Leben/Reise

Breslau: 120 Brücken, 200 Zwerge

Rund 100 Kirchen gibt es in Breslau, eine schöner als die andere, was nach drei Tagen Sightseeing schon zu Nackenproblemen wegen des vielen Raufschauens führen kann. Letzteres kann noch dazu zu Unfällen führen, denn man stolpert in dieser Stadt permanent über Zwerge. Auch ohne davor in einem der zahlreichen Biergärten gewesen zu sein.

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Rund 200 bronzene Zwerge stehen in Breslaus Kopfsteinpflasterstraßen herum, manche mitten auf dem Gehweg, manche auf der Straße, manche tauchen in Erkern auf. In den 80er-Jahren hat die Opposition Zwerge als Symbole des Widerstands aufgestellt, heute werden sie von Künstlern und Studenten gestaltet. Einige der bekanntesten: der "Bücherwurm", die "Sisyphus-Zwerge", "der Trinker und der Säufer" oder, ganz modern, der "Bankomat-Zwerg". Es gibt eine eigene Straßenkarte und Homepage (www.krasnale.pl) für Touristen, die sich auf Zwerg-Suche begeben wollen.
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Kreativität und Lebensfreude ist hier schon deshalb so ausgeprägt, weil jeder vierte der 640.000 Breslauer Student ist – die Pracht-Uni am Oder-Ufer ist das architektonische Aushängeschild dafür. Über die nahe Brücke – eine von 120 über die Oder und vier Nebenflüsse in der Stadt – geht es zur Dom-Insel, einem der Wahrzeichen Breslaus. Die Dom-Insel besteht neben Parkanlagen aus sakralen Bauwerken, überragt vom höchsten Gebäude der Stadt, der Kathedrale St. Johannes des Täufers. Unter deren Türmen kann man auf einer per Aufzug erreichbaren Plattform ein herrliches Panorama genießen.

300 Stufen

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Noch imposanter ist die Aussicht nur noch vom 90 Meter hohen Turm der Elisabethkirche im Zentrum. 300 hart erarbeitete Stufen machen sich bezahlt: Unterhalb breitet sich der Rynek aus, einer der größten Marktplätze mit einem der bedeutendsten mittelalterlichen Gebäude Europas, dem alten Rathaus. Das alles ist umrahmt von prächtig-bunten Bürgerhäusern diverser Stil-Epochen.

Neben dem alten steht das neue Rathaus, von Wasserspielen gerahmt, und hier findet man auch die beste Labung für die schweißtreibende Kletterei. Im Keller des Traditionsrestaurants "Spiz" wird das beste Bier der Stadt serviert. Man kann dem Bier beim Reifen sogar zuschauen, die Hausbrauerei befindet sich im Kellergewölbe unter dem Rynek.

Kitsch & Avantgarde

Wieder genug Kraft getankt für Breslaus wertvollste Schätze: Kunst und Kultur. In der schmalen Jatka-Gasse zwischen Rynek und Oder reiht sich eine Galerie an die andere. Angebot: Skulpturen, Bilder und Schmuck von Kitsch bis Avantgarde. Nachahmenswert: Es gibt immer mehr Buchläden, die künftige Leseratten mit Snacks und Drinks ködern, das macht Schmökern zum Genuss. Damit kehrt die Jatka zumindest teilweise zu ihrem Ursprung zurück, war sie doch früher die Fleischergasse, wo das Schlachtvieh zerteilt wurde. Daran erinnert heute noch ein Denkmal als Dank an Schwein, Gans & Co.

Kunst in Verbindung mit Esskultur findet man auch im schön renovierten jüdischen Viertel rund um die Wlodkowica-Gasse. Im Innenhof der Synagoge, einer lauschig grünen Oase mitten im Stadtzentrum, gibt es das beste Frühstück weit und breit, mit einem Kaffeeangebot, das sich mit Wiener Traditionscafés messen kann. Breslau ist stolz auf seine traditionelle Toleranz, das zeigt auch eine in den Boden gegossene Torskulptur mit Symbolen der katholischen, evangelischen, orthodoxen und jüdischen Konfession. "Damit wollen wir vorleben, was in unserer Geschichte Alltag war", betont Fremdenführerin Renata stolz.

Toleranz und Freundlichkeit spürt man in dieser Stadt auch als Besucher. Wo sonst passiert es einem Touristen heute noch, dass er in einen kleinen, aber feinen Lebensmittelladen geht, eine Flasche Wein kaufen will, und ihm der Verkäufer vor dem Zahlen zuraunt: "Beim Supermarkt gleich über dem Fluss kriegst Du den gleichen Wein um den halben Preis!"

Durstlöschen

Wie ein echter Breslauer den Feierabend verbringt, zeigt mir dann Reiseführer Maciej bei einem Rundgang am Rand der Altstadt. Hier und weiter draußen gibt es zahlreiche Gassenlokale, wo man – ähnlich wie spanische Tapas – Appetithappen serviert bekommt, von Rohschinken über Gurken bis zum eingelegten Fischfilet. Nur trinkt man hier einen großen Wodka dazu, was übrigens zusammen mit dem Snack meist genau einen Euro kostet. Nachdem Salz und Wodka durstig machen, trinkt man dazwischen gern ein Bier, um in der nächsten Straßenkneipe weiterzumachen. "Na Zdrowie" (Prost)!

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Anreise Mit der Bahn (oebb.at) von Wien-Meidling nach Breslau mit 1x umsteigen in Katowice rund 8 Stunden. Ticketpreis einfache Fahrt: 1. Klasse Sparschiene ab 59 €; Standardticket mit Vorteilscard 89,60 €; 2. Klasse Sparschiene ab 39 €, Standardticket mit Vorteilscard 57,90 €
Auto: ca. 6,5 Stunden über Brünn (Vignettenpflicht)
– Bus: Eurolines bietet wöchentlich zwei Nachtbusse von Wien nach Breslau, Fahrzeit 7,5 Stunden, Preis ab 58,50 € hin und zurück.www.eurolines.at
– Flug: Am günstigsten meist mit Lufthansa (ab Wien mit Umsteigen in München od. Frankfurt).www.lufthansa.com

Währung1 € = ca. 4,19 Zloty

Essen Preise vor allem um den Marktplatz (Rynek) deutlich über dem polnischen Level.
Restaurant Spiz, Brauhaus im Neuen Rathaus, www.spiz.pl
– Piramida Steakhouse, Mikolaja 8, Roastbeef mit Beilagen 12 €, www.piramida-steakhouse.pl
– Mleczarnia (Café und Hostel), Wolodkowica 5, super Frühstück, www.mleczarniahostel.pl
– Immer gut: Pierogi (Teigtäschchen mit leckeren Füllungen), die in vielen Lokalen für ein paar Euro kredenzt werden. Typisch für Breslau sind auch die Studentenlokale, wo die frischen, polnischen Spezialitäten nach Gewicht bezahlt werden (100 Gramm ab 2,50 Zloty) und die "Milchbars" ("bar mleczny") mit preiswerten Snacks.

Unterkunft Z. B. Renovierte Apartments in der Altstadt (siehe Internetplattformen). Preise in der Hochsaison ab 40 € pro Apartment für eine gute Lage. www.asapart.eu
– Info und Zimmerverzeichnis: www.wroclaw-online.eu

Reiseführer Breslau, Trescher-Verlag, 15,40 €.

Pauschalangebot Ruefa Kultur- und Studienreisen offeriert die 7-tägige Busreise durch das alte Schlesien inkl. Besuch von Breslau ab 899 €/P/DZ, EZ-Aufpreis ab 135 €
– Termine 2015: 23. bis 29. Mai, 11. bis 17. Juli, 5. bis 11. September. Info und Buchung: ☎ 01/ 514 45-800, studienreisen@ruefa.at sowie in Ruefa Reisebüros. ruefa.at

Auskünfte Polnisches FVA in 1130 Wien, Fleschg. 34/2a, ☎ 01/ 5247191, www.polen.travel