Hotelstorys: Lost & Found
Von Bernhard Praschl
Ob es Lady Gaga war oder Beyoncé, bleibt im Dunklen. Diskretion ist Trumpf. Jedenfalls war es ein US-amerikanischer Popstar, der nach einem gelungenen Gastspiel ohne silberne Plateauschuhe auscheckte. Kein Problem. Das Room Service sowie das gesamte Personal des Hotel Imperial am Wiener Kärntner Ring sorgten auch nach Abreise der Prominenten dafür, dass der Aufenthalt in guter Erinnerung blieb. „Die Plateauschuhe sind längst wieder bei ihrer Besitzerin“, versichert Pressedame Daniela Stoppel.
Gummipuppe im Bett
Ganz im Gegensatz zu der aufblasbaren Gummipuppe, die in einem anderen Hotel ein „polternder“ Mann beim Check-out schlicht „vergaß“. Andreas Berger, Geschäftsführer der Austria Trend Hotels: „Im Hinblick auf die bevorstehende Hochzeit wohl keine gute Idee.“
Nicht die einzige skurrile „Lost & Found“-Story, die Herr Berger erzählen kann. „Ein Mitarbeiter in Wien machte am Morgen einen ungewöhnlichen Fund in einem der Zimmer. Eine kleine Hündin hockte verängstigt in der Ecke und schaute ihn treuherzig an."
Skurriler Fund im Smart Luxury
Das Problem lag rasch auf der Hand: Frauchen hatte sie vergessen. „Doch es gab ein Happy-End, Hündchen Finya konnte der Besitzerin wiedergebracht werden.“ An in der Eile zurückgelassene Handys und Ladegeräte haben sich Hotelmitarbeiter längst gewöhnt. Und es gibt zum Glück, wie man sieht, wirklich deutlich originellere Fundstücke. Etwa Handschellen mit schwarzem Plüsch und rosa Herzchen. Ein Exemplar dieses „Spielzeugs für Erwachsene“ wurde erst vor Kurzem in einem der Zimmer des Daniel Wien am Landstraßer Gürtel gefunden. Das ist jenes Smart Luxury Hotel mit dem gekrümmten Segelboot von Erwin Wurm am Dach. Originalität motiviert offenbar. „Vor drei Wochen stachen sie einer Mitarbeiterin ins Auge“, meint Pressedame Ulli Leonhartsberger. „Auch wegen der Aufschrift: ,Hit Me One More Time.’“
Mit diesem guten Stück macht es jetzt nicht mehr Klick. „Die Handschellen wurden nicht mehr abgeholt und befinden sich jetzt bei uns im Fundlager.“
Ein Blick ins Lost-&-Found-Lager des Grand Ferdinand Hotel am Wiener Schubertring beweist, dass es manche dieser Stätten fast mit einem Theaterfundus aufnehmen können. Der Inhalt: Ein Schallplattenspieler, zwei Bilder (gerahmt), Vibrator, Kinderwagen, Haus- und Autoschlüssel, Muttermilchpumpe.
14.000 Schirme & Co.
Wenn einer eine Reise macht, kann er viel vergessen. Regenschirme etwa. Sie stellen mitsamt Brillen und Kleidungsstücken die Mehrzahl der rund 14.000 Gegenstände, die jährlich in den Zügen der ÖBB vergessen werden. In Taxis und Mietwagen bleiben vorwiegend Schlüssel und Geldbeutel liegen. Auf Kreuzfahrtschiffen hingegen werden bevorzugt Schuhe an Bord gelassen, angeblich mehr linke als rechte.
Was damit passiert, ist klar: Die Funde werden für eine bestimmte Zeit aufbewahrt, die Besitzer kontaktiert. Was sich leichter anhört, als es oft ist. Ulli Leonhartsberger von der Grazer Hotelgruppe Weitzer: „Einmal hatten wir einen Gast, der im Zimmersafe 8.000 Euro in bar liegen ließ. Unsere Versuche, ihn zu kontaktieren, scheiterten, bis er sich nach zwei Wochen von selbst meldete.“
Fingerspitzengefühl gefragt
Werden vom Personal Eheringe oder gar Slips und BHs entdeckt, ist Fingerspitzengefühl gefordert. Hinter Übernachtung und Hinterlassenschaft könnte ja der klassische Fall eines Ehebruchs stecken. Wird also ein Fundstück unaufgefordert zurückgeschickt, könnte das den oder die Besitzer in Erklärungsnot bringen. Nicht nur, dass dann der ein oder andere Hausfrieden schief hängt, könnte es sich ein Hotel derart mit Stammgästen verscherzen.
Mit Shetland Pony im Hotel
Andererseits kommt es auch vor, dass Hotelgäste nicht ganz unglücklich darüber sind, im Zimmer etwas „vergessen“ zu haben. Die Chefin eines niederösterreichischen Relais-&-Châteaux-Luxushotels machte die Erfahrung, dass sich eine Dame rasch achselzuckend entfernte, als sie auf einen vergessenen Ring hingewiesen wurde.
Normalerweise melden sich gerade einmal ein Viertel der Eigentümer, wenn sie etwas vermissen oder zurückhaben wollen. Verständlich bei delikaten Gegenständen wie Sex-Toys, weniger schon bei Zahnprothesen. Die britische Hotelkette Travelodge unternahm im Vorjahr den Versuch, der immer mehr anfallenden Fundstücke Herr zu werden. Erster Schritt dazu war, einmal aufzuzeichnen, was Reisende so alles vergessen.
Neben einem Miniatur-Range Rover fürs Kinderzimmer wurde auch ein Schlüssel für einen Bentley vermerkt. Typisch britisch eben! Andere Highlights: Die Kopie von Kate Middletons Hochzeitskleid, ein Zwerg-Shetland Pony, eine mit Swarovski-Steinen verzierte, 1,50 Meter hohe Hochzeitstorte sowie eine Schwiegermutter namens June!
Katze samt Katzenklo
Dabei wurde auch der Fall einer Katze bekannt, die samt Katzenklo im Bad eines Zimmers eines InterContinental-Hotels zurückgelassen wurde. Noch so ein Fall mit Happy End. Die Hausdame jenes Hotels adoptierte das herrenlose Haustier kurzerhand.
Hals über Kopf
Kaum vorzustellen, dass eine Katze zu jener Kategorie gehört, die Andreas Berger unter „Hals über Kopf“ reiht. Das bleibt ganzen Handtaschen und Koffern samt Inhalt vorbehalten, „die immer wieder vergessen werden“. Selbst in den besten Häusern, im Sacher etwa. Dessen Hoteldirektor Reiner Heilmann aber versichert, dass dort „außer diversen Kleidungs- und Schmuckstücken, Handys oder Brillen nichts Ungewöhnliches liegen bleibt“.
Kugelsichere Jacke im Taxi?
Von den Zubringerfahrzeugen zu den diversen Hotels lässt sich das nicht immer behaupten. Im „Uber Lost & Found Index“ des global agierenden Fahrtendienstes tauchen etwa ein Hummer (gekocht), eine Packung Faschiertes (roh), eine Violine, eine Nebelmaschine, ein Stuhl sowie eine Elektroschockpistole und eine kugelsichere Jacke auf.
Tausende von Dingen werden tagtäglich vergessen. Viele mit Wert, manche repräsentieren eher einen immateriellen Schatz. Von einem der 25 in Österreich vertretenen Austria Trend Hotels wird berichtet, dass ein Gast „versehentlich ein sehr altes Familienfoto im Zimmer liegen gelassen hat“. Kein Problem, noch am selben Tag konnte es zurückgegeben werden.
Das ist jetzt nicht Wurst
So kopflos wie sich manche Urlauber beim Vergessen verhalten, so gedankenlos führen sie sich mitunter auf, fällt ihnen dann doch ein, dass sie etwas vermissen. Das Hotel Weitzer in Graz weiß von einem Gast, der eine aufgeschnittene Wurst im Zimmer liegen gelassen hatte und tatsächlich erwartete, dass sie ihm vom Hotel nachgeschickt werde.
Wird also Zeit, dass auch der gegenteilige Fall zu Ehren kommt, das notorische Sammeln von Hotel-Souvenirs. „Viel interessanter ist“, so eine Auskunft von der Rezeption der Villa Katharina in Feuersbrunn am Wagram, „was in Hotels alles mitgenommen wird“. Bademäntel, TV-Fernbedienungen und Blumensträuße stehen auf dieser Liste jedenfalls ganz oben.