Leben/Reise

Erfrischende Unterwelten in Südkärnten

Das könnte abenteuerlich werden. Dem Grüppchen Journalisten wird das in dem Moment so richtig klar, als dieser ziemlich winzige Zug vorfährt. "Holzkisten auf Schienen", sagt ein Kollege trocken. Tatsächlich ist es ein originaler Grubenzug, wie ihn Kumpel bis in die 1990er-Jahre in der slowenischen Grenzgemeinde Mežica zum Einfahren ins Bergwerk der Petzen, dem Südkärntner Hausberg südlich der Stadt Bleiburg, benutzt haben. Heute sind es abenteuerlustige Touristen. Und wir.

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Also rein in die Liliputbahn. Sie bringt uns 3,5 Kilometer tief in den Berg. Und den ersten Nervenkitzel. In gefühltem Höllentempo und mit Höllenlärm rattert die Grubenbahn in den Glančnik-Stollen. Gut, dass wir unsere Bergwerkshelme mit aufmontierten Grubenlampen bereits tragen. Durch das Gerumpel tuschiert man innen immer wieder leicht an den Holzkabinen. 15 Minuten dauert die Fahrt. Durchgerüttelt schälen wir uns am Ende aus den Wägelchen und stehen mitten im Berg – und damit auf historischem Boden.

Für Tausende von Bergleuten war die Petzen Arbeitsplatz. Ab dem 18. Jahrhundert bis 1994 haben sie mit viel Schweiß und Schwielen Blei und Zink aus dem Fels gehauen, gesprengt, dem Berg auf diese Weise in 300 Jahren gut 19 Millionen Tonnen Erz abgerungen. Und sich dabei wie ein Wurm 1000 Kilometer durch den Berg gebohrt. Zurückgeblieben ist ein riesiges Labyrinth auf mehreren Ebenen – Gänge, Schächte, Stollen, Abbau-Hallen.

Ein Bruchteil davon wird heute touristisch genutzt: in den oberen und mittleren Etagen als Museum und – auch das ist ziemlich schräg – zum Stollen-Biken. Ganz unten im stillgelegten Bergwerk geht’s zum Kanufahren – wir wollen ganz hinunter.

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"Die tiefsten Stollen befinden sich 600 Meter unter Tag und wurden geflutet. Das Wasser hat dort zwischen acht und zehn Grad und ist an manchen Stellen bis zu 190 Meter tief", sagt Guide Marko Kuzman. Die Idee mit dem Kanufahren in den alten Stollen stammt von ihm. Marko kennt im Berg jeden Winkel, schließlich hat er als Bergmann selbst einmal hier gearbeitet. Bei ihm ist man also in guten Händen. Trotzdem verpasst er jedem von uns Neoprenanzug, Handschuhe, Gummistiefel. Und eine Schwimmweste. Angesichts der angekündigten Wassertiefe ziehen wir alles artig an.

Faszinierende Wasserwelt

In dieser Montur handeln wir uns an einem rostigen, wackeligen Geländer noch einmal 250 schmale Metallstufen in die Tiefe. 90 Meter weiter unten hören wir schon das Wasser plätschern. Zu Zweier- und Dreier-Teams formiert, schnappen wir uns je ein Kanu und ziehen es anfangs gegen eine relativ starke, aber noch seichte Strömung hinterher. So gewöhnen wir uns an das ungewöhnliche Ambiente. Als das Wasser langsam bis zur Hüfte steht, klettern wir, so geschickt es halt geht, in die Boote – und paddeln los. Einzige Lichtquelle sind die Stirnlampen. Und die offenbaren eine gewaltige Unterwelt.

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Getragen und getrieben von der Strömung gleiten wir durch lange, geräumige Gänge. Einmal weiten sie sich zu riesigen Hallen in der Größe von Kathedralen. Ein anderes Mal verkleinern sich die Wasserstraßen zu Luken. Zeitweise sind die Gänge dermaßen niedrig, dass man sich rücklings auf das Kanu legen muss. Gespenstisch gleiten die Felswände dann nur wenige Zentimeter über dem eigenen Gesicht hinweg. Nichts für Klaustrophobiker also. Für uns aber ist es ein prickelnder Nervenkitzel und Teil der Faszination, die man hier, weit weg von jeglicher Zivilisation, erleben kann. Und langsam beginnt man, das Abenteuer "Stollen-Kanu" zu genießen. Auch die Gruppe wird mutiger, man löst sich voneinander. Jedes Boot sucht eigene Gänge. Und dann entschwinden alle in unterschiedlichste Richtungen. Dann ist nur noch der Hall der Paddelgeräusche wie aus weiter Ferne zu hören. Ab und zu auch ein dumpfer Ton, wenn wieder einer mit dem Helm am Felsen radiert. Ansonsten Stille.

Alle gleiten ihrer Wege – staunend, schweigend, angesichts der archaischen Dimensionen auch demütig. Angst, dass man verloren geht, muss man nicht haben. "Das Labyrinth ist hier in sich geschlossen, da kann niemand verschwinden. Am Ende habe ich immer noch alle wieder gefunden", sagt Marko und leuchtet mit der Stirnlampe ins blau-grüne Wasser.

Wir schauen beeindruckt in die schimmernde Unendlichkeit und verstehen, warum Handys und Kameras sicherheitshalber in der Garderobe bleiben sollten. Und dann hat Marko noch eine Überraschung. Wir folgen ihm paddelnd durch einen Gang. An dessen Ende: ein rauschender Wasserfall. Wieder schnalzt der Adrenalinspiegel in die Höhe. Soll man die kleine Mutprobe wirklich mitmachen? Bevor man sich noch einen Einwand überlegen kann, rutscht man den Mini-Fall bereits hinunter. Gierig! Wer will, darf gleich noch einmal. Alle lachen und finden es unfassbar, ja geradezu unwirklich, was wir da im Bauch des Berges erleben. Ich denke: "Gut, dass meine Eltern nicht alles wissen." Und dann sammelt Marko die Gruppe wieder zusammen, wir rudern zum Ausgangspunkt, befestigen die Boote und blicken jenen Stollen hinauf, durch den wir gekommen sind. 250 Stufen liegen vor uns. Motiviert von Markos Ankündigung eines deftigen Knappen-Essens mit Sterz, Milchkaffee, Speck und Höhlenbier, das im Schacht Moring wartet – dort, wo einst der Sprengstoff gelagert wurde – treten wir schrittweise unsere Reise zurück ans Tageslicht an.

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Wer noch nicht genug von tiefgründigen Erlebnissen dieser Art hat, kann in der Region Klopeiner See-Südkärnten weiter auf Schatzsuche gehen. Zu entdecken gibt es eine Menge, denn nirgendwo sonst in Mitteleuropa ist die Entstehung einer Gebirgslandschaft so gut nachvollziehbar wie hier. Der neue, rund 1000 Quadratkilometer große "Geopark Karawanken", grenzüberschreitend zwischen Kärnten und Slowenien gelegen, weist den Weg: mit einer komplexen Infrastruktur, einem dichten Netz an Geopark-Führern, vielen interaktiven Stationen am Weg. So kann man die tektonischen Prozesse hautnah nachvollziehen.
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Als guter Planer für geologische Spurensuchen erweist sich das ebenfalls ganz neue Navigationssystem "Geoplus" im Geoparkzentrum Bad Eisenkappel. In unmittelbarer Nähe befindet sich auch das Highlight der Region: die Obir-Tropfsteinhöhlen, eine bizarre Höhlenwelt. "Rein geologisch betrachtet, zählen die Obir-Höhlen zu den schönsten Naturhöhlensystemen Österreichs. Eine Rarität sind die lebenden Tropfsteine. Sie sind Zeugen von 2,6 Millionen Jahren Erdgeschichte. Anfassen streng verboten", erklärt die Höhlenführerin und lenkt uns durch diese märchenhafte Welt von Stalagmiten, Stalaktiten, Steinsäulen, Sinterfahnen und blau-grünen Sinterseen. Auch winzige Fledermäuse hängen fotogen von der Decke .

Zwölf Höhlen erstrecken sich auf fünf Kilometern. Jener rund ein Kilometer lange Teil, der besichtigt werden kann, ist durch ein Beleuchtungs- und Beschallungskonzept in Szene gesetzt.

Orgelklänge in der Höhle

Grandios ist die weltweit erste HDTV-Projektion in einer Höhle. Sie gibt Eindrücke von kleinsten Details der Tropfsteine, auch von jenen Bereichen, die Besuchern sonst verborgen bleiben. Ein weiteres Herzstück der Wunderwelt: die sogenannte "Orgel" – ein riesiger Wandsinter, der optisch an eine Orgel erinnert und dementsprechend musikalisch beschallt wird. Mit Bachs "Toccata und Fuge d-moll" – was dem tiefsten Punkt der Höhle eine göttliche Atmosphäre verleiht. Ein bisschen schizophren ist das schon: Tief im Berg wähnt man sich dem Himmel plötzlich ganz nah.

Sie sind in ihrer Erscheinungsform einzigartig. Hinzu kommt noch die Geschichte des Bergbaus, sodass sich in den Obir-Tropfsteinhöhlen zwei Besonderheiten verknüpfen: Naturhöhle und Bergwerk. Die touristische Erschließung begann 1987 und erlebt jüngst mit der weltweit ersten HDTV- Projektion in einer Höhle einen neuen, sinnlichen Höhepunkt.

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Die hochauflösende Videotechnik gibt Eindrücke von kleinsten Details der Tropfsteine, die Kamera vermittelt Einblicke in Bereiche, die dem staunenden Publikum sonst verborgen bleiben. Heute besuchen jährlich 50.000 Gäste diese von der Natur geschaffene Wunderwelt. Sie gehört damit zu den wichtigsten Ausflugszielen in Kärnten. Für die Marktgemeinde Eisenkappel ist sie neben dem Kurzentrum der zweitwichtigste Betrieb.

Info: www.hoehlen.at

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KanufahrenEingebettet im Geopark Karawanken liegt die Grenzgemeinde Mežica, wo man im stillgelegten Bergwerk Kanu fahren kann. Preis pro Person für Boot, Guide, Schwimmweste, Fahrt mit dem Grubenzug und Mittagessen: 40 €. Dauer unter Tag: vier Stunden.

Stollenbiken Nicht minder abgefahren ist mountainbiken im Bergwerk. Bei zehn Grad, 95 Prozent Luftfeuchtigkeit führen MTB- Guides kleine Gruppen auf einer sieben Kilometer langen unterirdischen Strecke durch 30 Meter hohe Dome, vorbei an altem Werkzeug bis zum Bergbau- Museum in Mežica. Die zweistündige Fahrradtour kostet inklusive Transfer ab Klopeiner See, mit MTB-Transport und Begleitung, samt Bergmannshelm mit Grubenlampe, Besichtigung Bergbaumuseum 59 € (ab zehn Jahren).

Hotel-Tipp Eine gediegene Unterkunft mit Wellness- Landschaft und eigenem Badestrand am Klopeiner See ist das Hotel Marko. Auch sieben Tennisplätze und ein Hunde-Freizeit-Parcours gehören dazu. Zimmerpreise bis Mitte August: DZ pro Person und Nacht mit Halbpension 85 €. 0 42 39/22 68. www.hotel-marko.at

Einkehr-Tipp „Zum Florian“: die Buschenschenke bei Bad Eisenkappel ist dank bodenständiger Küche und Wildspezialitäten ganzjährig empfehlenswert. Highlights: 11. Riesenspeckfest am 20. September 2014 mit der größten Speckplatte der Welt. www.zum-florian.at

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Wander-Tipp In der Trögener Klamm im Geopark Karawanken befindet sich die „Periadriatische Naht“. Gemeint ist damit der „Kontakt“ zwischen eurasischer und afrikanischer Lithosphärenplatte. Sie bildet die wahre geologische Grenze zwischen Europa und Afrika. Am Geotrail „Trögener Klamm“ kann man also von Kontinent zu Kontinent wandern. www.geopark-karawanken.at

Auskünfte Tourismusregion Klopeiner See-Südkärnten, 9122 St. Kanzian am Klopeiner See. 0 42 39/22 22. www.klopeinersee.at