Um den Stupa in Kathmandu rattern Gebetsmühlen, im hinduistischen Zentrum brennen Scheiterhaufen. Touristen zieht es auf Berge, zu Tempeln und zur Elefanten-Safari.
Überall Steinstufen. So viele nacheinander, dass sie Landstraßen genannt werden und die Dörfer in Nepals Bergen verbinden. Mit Bergschuhen, Funktionsshirt und Rucksack ausgerüstet schleppe ich mich schweren Atems über Treppensteige, kein Auto weit und breit, Stille. Unter einem Baum sitzt ein Ziegenhirte, "Namaste" sagt er zahnlos lächelnd. Ich grüße zurück, nutze die Gelegenheit stehen zu bleiben und nach Luft zu schnappen. Und werde prompt überholt. Von zwei Nepalis in Flipflops. Auf der Stirn Riemen, verbunden mit den riesigen vollbeladenen Körben auf ihren Rücken. "Namaste" sagen sie, falten die Hände vor ihrem imaginären dritten Auge, verbeugen sich mit einem Lächeln und schlapfen leichtfüßig an mir vorbei.
Vor der Energie der Nepali kann man nur ehrfürchtig kapitulieren. Am besten unter einem schattigen Pappelfeigenbaum, um den ein Gläubiger einen Rastplatz gebaut hat. Aus Steinen, so angeordnet, dass Träger ihre "Buckelkraxn" abstellen können, ohne den Stirnriemen abzunehmen. Solche Plätze gibt es zuhauf. Wer sie baut, bekommt gutes Karma, heißt es.
Nepal ist nicht einfach nur Nepal. Die Landschaft ändert sich ständig. Den einen Moment steht man auf saftiggrünen Wiesen, hört das Bimmeln von Kuhglocken und schaut über schneebedeckte Berge. Wenig weiter gibt es Rhododendron-Wälder und dann schwingt sich plötzlich ein Rhesusaffe von Baum zu Baum. Im subtropischen Süden gibt es Tiger und Nashörner, im Norden 8000er. Mittendrin das quirlige Kathmandu, in dem sich hupende Autos an streunenden Kühen vorbeischieben. Pilgerstätten von Hinduisten und Buddhisten. Glaube, Aberglaube, unerschütterliche Lebensfreude.
Hühner am Highway
Wer Nepal – so groß wie Österreich und Bayern zusammen – kennenlernen will, muss sich auf das Tempo des Landes einstellen. Die Straßen sind holprig und kurvig, auch wenn sie Highways genannt werden. Für die 137 Kilometer von Kathmandu zum Chitwan-Nationalpark nahe der indischen Grenze braucht man gut sechs Autostunden. Kinder in Schuluniformen balancieren auf der Leitplanke, aufgescheuchte Hühner rennen über die Fahrbahn, Männer mit verfilzten Haaren und wallenden Gewändern sind barfuß unterwegs. Es sind Sadhus, indische Bettelmönche, die nach Kathmandu pilgern.
Pashupatinath heißt das hinduistische Gesicht Kathmandus, Pilgerstadt und UNESCO-Weltkulturerbe. Hindus, die es sich leisten können, lassen sich hier nach ihrem Tod auf einem Scheiterhaufen verbrennen und ihre Asche in den Fluss streuen. Weil dieser irgendwann in den Ganges mündet. Gleich mehrere Scheiterhaufen brennen gleichzeitig, Familien trauern, Touristen fotografieren, Bettelmönche bestehen auf Almosen fürs Posieren.
Kathmandu ist auch Pilgerstadt für Buddhisten. Keine 20 Autominuten von Pashupatinath entfernt ist ein weiteres Weltkulturerbe, der große Stupa von Bodhnath. Schon im Morgengrauen umrunden murmelnde Buddhisten den Stupa, die Gebetsmühlen rattern unaufhörlich, streunende Hunde ringeln sich mitten im Gewusel zum Schlafen ein. Sie haben die halbe Nacht gebellt, in der Nacht gehören die Straßen ihnen. Eine Marktstandlerin wickelt einen Streuner in Fleece ein. Er soll es warm haben. Hunde gelten in Nepal als Glücksbringer – im Gegensatz zu Katzen. Eine Kuh, die im Müll nach Essbarem sucht, hat sich mit einem Hund angefreundet. Er verbellt alle, die der Kuh zu Nahe kommen.
Richtig tierisch wird es im Chitwan-Nationalpark. Die Chance, schon vor dem Frühstück eine Nashorn-Familie in freier Wildbahn anzutreffen, ist groß. Zumindest, wenn man am Rücken eines Elefanten sitzt. Die Tiere sind vom Elefanten völlig unbeeindruckt und nehmen nicht wahr, dass er Touristen am Rücken sitzen hat. All den "Ooooh"-Rufen und Klicken der Kameras zum Trotz. Auch die Tiger des Nationalparks nehmen angeblich nicht Reißaus. Man sieht sie aber seltener. Feigeren Touristen reichen aber auch die Kratzspuren der Großkatzen an den Bäumen. Ähnlich verhält es sich bei einer Einbaumfahrt am Rapti-Fluss. Solange man nur Vögel und Wildhirsche zu sehen bekommt. Dann tauchen die ersten Krokodile auf, die sich am Ufer sonnen. Touristen erstarren augenblicklich – um das Boot nur ja nicht zum Kippen zu bringen. Wenige Meter flussabwärts waschen sich Einheimische seelenruhig im Fluss. "Diese Tiere sind nicht so gefährlich wie sie aussehen", sagt der Guide. Es sind Gaviale, erkennbar an der langen, spitzen Schnauze. Sie fressen nur Fisch. Dass es hier Krokodile gibt, ist der Aufzuchtfarm zu verdanken. Die jüngsten Tiere der Anlage sind so klein, dass man sie in die Hand nehmen könnte. Im Maul der größten Tiere könnte man zweifellos binnen Sekunden verschwinden.
Eine völlig andere Welt ist Pokhara, ein paar Autostunden entfernt. Hier tragen alle Wanderschuhe und Fleecejacken, wollen hoch hinaus, etwa zum Annapurna-Massiv.
Entlang des Phewa-See-Ufers sitzen Trekking-Touristen in Cafés, an Marktständen feilschen sie um Kaschmir-Schals und Sportausrüstungen mit Marken-Aufdruck. Ob Letztere halten, was sie versprechen, sollte man besser nicht am Berg ausprobieren, sagt ein Guide. Egal. Gedanklich plant man ohnehin schon die nächste Nepal-Reise. Weil es noch so viel zu sehen und verstehen gibt – und weil die Fröhlichkeit der Nepali ansteckt.
Anreise Turkish Airlines fliegen vier Mal pro Woche von Wien über Istanbul nach Kathmandu. Tagesaktuelle Preise auf www.turkishairlines.com
Beste ReisezeitOktober bis März
GesundheitKeine Vorschriften, Empfehlung für Hepatitis A, Polio, Tetanus und Typhus, im Süden wie im Chitwan-Nationalpark wird zusätzlich Malariaprophylaxe empfohlen.
Währung/Preisniveau 1 Euro = rund 120 Nepalesische Rupien.
Übernachtung in einer Lodge mit Frühstück und Abendessen gibt’s um etwa 60 Euro, ein Bier im Restaurant kostet rund 10 Euro, am Markt bekommt man ein Kilo Tomaten um rund 70 Rupien.
PauschalangebotWeltweitwandern bietet z. B. 15 Tage Nepal um 2670 Euro p. P. im DZ an. Flug mit Turkish Airlines. 4 Tage Trekking auf Panoramawegen am Annapurna-Massiv (man muss nicht Spitzensportler sein – die durchschnittliche Gehzeit pro Tag beträgt drei Stunden), UNESCO-Weltkultur-Altstädte von Kathmandu und Bhaktapur, Tempel- und Klosterbesichtigungen im Kathmandutal, Elefantensafari und Einbaumfahrt im Royal Chitwan National Park, lokale deutschsprachige Reiseleitung
Eines vorweg: In Nepal ist der Gast König. Selbst wenn Einheimische sich wochenlang für einen Kanister Benzin anstellen, werden Touristenbusse sofort vollgetankt. Der Tourismus ist die wichtigste Einnahmequelle des Landes, die nach dem Erdbeben im April 2015 aber großteils versiegt ist.
Speziell Kulturtouristen sind ausgeblieben, weil sie dachten, dass die Tempel großteils zerstört sind, was nicht der Fall ist. Es waren vor allem Privathäuser, die zusammengebrochen und teils bis heute nicht wieder aufgebaut sind. Der Grazer Reiseveranstalter Christian Hlade hat mehr als eine halbe Million Euro für die Erdbebenhilfe in Nepal gesammelt.
Das Geld wurde zunächst für Notunterkünfte aus Sperrholzplatten für 50 Waisenkinder und Kinder von armen Familien verwendet. Seit September baut Nepal-Partner Sudama ein neues, erdbebensicheres Heim. Volunteers können gemeinsam mit den Mitarbeitern des Heims und den Kindern beim Bau mithelfen. Auch in der Küche ist Verstärkung gefragt. Infos dazu gibt es unter www.weltweitwandernwirkt.org. Hlade wurde für sein soziales Engagement mit dem Josef-Krainer-Heimatpreis ausgezeichnet.
Der Grazer will authentische Erlebnisse vermitteln. Er hetzt nicht von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, lässt Zeit zum Ankommen. Etwa bei einem Spaziergang durch Bhaktapur, wo das Hupen der Mopeds, die über die Pflastersteine holpern, zur Geräuschkulisse gehören. Gruppen von Männern zerlegen am Straßenrand eine Ziege für ein Festmahl, Frauen waschen in Bottichen Kleidung, Kinder waschen sich am Brunnen und der Tourist merkt schnell, dass das Leben hier ganz anderes ausschaut als zu Hause.