Leben/Reise

Die Algarve, ein bizarrer Küstenstrich

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Während Ostösterreich Anfang Mai bei gut 30 Grad stöhnt, bibbert Südportugal bei vielleicht 12 Grad. Im Barlavento, im Westen der Algarve, bläst "o vento", der Wind, scharf vom Meer herein. Hohe Wellen und Regenschauer zwingen unser Boot zur frühen Umkehr. Eigentlich wollen wir vom Hafen Sagres westwärts hinaus auf den offenen Atlantik. Schildkröten, Delfine, Wale, vielleicht sogar Haie und jene "Aquarien" sehen, in denen Franzosen handtellergroße Austern züchten, sie später in ihr Meer umsiedeln und als französische Delikatesse verkaufen. Aber das Risiko ist dem Kapitän zu hoch, wir schippern zurück in den beschaulichen Hafen von Sagres. Dort geht’s erst abends rund, wenn die Fischer mit vollen Netzen heimkommen.

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Barlavento ist die ruhige, die dünn besiedelte "Fels-Algarve" westlich der Stadt Lagos. Ohne Bettenburgen und Krach, dafür charmant und leise. Traumregion für alle, die auf Entschleunigung und Individualität fernab der ausgetretenen Touristenwege stehen und das Meer als Natur-Spa mit Salz und Jod lieben. In Festlandnähe wachsen Felsplatten mit senkrechten Wänden aus dem Wasser – ökologische Nischen für 130 Vogelarten und klassische Reviere für Vogelkundler. Oben auf 80, 100 Meter werfen Fischer Angeln und Netze nach Barsch, Brasse, Languste, Makrele, Sardine und Tintenfisch aus, unten suchen Taucher in Höhlen und Grotten ihr Glück. Oder entdecken die Trümmer eines vor zig Jahren untergegangenen spanischen Schiffes.

Zerklüftete Küste

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Mittlerweile hat sich der Sturm gelegt, der Regen das farbige Wechselspiel mit der Sonne verloren. Sie hellt die urigen Strände der ungezähmten Felsküste auf, hinter deren Einsamkeit sich immer mehr Wohnmobile verschanzen und so mancher Aussteiger seinen Glücksplatz findet. Liebhaber alter Algarve-Schmankerln haben ihren längst gefunden – z. B. in der urigen Hafenkneipe A Tasca in Sagres bei gebratenen Sardinen und Vinho verde. Oder im Restaurant Sitio do Forno in Carrapateira auf einem Hügel des nahen Praia do Amado. Dort verwöhnt die Chefin des Hauses ihre Gäste nach bodenständigen Oma-Rezepten, während unten am Strand Surfprofi João freudig über das Wellenreiten philosophiert.

Ein paar Schritte abseits ein großer Pflanzenteppich, voll mit fremden, distelähnlichen Gewächsen. Auch Alteingesessene rätseln über die neuen Sprösslinge. Man erzählt nur, dass dort keine Zugvögel mehr landen. Weil dieses Unkraut angestammte Futterplätze überwuchert. Übrigens nicht die einzige sichtbare Veränderung in der Natur. Wie in vielen südeuropäischen und nordafrikanischen Regionen leiden auch an der Algarve die Palmen unter Laus-Befall.

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Zurück nach Sagres. Das alte Fischerdorf war den einstigen Siedlern wegen seiner unvergleichlichen Kulisse in der Bucht Martinhal ein heiliger Ort, den portugiesischen Seefahrern – wie dem legendären Heinrich dem Seefahrer – ein geradezu göttlicher Ausgangspunkt für ihre Entdeckungstouren nach Afrika. Und dem Schweizer Visionär Roman Stern der beste Platz der Erde für sein luxuriöses 5*-Reich Martinhal (siehe unten).

Heute strahlt Sagres als "Surfer-Metropole" in Weiß. Die Häuser in maurischem Stil mit färbigen Fensterrahmen und prächtigen Rauchfängen. Ringsum wilde, felsige Landschaft, Sandstrände, verträumte Buchten. Dahinter sanfte karge Ebenen mit kleinen Gehöften, Steinruinen, Hinkelsteinen sowie Herden von Schafen und Ziegen. Sagres beschäftigt amtlich noch zwei richtige Schäfer, eingehüllt in Felle und begleitet von Hunden. Diese Idylle zieht sich bis zum Cabo de São Vicente, dem südwestlichsten Punkt Europas mit seinem markanten Leuchtturm, von dem aus bei klarer Fernsicht – so wird gescherzt – die Freiheitsstatue in New York zu erblicken ist. Ulkig, aber echt, ein Würstlstand mit dem Aufkleber „Die letzte Bratwurst vor Amerika“. Fränkische Auswanderer machen dort mit Thüringer und Nürnberger Rostbratwurst gutes Geld.

Verträumte Flecken

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Korkeichen, Oliven, Pinien, Eukalyptus und dürre, vom Winde ausgemergelte, blattlose Bäume prägen die Landschaft vor der Brandung. Dazwischen Weinstöcke, Felder und Wiesen mit Zistrosen und Hornklee. Die guten Weine wachsen ein paar Kilometer landeinwärts, nahe Lagoa.

Lagoa ist ein beliebtes Kleinod mit reizendem Flair, weiß getünchten Häusern, Kopfsteinpflaster, Weinkellern und Blumen an den Straßenlaternen. Ein Örtchen zum Verweilen und Genießen. Rundfahrer werden sich überzeugen, dass es am Südwest-Ende Europas einige solch reizender Orte gibt. Man muss sie nur besuchen, um ihr besonderes Flair zu spüren. Wie die Fischer-Bastion Olhão, die im Sommer Bühne ist für „Festa do Marisco“ (Fest des Schalentieres). Oder das Städtchen Aljezur mit maurischer Ruine, historischem Kern und den Traumstränden Arrifana und Monte Clérigo.

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Unser kurzes Algarve-Schnuppern endet mit einer Wanderung durch das Naturschutzgebiet Costa Vicentina. Noch einmal frische Brise um die Ohren wehen lassen, reine Seeluft einziehen, Wellen brechen hören und das Panorama mit schroffen Felsen, Steilküste, Buchten und Sandstränden abspielen. Und feststellen: Dieser letzte Zipfel Europas besitzt außergewöhnliche Magie.

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