf den kurzen Anstiegen steigt er ab und schiebt sein Rad. Ohne Murren. Ein Brunnen am Wegrand belohnt die Kinder für ihre Mühen, auch wenn es für sie gar nicht einfach ist, den Wasserschwall mit dem Mund einzufangen.

Nächster Etappenstopp ist Steyrdurchbruch. Dieser Name ist Programm. Von der Aussichtsplattform unter der Autobrücke blicken die Tourenradler in die Tiefe. Die Steyr hat sich hier eingegraben. Unten versteckt sich ein im Jugendstil erbautes Kraftwerk und beeindruckt die Eltern. Anderes beeindruckt ihre Kinder, die unerschrocken an der Brüstung turnen.

Abenteuer Spielplatz

Dann geht es an einer noch aktiven Köhlerei vorbei. Die hier hergestellte Holzkohle zum Grillen kann man bei einem Bauern käuflich erwerben. Der Gedanke an Grillspezialitäten macht auch die Radler hungrig. Und so fahren sie flott abwärts, bis sie schließlich Leonstein erreichen. Dort verlassen sie den Radweg und besuchen die knapp zwei Kilometer entfernte Marktgemeinde Molln, die als Heimat der Maultrommler gilt.

Das Maultrommel-Dorfmuseum lassen sie links liegen und kehren dafür im schattigen Kastaniengarten des Gasthauses Klausner ein. Mahlzeit! Mit einem Lebkuchen von der Konditorei Illecker kommen sie nur noch bis zum Abenteuer-Spielplatz hinter dem Nationalparkzentrum. Vater Wischin wundert sich: „Man glaubt gar nicht, wie viel Energie die Kinder noch übrig haben, auch wenn sie nicht mehr radeln wollen.“

Er beschließt daher, seine Familie am Spielplatz zurückzulassen und mit dem Fahrrad retour zum Auto nach Klaus zu fahren. Eine weise Entscheidung: Bereits nach fünf Minuten im Auto schlummert Tochter Bernadette friedlich ein. Den Dampfzug, den ihr Vater dann überholt, kann sie somit nicht mehr bewundern.

Einkehrmöglichkeiten:

Gasthaus Seeblick am Stausee Klaus: Tel. 0676/56 90 269; www.stauseeklaus.com

Wirt im Dorf in Molln: Im Dorf 1, 07584 / 40 215; www.wirt-im-dorf.at

Konditorei-Lebzelterei Illecker in Molln: Hafnerstraße 7, Tel. 07584 / 2021; www.konditorei-illecker.at

Gasthaus Zum Bezirksgericht in Grünburg: Gerichtsstraße 3, Tel. 07257 / 20 085; www.zum-bezirksgericht.at

Übernachtungsmöglichkeiten:

Landgasthof Klausner in Molln: Hafnerstraße 30, Tel. 07584 / 39 933; www.landgasthof-klausner.at

Leonsteinerhof in Leonstein: Mollner Straße 6, Tel. 07584 / 2756; www.leonsteinerhof.at

Gasthof Kirchenwirt in Obergrünburg: Tel. 07257/8190; gh-lirk@obergruenburg.at

Sehenswürdigkeiten:

Maultrommel-Schaubetriebe in Molln: Hoisn Haus, Maultrommelstraße 9; www.maultrommel.at

Museum im Dorf in Molln: Im Dorf 1; museum.molln.cc

Messerermuseum in Steinbach/Steyr: Hochgasse 17; www.messerermuseum.at

LITERATURTIPP:

Fluss-Radwege Oberösterreich, Verlag Esterbauer, 13,90 €.

01. ETAPPE / 17. JULI 2016
Prolog: Race Across Steiermark.

02. ETAPPE / 20. JULI 2016
Mit Kindern auf dem Steyrtalradweg.

03. ETAPPE / 24. JULI 2016
Auf dem Schrammelradweg im Waldviertel.

04. ETAPPE / 27. JULI 2016
Rad, Boot, Bahn: Die Wolfgangsee-Trilogie.

05. ETAPPE/31. JULI 2016
Opa, Papa, Sohn: Rund um den Bodensee.

06. ETAPPE/ 03. AUGUST 2016
Transalp-Tour: Von Krimml nach Bruneck.

07. ETAPPE/ 07. AUGUST 2016
Dem Veltliner auf der Spur im Weinviertel.

08. ETAPPE / 10. AUGUST 2016
Um den Wörther See radeln – und chillen.

09. ETAPPE / 14. AUGUST 2016
Adrenalin! Im Ötztal Radmarathon fahren.

10. ETAPPE / 17. AUGUST 2016
Nach Süden! Entlang von Mürz und Mur.

11. ETAPPE / 21. AUGUST 2016
Gott! Radpilgern von Wien nach Mariazell.

12. ETAPPE / 24. AUGUST 2016
Die Hohen Tauern zum Auspowern.

In all den Jahren auf dem Rennrad konnte der inzwischen 34-jährige Radprofessional Christoph Strasser viel Erfahrung sammeln. Auch in punkto leichtes Reisegepäck und Wegzehrung. Hier eine Auflistung jener nützlichen Dinge, die Strasser on tour immer dabei hat:

Zwei große gefüllte Trinkflaschen und Elektrolytgetränkepulver (eine Flasche pro gefahrene Stunde gilt als Faustregel), eine Banane, eine Packung Flüssignahrung, Reserveschlauch, Luftpatrone, Werkzeug für unterwegs, 5 Euro, Bankomatkarte, E-Card, Mobiltelefon, Rad-Navi am Lenker. Für den Fall, dass es unterwegs dunkel wird, hat er am Rad auch ein fixes Rücklicht montiert.

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Im Laufe der Jahre und unzähliger Radtouren hat auch der erfahrene Radmechaniker Andreas Röderer viel Erfahrung gesammelt. Hier eine Auflistung jener Dinge, die er immer in seine Packtaschen stopft:

Für das Rad: Ersatzschlauch, Luftpumpe und Werkzeug.

Für den Körper: Sonnenschutz, Creme für die Weichteile, Zahnbürste, Waschzeug, Waschlappen, mittelgroßes Handtuch und Helm (dient nebenbei auch als Sonnen- bzw. Regenschutz).

Zum Anziehen: Knickerbocker, kurze Sporthose, dünne lange Hose, Trikot aus Merinowolle (atmungsaktiv), helles, knitterfreies Hemd, leichter Fleece-Pulli mit Zipp, leichte atmungsaktive Regenjacke, Unterhosen, Badehose sowie Radhandschuhe.

Schuhwerk: Radschuhe für SPD-Pedale, leichte Flipflops oder Espadrillos sowie dünne kurze Baumwollsocken.
Packtaschen: Zwei wasserdichte Taschen (40 Liter), Lenkertasche für Handy, Fotoapparat, Geldbörse, Dokumente und Radkarte.

Rodingersdorf im Waldviertel. Dort, in einem alten Bauernhof, ist der Salzburger Roland Esterbauer heute zu Hause. Und auch sein Verlag. Den kleinen Ort in der Nähe von Sigmundsherberg muss man auf der Karte suchen. Ein Glück, dass Esterbauer ebensolche produziert. Der Verlag Esterbauer ist eine österreichische Erfolgsgeschichte – und ein Exportschlager, speziell in Deutschland. Vor allem jene erste große Karte des Verlags, die gute Orientierung auf dem Donauradweg bietet, wurde zum absoluten Klassiker für deutschen Radtouristen. Deshalb arbeiten neben den 16 Mitarbeitern in Rodingersdorf weitere sieben in einem Stadtbüro in Berlin.

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Eigentlich wollte Roland Esterbauer mit dem Erstellen einer Niederösterreich-Radkarte sein Studium an der Technischen Universität in Wien finanzieren. Aus dem Ferialjob wurde seine Berufung. Das war Mitte der 1980er-Jahre. In den vergangenen dreißig Jahren haben seine Leute 470 Titel erarbeitet, neben Radtourenbücher und -karten auch Mountainbike- und Wanderführer. „In der Zwischenzeit haben wir Material zu den interessantesten Rad- und Wanderregionen Europas“, erzählt Esterbauer stolz. Die Schwerpunkte hat er in Deutschland und in Österreich gesetzt.

Die Vermessung der Welt bzw. von Radwegen ist heute ein aufwendiges Unterfangen: Redakteure des Verlags fahren jede Tour vorab mit dem Rad und dem Auto ab. Ihre Erfahrungen und GPS-Daten werden in die Karten (auch online) eingetragen. Von ihrem Know-how profitiert in den nächsten Tagen auch der KURIER. Drei der zwölf Touren werden von Esterbauers Leuten vorgestellt.