Leben/Reise

Zürich: Schriller Lifestyle mit altmodischem Touch

Zürich ist zwar hip, aber leider nicht cheap. Die Franken-Aufwertung im Jänner lässt den Tourismus schwächeln. Und jeder Schweizer weiß, dass „zwei Wochen Bali günstiger kommen als eine Woche im Tessin.“ Aber was soll’s – ein nettes Wochenende in der überschaubaren Metropole am idyllischen Zürichsee muss einmal drin sein.

Wir sind im Stadtteil Zürich West unterwegs, der sich vom einstigen Industrieviertel in eine attraktive Ausgehmeile und in ein Trendquartier verwandelt hat. Urbaner Lifestyle verfolgt uns hier auf Schritt und Tritt. Wo einst Schiffe gebaut und Motoren zusammengeschraubt wurden, stehen heute Kunst, Design, Gastronomie, Kultur, Shopping und Architektur im Mittelpunkt. Die Fabriken sind weggezogen und hinterließen enorm viel Raum. Ein Leckerbissen für Kreative.

Skurriles Sammelsurium

Im Backsteinkomplex Schiffbau etwa befindet sich eine interessante Spielstätte des Schauspielhaus Zürich, mit origineller Gastronomie. Unbedingt die Einkehr wert ist „les halles“, ein skurriles Sammelsurium aus Bar, Restaurant und Gourmetshop mit Allerlei vom Flohmarkt an den Wänden. Relativ preiswerte Verköstigung bietet die Markthalle an der Limmatstraße 231. Sie befindet sich in den umgebauten 53 Aussersihler Viaduktbögen, in denen nun Shops, Galerien, Tanzschulen und Gastrobetriebe zu finden sind und on top Radler und Walker auf ihre Kosten kommen. Zur Flanier-Orientierung besorgt man sich am besten die Zürich-West-urbanwalk-Karte.

Der schrille Lifestyle verfolgt uns bis ins Bett. Im schicken Designhotel 25hours Zürich West, das im ehemaligen Milchindustriezentrum Toni-Areal liegt, speisen wir vorzüglich Hummusvariationen im Restaurant Neni, schreiten über eine Treppe bei der Bar: „Männer lieben das Schaulaufen hübscher Damen“, sagt der freundliche Barkeeper. Der Zürcher Designentwickler Alfredo Häberli hat die Treppe unter diesem Aspekt eingeplant. Und die 126 Zimmer im Hotel sehr bunt und schrill gestaltet.

Fashion Hotspot

An der Wand hängt in jedem Zimmer eine Original Freitag-Tasche, die sich der Gast kostenlos für seinen Zürich-Aufenthalt ausleihen kann. Vor dem Check-out muss die recycelte Umhängetasche wieder am Haken im Zimmer baumeln. Jede Tasche ist ein Unikat, im Züricher Stammhaus lassen die Freitag-Brüder Markus und Daniel jährlich 350 Tonnen Lkw-Planen, 18.000 Fahrradschläuche und 150.000 Autogurte zu Taschen und Accessoires verarbeiten. Der Freitag-Flagshipstore-Turm im Geroldareal ist übrigens in Gehweite vom Hotel 25hours, das unmittelbar neben dem neuen Campus-Komplex der Zürcher Kunst-Hochschulen liegt und sich in ein paar Wochen wieder zum Fashion-Hotspot für Modefreaks verwandeln wird. Dazu werden 50 Zimmer umfunktioniert und bieten zwei Tage den exquisiten Rahmen für Designershopping. Ein Event, der auch Hotelgästen Spaß macht. Und weil das lässige 25hours so gut läuft, soll in naher Zukunft auch beim Hauptbahnhof eines aufsperren.

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Umweltbewusst

45.000 Studenten leben in der Universitätsstadt, sie verpassen der 405.000-Einwohner-City mit 32 Prozent Ausländeranteil ein pulsierendes Stadtbild. Bevölkern die Lokale und Nachtclubs in Zürich West. Die Öffis sind immer bummvoll und verkehren verlässlich. 50 Prozent der Zürcher haben kein Auto. Zürich rollt umweltfreundlich. Auf Schienen und zwei Rädern. Der Fahrradverleih ist gegen Depotgebühr gratis. Zürich hat zwölf Bahnhöfe, aber keine U-Bahn, in den 1970ern hat man dagegengestimmt. In der Schweiz wird ja bekanntlich über alles abgestimmt. Die Züge fahren aber auch unterirdisch. Man hat „soziale Wohnungen“ – damit Jung und Alt einander unterstützen können. „Und man mietet in jungen Jahren“, sagt Guide Regula, „bis 40 Jahre klebt man nicht am Sessel, bleibt arbeitsmäßig flexibel.“

Zürich blieb im 2. Weltkrieg vor Schäden weitgehend verschont, viele Gebäude in der Altstadt sind denkmalgeschützt, erkennbar an einem blauen Schild an der Fassade. In den Zunfthäusern am Limmat -Fluss sind heutzutage Restaurants und Shops zu finden. Wir kehren in der Konditorei Schober ein, genießen Eis, das mit Rahm hergestellt ist, kaufen beim Chocolatier Läderach in der noblen Bahnhofstraße sündteure Schokolade ohne Konservierungsstoffe ein. Sie muss rasch verzehrt werden. So ein Pech! Das schnelle Naschen erledige ich an diesem goldenen Herbsttag während der entschleunigenden Bootsfahrt mit der MS Uetliberg auf dem Zürichsee. Wir steuern u. a. Küsnacht an, wo „Simply The Best“-Tina Turner in einer Villa mit Garten wohnt.

Wenn Geld beim Zürich-Besuch keine Rolle spielt, empfehle ich die Logis im The Dolder Grand. Das pompöse Hotel-Resort wurde mit 440 Millionen Schweizer Franken aufwendigst renoviert, verfügt zudem über eine Kunstsammlung von mehr als 100 Werken. So prangt Andy Warhols elf Meter breites „Big Retrospective Painting“ unübersehbar über der Rezeption. Dass man hier auch bei einem kurzen kulinarischen Stopp verwöhnt wird, versteht sich von selbst. Die gefüllte Wachtelbrust mit Mirabellenchutney und der fruchtige Heida-Weißwein aus dem Wallis munden vorzüglich.

Uhrmacherkurs

Besondere Hotelpackages wie das „Luxurious Watchmaking Experience“ (2 N/F für zwei in Juniorsuite ab 2550 €) beinhalten auch einen Uhrmacherkurs beim famosen Juwelier und Uhrmacher Bucherer in der City. Ich durfte dort an einem Uhrwerk schrauben und drehen. Es unter fachkundiger Anleitung (schnell) zerlegen und danach (sehr langsam) mit viel Geduld wieder zusammenbauen. Meine wichtigsten Helferleins: 9-teiliges Schraubenzieherset, Pinzette, Lupe mit Kopfbügel – und Herr Acat!

Wie schnell doch die Zeit in Zürich vergeht! Uf Wiederluege, ich komme wieder!

Anreise

Swiss fliegt WienZürich 4 x täglich (Economy-Light-Roundtrip ab 100 €, Business-Class Roundtrip ab 440 €) und GrazZürich 1 x täglich (Economy Light Roundtrip ab110 €, one-way 99 €, Business Class Roundtrip ab 360 €). Mindestaufenthalt im Roundtrip vorgeschrieben, im one-way Tarif nicht. Tagesaktuelle Tarife auf www.swiss.com

– Ab Westösterreich ist die Anreise per Railjet Salzburg–Zürich bzw. InnsbruckZürich interessant. oebb.at

Währung/Preisniveau

1 CHF = 0,93 €. Frisch Schoggi ohne Konservierungsstoffe z. B. vom Chocolatier Läderach in der Bahnhofstraße sind extrem teuer. Ein bisschen von da und von dort – und schon zahlt man für offene Bruchware 53 €! www.laederach.com

Zürich Card

Das ideale Ticket für Kulturinteressierte und Stadt-Entdecker. Gibt’s für 24 oder 72 Stunden, kostet 24 bzw. 48 €. Ermöglicht Freie Fahrt in der 2. Klasse mit allen Öffis in der Stadt Zürich und Umgebung, freien Eintritt oder Ermäßigung in die meisten Zürcher Museen, 10 bis 20% Ermäßigung in ausgewählten Zürcher Shops, kulinarische Überraschung in diversen Restaurants, 50% Ermäßigung auf öffentliche Stadtführungen von Zürich Tourismus usw. Details: zuerich.com

Lifestyle

z. B. FREITAG Flagship Store, Geroldstrasse 17 8005 Zürich, Mo. bis Fr. 11–19:30 Uhr, Sa. 10–18 Uhr, www.freitag.ch

les halles, Restaurant/take-away-market, Pfingstweidstraße 6, 8005 Zürich-West, www.les-halles.ch

Schön-schäbiges Flair, einzigartig, liegt an der Kulturmeile Zürich West, Fundgrube-Sammelsurium, einfach kommen, schauen und genießen.

Zürich rollt: Gratis Velo-Verleih an mehreren Stationen in der Stadt, Ausweis zeigen, 20 CHF Depot hinterlegen, los geht’s. www.aoz.ch/zuerirollt

Essen

Restaurant Clouds, Zürich-West: Maagplatz 5, 8005 Zürich, ☎ +41 (0)44 404 30 00, info@clouds.ch, www.clouds.chBefindet sich im 35. Stock eines Wolkenkratzers in 120 Meter Höhe. Casual Dining im Restaurant auf höchstem Niveau, bietet auch Bistro und Bar. Immer spektakulär: Die Aussicht durch verglaste Fronten.

Restaurant Fischers Fritz, Seestraße 559, 8038 Zürich, ☎ +41(0) 44 480 13 40, info@fischers-fritz.ch www.fischers-fritz.ch Gemütlich-uriges Gasthaus mit schickem Publikum am Zürichsee. Spezialitäten: Knusperli vom Felchen (gebackener Fisch), Forelle bleu, Pommes in Trüffelöl frittiert.

– Café Conditorei SchoberNapfgasse 4, 8001 Zürich, ☎ +41 (0) 44 251 51 50, info@peclard-zurich.ch,www.peclard-zurich.chMitten in der Altstadt, stilvoll-altmodisches Ambiente, originaler Süßwarenladen aus der Mitte des 19. Jh., kleiner Innenhof, Vorgarten-Terrasse. Spezialitäten: Hausgemachte Schokolade. Eis wird mit Rahm erzeugt, zwei Kugeln kosten stolze 7,80 CHF (7,20 €).

Wohnen

25hours Hotel Zürich West, Pfingstweidstrasse 102, 8005 Zürich: Cooles Designhotel mit 126 bunten Zimmern und kreativer Küche. Kostenfrei: WLAN, imac workstation, Mini- & Fahrradverleih. An Wochenenden sind die Zimmer am günstigsten. www.25hours-hotels.com/zuerich

– Vom 9.–11. 10. 2015 verwandelt es sich wieder in ein Fashion Hotel – mit Designershops zu leistbaren Preisen und lässigen Partys. http://fashionhotel.ch

The Dolder Grand, Kurhausstrasse 65, 8032 Zürich, Tel. +41 44 456 60 00, info@thedoldergrand.com, www.thedoldergrand.comLuxushotel für Menschen mit dicker Brieftasche. 173 exquisit ausgestattete Zimmer und Suiten, erlesene Gastronomie, 4000 Spa-Bereich. Auffahrt z. B. mit der Zahnradbahn bis zur Bergstation Dolderbahn. Vom Hotel herrlicher Blick auf Zürich, den See und die Alpen. Shuttlebus ins Stadtzentrum kostenlos. Saisonale Paketangebote, auch mit Uhrmacherkurs bei Bucherer in der Bahnhofstraße.

Nachtleben

Mascotte, Theaterstrasse 10, 8001 Zürich, ☎ +41 44 260 15 80, www.mascotte.ch: freier Eintritt mit der ZürichCARD, Konzerte ausgenommen. Ältester Nachtklub Zürichs. Vermischt Kult und neue Trends. Uneingeschränkte Seesicht, Rock, Blackmusic, Electronic, 60ies to 80ies, House oder Live-Konzerte.

Termine

– 24.9.–4.10.: Zürich Film Festival, http://zff.com/de/home

– 16.–18.10.: Contemporary Art Festival, http://art-zurich.com/de/

– 29.10.–12.11.: Expovina Zürich, www.expovina.ch

Pauschalangebote

für Zürich bieten u. a. Ruefa, TUI, Dertour sowie ÖBB Rail Tours. Details im Reisebüro.

Auskünfte

Schweiz Tourismus,☎ 00800 100 200 30info@myswitzerland.comMySwitzerland.com